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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition)
Autoren: Frank Goosen
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nicht.«
    »Eine Kinderbuchautorin, die keine Kinder hat?«
    »Wenn es Gott gibt, teilt er sich den Humor mit Woody Allen.«
    Sie schwiegen ein paar Sekunden, ohne dass es unangenehm wurde.
    »Und sonst?«, fragte Kamerke.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich liebe Cocktails in lauen Sommernächten, und ich hasse Hotels. Vor allem die Badezimmer.«
    »Die Aufkleber mit dem Umwelthinweis.«
    »Die kleinen Fläschchen mit der Seife.«
    »Die dünnen Kopfkissen.«
    »Und es ist immer zu heiß.«
    Jetzt zeigte sie genau den richtigen Anflug der Ahnung eines Lächelns.
    »Herr Kamerke«, sagte sie. »Was soll das noch geben mit uns?«
    »Ich glaube, Barney will Feierabend machen.«
    Kamerke nannte seine Zimmernummer, Barney brachte die Rechnung, Kamerke unterschrieb.
    Vor dem Fahrstuhl sagte Gaby: »Sie haben kein Trinkgeld gegeben.«
    »Er hat gesagt, sein Name sei Barney.«
    »Auch wieder wahr.«
    Auf seinem Zimmer öffnete er die kleine Flasche Rotwein, die Mit Empfehlungen des Hauses auf dem Schreibtisch gestanden hatte, und entschuldigte sich dafür, dass er das Bett nicht gemacht hatte. Gaby sagte, für einen Mann, der hier richtig was erleben wolle, sei er nicht gut vorbereitet. Im gleichen Atemzug fragte sie ihn, was genau er beruflich mache, und er erzählte es ihr. Sie nickte nur.
    »Soll nicht leicht sein, als Freischaffender.«
    »Es läuft. Auch wenn mir der Punch fehlt, das Besondere .«
    »Willkommen im Club«, sagte Gaby, streifte die Schuhe ab, setzte sich in den Sessel, zog die Beine an und zupfte ihren Rock über die Knie. Ihr Blick fiel auf Madame Bovary . Sie nahm es in die Hand und las den Klappentext. »Ich habe den Film gesehen.« Sie reichte ihm das Buch. »Lies mir daraus vor! Die Stelle mit der Kutschfahrt.«
    Und Kamerke tat wie ihm geheißen.

Bewegliche Ziele
    Wenzel ärgerte sich. Seine Zukunft schien den Bach runterzugehen, noch bevor sie richtig angefangen hatte. Wo blieb dieser Günther?
    Außerdem verfluchte Wenzel die Tatsache, dass er nur den dünnen Hoody angezogen hatte. Schon vorhin war abzusehen gewesen, dass es regnen würde, aber nachdem er das Haus verlassen hatte, war er zu faul gewesen, in den vierten Stock zurückzulaufen, um seine Regenjacke zu holen. Als er in der Bahn gesessen hatte, hatte es angefangen, und auf dem Weg von der Haltestelle bis zum Laden war er klatschnass geworden.
    Er betrachtete die alten Zeitungsseiten, mit denen das Schaufenster und die Tür ausgeschlagen waren. Jedes zweite Wort in den Schlagzeilen war Krise . Oder es ging um Fußball. Zwischen den einzelnen Seiten war kein Spalt, durch den Wenzel in sein mögliches neues Leben hätte schauen können.
    Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
    Günther war jetzt schon zwanzig Minuten zu spät. Da er sich am Telefon einfach mit Günther gemeldet hatte, kannte Wenzel nicht mal seinen Nachnamen. Nur, dass er diesen Laden verkaufen wollte.
    Den Laden, den Wenzel sich eigentlich nicht leisten konnte.
    Sagte Mel.
    Mit dem, was er durch seinen Großvater an Eigenkapital würde einbringen können, wäre es kein Problem, einen Kredit über den Restbetrag zu bekommen, aber die Raten machten die Sache schwierig. So ein Laden, meinte Mel, könne sich unmöglich tragen, schon gar nicht an dieser Stelle. Die sei gar nicht so schlecht, hatte Wenzel geantwortet, eine Seitenstraße der Fußgängerzone, der Laden habe sich jahrzehntelang getragen, worauf Mel zurückgab, das seien andere Zeiten gewesen.
    Er ging unter dem Vordach vor dem Laden auf und ab, immer drei Schritte zur einen Seite, dann Wende und drei Schritte zur anderen, ein Gefangener in einer sehr kleinen Zelle. Nebenan war eine Kneipe, die auch schon seit Jahren geschlossen war. Die Nässe drang durch den Kapuzenpullover, das Shirt darunter und durch die Haut bis in die Eingeweide. Sein Magen, seine Milz, seine Nieren und sein Herz schwammen in der Gegend umher, und auch der Blinddarm wäre hinterhergeschwommen, wenn er nicht schon vor Jahren das gemeinsame Becken hätte verlassen müssen. Das war ein Mai, der sich wie ein November benahm. Mel hatte gesagt, bisher habe sie nur die deutschen Winter gehasst, aber mittlerweile bringe nicht mal mehr der Frühling die Rettung. Da könne sie ja gleich wieder nach Manchester zurückgehen.
    Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
    Dass Noel Gallagher und Mel aus derselben Stadt kamen, war kaum zu glauben.
    Aus der leeren Kneipe müsste man natürlich eigentlich einen Club machen, dachte
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