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Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller
Autoren: Tex Rubinowitz
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muss sich nicht beweisen und kann sich aussuchen, wem man treu sein möchte. Aber Schlingensief und Stuckrad schreien nur, Haußmann soll Schubal loslassen, Schlingensief schreit ihn an, Stuckrad schreit Schlingensief an, er solle jetzt bitte mal den Mund halten, das wäre jetzt ein Problem hier, was man, also er, mit Schubals Hilfe lösen möchte, und Biscoito soll neutraler Zeuge sein. Zeuge? Der Koch hatte sich den Richter gewünscht, aber er kann sich ja hocharbeiten, vielleicht, Biscoito ist der Koch, schiebt Stuckrad pflichtschuldig noch nach, das sei sein Spitzname, ruft er, Schubal ins Klo drängend, den Zurückgebliebenen im Gastraum nach. Im vorderen Teil der Toilette stehen sie nun. Im hinteren Teil sind die Urinale und noch weiter die Zellen für die richtigen Bedürfnisse, die Urinale sind so hoch angebracht, dass für Kleinwüchsige ein breites, etwa fünfzehn Zentimeter hohes Fußbänkchen bereitsteht, das man darunter stellen kann, um die zur Verrichtung erforderliche Höhe zu erreichen, das holt sich der Keks und stellt sich darauf, die Verhandlung kann beginnen, er erteilt das Wort Schubal.
    – Du sagst, erklärst jetzt mal, warum das dein Geld sein soll, das die alte Frau im Hof gefunden hat.
    – Das ist kompliziert.
    – Zuerst deinen Namen, wo du wohnst und so, das soll seine Ordnung haben hier.
    – Biscoito, lass den Quatsch, komm da runter, bitte, du musst dir hier nichts beweisen, wir wollen jetzt nur eine einfache Begründung von ihm, eine glaubwürdige, dann steht es Aussage gegen Aussage, und du, Biscoito sollst entscheiden, du bist die Geschworenen, alle zwölf in einem.
    Schlingensief wird ungeduldig, der Koch denkt, okay, zuerst Zeuge, jetzt die Geschworenen, die die Funktion des Richters übernehmen, sein Wort ist das Gesetz, er spricht das Urteil. Schubal erzählt seine Geschichte, er packt aus, er hätte sich mit Lydia eingelassen, und das sagt er, ohne zu stottern, frei, geradeheraus, hier stehe ich, ich kann nicht anders, nach der Party bei Schlingensief, da sei man, er und sie, noch einen Absacker-Döner, einen vegetarischen, essen gewesen, Tofu-Döner, und dann hätte Lydia vorgeschlagen, dass er noch zu ihr mitkommen könnte, Armin war ja so besoffen, schwer zu bewegen, Stuckrad nickt, dann also in ihre geschmackvolle Wohnung, und da hätte sie noch einen Tee gekocht, einen Kombuchatee, und Käsebrote gemacht, einen französischen Weichkäse, er hatte da aber schon gar keinen Hunger mehr, das Buffet bei Schlingensief, der Döner und jetzt noch diesen sehr weichen Camembert, sein Trauma lässt er aus, der Camembert bewegte sich, so warm war es in ihrer Wohnung, er lief, und da sei ihm mit einem Mal schlecht geworden, er sah im Augenwinkel den Käse auf sich zulaufen, während sie sich küssten, auch das Sexuelle lässt er aus und die Fliege, das will er nicht, da muss man das Bild nicht überschmücken, sonst wird’s zu unglaubwürdig und lockt T rivialpsychologen auf den Plan, ihre Zunge sehr lang und wendig, und da müsse sie wohl mit ihr an sein Gaumensegel gekommen sein und er habe sich übergeben müssen.
    – Und das Geld?
    – Gleich dann.
    Er berichtet weiter, wie sie dann am nächsten Tag beschlossen haben, Ramses zu besuchen, weil doch der Abend, die Party so schön war, und auf dem Weg hätte er, Schubal, etwas von Lydia gespürt.
    – Habt ihr’s gemacht? Der Koch grinst frech.
    – Gemacht?
    – Knattern, den Bus einparken, die Schlange verstecken, die Alte durch die Hecke ziehen?
    – Ich, nein, das, weil sie, also mir war ja so schlecht, nur Kuscheln.
    – Kuscheln, Mann. Der Koch macht eine wegwerfende Handbewegung, rollt die Augen, was für ein Waschlappen!
    Schubal muss jetzt eine Erklärung finden, wie sein Geld da in den Hof gekommen ist, das ja gar nicht seins ist, das anscheinend wirklich Schlingensiefs ist, aber er hat das ja nun mal angezettelt, Lydia macht ihn zum willenlosen Zombie, das geht ja jetzt nicht mehr, nach ihrer erschütternden Beichte eben, er verflucht sich, nein, bedauert sich, dass er sie so dämonisieren musste, um sich an ihr aufzurichten, die Arme aus der Schublade, wo die Mutter sie versteckt hielt all die Jahre, versteckt vor ihrer eigenen Schönheit.
    – Und dann kommen wir eben in die Wohnung, ich muss dann mal, schließ mich ein, und dann ist das Fenster kaputt, und ich seh da runter, und da liegt dann das Geld und ich weiß nicht, das wird ein Aussetzer sein, ich bilde mir ein, dass das eben mein Geld ist, warum soll es nicht
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