Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ramses Mueller

Titel: Ramses Mueller
Autoren: Tex Rubinowitz
Vom Netzwerk:
kullernden Bierdosen. Jetzt denkt sie an diese schöne Routine, Armand hieß er, und dann ist es ja doch einmal passiert, zumindest fast, da war ihre Mutter nicht zu Hause, Dreh auf Bali, Klinik unter Palmen , und sie hat ihn eingeladen am Samstagabend, ja, vielleicht wollte sie es , sie hat eine Kohlsuppe gekocht, danach eine Crème brulée, dazu Tee, da kam er mit einer großen Schachtel Pralinen, Weinbrandbohnen, und da wurde ihr dann langsam klar, dass das kulinarisch die vielleicht allerunromantischste Ausgangslage ist, knapp nach einer Vergewaltigung, und dann, sie war auf dem Klo, Scheidenspülung, kommt zurück, steht Armand doch im Schlafzimmer der Mutter, er dachte wohl, das sei ihres, seine Hose hatte er schon ausgezogen, auf dem Bett, auf dem Boden überall die burgunderroten Büstenhalter und Schlüpfer der Mutter verstreut, ordentlich ist sie nicht, einen BH hielt er in der Hand und versuchte das Körbchen einzudrücken, ihn erstaunte die Festigkeit, die Kompaktheit, so als hätte er einen Metallkern, als sie das sieht, kann sie nur schreien, sie sieht ihn als Einbrecher, das ist die Vergewaltigung, der Auslöser, nach dem sie sich intensiv mit dem Feminismus beschäftigt hat, insbesondere für das beginnende Matriarchat, dass sie im Zimmer ihrer starken Mutter sozusagen initiiert wurde, ist nur logisch, was versucht er da, die Schale zu brechen, das Weibliche, er muss weg, raus, ihre Mutter hat mal in einem Fragebogen auf die Frage, was die beste Entscheidung ihres Lebens sei, »Als Frau auf die Welt gekommen zu sein« geantwortet, um dann eine Frage weiter, was denn der größte Fehler ihres Lebens sei, »In dieser Welt als Frau zu leben« zu antworten. Und diese verfluchte Diskrepanz, sie steht jetzt hier als Fingerzeig materialisiert vor ihr, Armand, der Soldat, das Schwein, seine Unterhose bläht sich ordinär fordernd, doch folgsam zieht er die Hose wieder an, hier ist wohl nichts zu holen, mürrisch folgt der Rest, die Jacke, die Schuhe, man redet nicht mehr, er hat etwas falsch gemacht, und das weiß er, er macht die Tür auf, geht in die Nacht, ohne sich umzudrehen, der Kopf hängt ihm, Huldas Tränen sind die des gerechten Zorns, sie hat ihren ersten Mann kastriert. Es klingelt noch mal, bitte die Weinbrandbohnen, die Bohne, der Ersatz für die Frau, sie ist fertig, hat abgeschlossen, das war’s dann wohl, ihre Entjungferung, sie ist froh, dass sie so gelaufen ist, mit nackter Gewalt, psychischer allerdings, was schwerer wiegt, das ist wie in dem Ingmar-Bergman-Film, den die Mutter so liebt, Das Schlangenei , sie kann gar nicht zählen, wie oft sie das mit ihr sehen musste, vielleicht vier Mal, da, schau ganz genau hin, das ist der andere Teil unserer Gesellschaft.
    – Darf ich dein Labskaus?
    Instinktiv macht Armin genau das Richtige, er erkennt, dass selbst der Salat Lydia überfordert, und wenn er ihr beim Labskaus hilft, spornt sie das einerseits für den Salat an und er kann weiteressen, ihm schmeckt es, und wenn man isst, redet man nichts, was man nicht sagen soll. Lydia schaut ihn an, vielleicht soll er es doch sein, Armin, er ist verrückt, aber unter all den anderen Verrückten normal genug, um sie einigermaßen aufzufangen, Haußmanns Füße stehen Haußmann im Wege, das ist schade, sehr sogar, denn ihrem Ideal eines Mannes in dieser Runde kommt er am nächsten, und von den Füßen geht es weiter, sein Erfolg, seine Fans, seine Anhänger, sie müsste so viel teilen, Armin muss sie nicht teilen, mit Schubal vielleicht, aber kann man ihn noch ernst nehmen, wie ein Tier isst er jetzt seinen Brei, stopft mit dem Löffel das Zeug tief in seinen Rachen, so als wolle er seine Zunge nicht unnötig belasten, hat kaum noch Kraft, die Ellbogen vom Tisch zu heben, der Löffel ist ihm ganz schwer geworden. Der Löffel ist jetzt er.
    – Gerne.
    Sie schiebt ihm ihren Teller über den Tisch, lächelnd, der Teller berührt die Murmel, sie rollt Armin entgegen, das ist der schönste Augenblick seit vielen Stunden, und er erwidert ihr Lächeln, eine warme Welle schwappt über die Gesellschaft jetzt, alle spüren den Samariterakt, die Tat, selbst die Murmel, die dem richtigen in den Schoß rollt, scheint das zu bestätigen, Ramses lächelt, genau, da gehört sie hin, er hält sie nicht auf, jetzt gibt’s keine Besitzansprüche mehr, natürlich hat er gemerkt, alle haben das hier gemerkt, dass das Labskaus Lydia überfordert, das muss man sich mal vorstellen, man schiebt Kylie Minogue ein breiiges
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher