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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vorbei zu einem Raum, der vom Sudhaus mit einer Panoramaglasscheibe abgetrennt war. Wenn das Sudhaus das Herz war, so musste es sich hier um das Gehirn handeln. Auf einem langgezogenen Tisch reihte sich Bildschirm an Bildschirm. Dazwischen gab es Instrumententafeln mit irrsinnig vielen Schaltern, Lampen und Drehknöpfen. So ähnlich musste es in einem Flughafentower aussehen. Die Anlage war so gewaltig, dass ohne Probleme fünf oder mehr Menschen dahinter Platz nehmen konnten.
    Verblüffend war, dass nur ein einziger Mann hinter den vielen Instrumenten saß. Durch das Panoramafenster hatte er uns bereits im Blick, als wir das Sudhaus betraten.
    »Servus, Michael«, begrüßte ihn Ferdinand. »Ich zeige meinem Freund die Anlage, lass dich durch uns nicht stören.«
    Der Angesprochene nickte und blickte wieder auf seine Monitore.
    »Das ist Michael Panscher«, erklärte mir mein Freund. »Er ist der zuständige Braumeister.«
    Als Braumeister hätte ich mir eher einen Pater vorgestellt, der mit Halbglatze und einem bierseligen Lächeln seinen Bauch streichelte. Panscher war das krasse Gegenteil davon: Seine langen Haare hatte er zu einem Pferdezopf zusammengebunden, die kreisrunden Brillengläser verliehen ihm einen intellektuellen Touch, wobei der Dreitagebart wie ein Stilbruch wirkte. Doch das Auffälligste war, dass er nicht den Hauch eines Bauchansatzes hatte.
    »Du sollst doch nicht immer meinen richtigen Namen sagen«, beschwerte sich der Braumeister. »Ich kann die dummen Kommentare nicht mehr hören.«
    Ferdinand lachte.
    »Keine Angst«, sagte ich zum Braumeister. »Ich werde Ihr Geheimnis für mich behalten. Warum sind Sie alleine hier? Sind Ihre Kollegen alle krank?«
    Überrascht schaute mich Panscher an. »Welche Kollegen? Ach, Sie meinen wegen der vielen Instrumente. Die ganze Anlage ist so eingestellt, dass sie von einer einzigen Person bedient werden kann. Nur ein Gehilfe ist außer mir heute da. Der macht gerade Pause.«
    »Sie sind also der Nachfolger von Fürchtegott Glaubier?«, fragte ich ihn, um zu demonstrieren, dass mir dieses dunkle Kapitel der Brauerei durchaus bekannt war.
    Panscher nickte sichtlich getroffen, ihm war das Thema äußerst unangenehm.
    Ferdi nutzte die Gelegenheit zur Verabschiedung. »Komm, Reiner, gehen wir weiter. Bis dann, Michael.«
    Der Braumeister winkte uns kurz nach, während wir sein Reich verließen. Ferdinand nahm eine schmale Metalltreppe nach unten. Kurz darauf standen wir am Fußpunkt der Gärtanks. Ich schaute nach oben, mir wurde fast schwindlig.
    »Ganz schön hoch, gell? Wenn du willst, können wir später hochfahren. Bis zur Hälfte gibt es einen Lift.«
    »Muss nicht sein«, antwortete ich. »Die Aussicht scheint nicht so schön zu sein, dass sich das Treppensteigen lohnt.«
    Mein Freund öffnete eine Tür und sofort hörte ich starke brodelnde Geräusche. Als ich durch die Tür kam, sah ich mehrere große, offene Tonnen, in denen irgendeine Urgewalt tobte. Eine Flüssigkeit spritzte aus ihnen meterhoch heraus. Fragend blickte ich zu Ferdi.
    »Keine Angst, mein Junge. Das ist nur Hefe. Hefe lebt, das lernt man bereits in der Schule. Damit kommt die Gärung des Bieres so richtig in Fahrt.«
    Auf der anderen Seite des Raums lagen mehrere flexible Rohrleitungen in einer gefüllten Wanne.
    »Vorsicht. Da bitte nicht reinlangen. Es kann zwar sein, dass das nur Wasser ist, genauso gut könnte es aber hochkonzentrierte Lauge sein.«
    »Keine Angst, ich berühre nichts. Ich fürchte mich ja bereits vor der Hefe.«
    »Vorhin hast du ein Stück davon getrunken.«
    Ich schloss meine Jacke. Im Keller war es noch kälter als draußen. »Ich friere, können wir wieder hochgehen? Ich habe ja jetzt die Geheimnisse kennengelernt.«
    Mein Freund lachte erneut. »Gar nichts hast du. Bisher hast du nur die aktuelle Brauerei gesehen. Eichbaum gibt es seit über 300 Jahren und in Wohlgelegen haben wir seit 140 Jahren unseren Stammsitz.«
    »Ja, und?« Mehr fiel mir im Moment nicht ein.
    »Früher gab es noch keine Kühlmaschinen so wie heute. Und eine Kühlung ist unabdingbar für den Brauprozess. Daher hatte man damals die Brauereien unterirdisch angelegt. Man ging in die Tiefe, weil es dort von Natur aus kühler ist.«
    »Heißt das, dass hier im Keller die ursprüngliche Brauerei zu finden ist?«
    »Eine?«, fragte Ferdi. »Kennst du die Geschichte von Troja? Auf den Trümmern wurde immer wieder eine neue Stadt erbaut. Genauso ist es hier. Komm mit.«
    Er ging einen mehrfach
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