Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Titel: Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Autoren: Franz Grömmer
Vom Netzwerk:
dir aber
auch sicher, dass du ihn nicht umsonst vortragen wirst? Es gibt seltsame
Stimmen im Lager, die dir unlautere Absichten unterstellen.“
    „Lass das meine Sorge sein, mein
Junge. Nach all den Jahren des Wanderns könnten wir sehr bald ruhen und ein
durchorganisiertes Gemeinwesen haben. Wirst‘ schon sehen.“
    Zwinkernd verließ ihn der Alte,
während Regnir über seine Worte nachdachte. Wenige Minuten später gab er das
Interpretieren auf, da es erfahrungsgemäß im Falle von Thormir wenig Sinn
ergab, über seine Absichten zu spekulieren. Wohin dieser so plötzlich
verschwunden war, wusste Regnir nicht, auch wenn Thormirs schwarzer Mantel
eigentlich klar aus der Umgebung hätte herausstechen müssen. Er scherte sich
nicht um Traditionen, sondern verstand es vielmehr, die Angelegenheiten
pragmatisch und zu aller Zufriedenheit zu lösen. Dies war eine seiner
Eigenschaften, durch die er nicht nur durch Regnir Anerkennung erfuhr, auch
wenn Letzterer bereits erahnte, dass Thormir das weiße Tuch deshalb nicht trug,
um Gharmon herauszufordern. Beide konnten starrhalsig sein, allerdings hatte
der alte Magier in den allermeisten Fällen die Nase vorn. Eine beruhigende
Erfahrung, wie Regnir fand.
    Der dreißigjährige Edelmann
mischte sich aufgrund Thormirs plötzlichen Verschwindens unter die anderen
anwesenden Männer, um zumindest einen groben Überblick über die Stimmung im
Lager zu erhaschen. Hier und da waren auch schon sogar konkrete Meinungen zu
vernehmen, doch bevor er direkte Gespräche führen konnte, schoss in einem
überraschenden Moment ein gleisender Blitz, heller noch als die Sonne, gen
Himmel empor – zweifelsohne das Zeichen Thormirs dafür, dass sich alle im Zelt
einzufinden hätten. Also trottete Regnir zusammen mit den anderen Hohen
Personen zur Versammlung. Nachdem sich alle gesetzt hatten, erschien der in
schwarze Kleidung gehüllte Magier in der Mitte des provisorisch eingerichteten
„Saales“ und begann mit gewichtigen Worten zu sprechen:
    „Edelmänner, tapfere Krieger,
Freunde! Ich bitte um Eure Aufmerksamkeit!“ Thormir ließ einen Gong ertönen.
„Ruhe bitte! Wir haben viele Dinge zu besprechen und ich denke, dass jedem
gedient wäre, wenn wir das einundsechzigste Tribunal unseres Volkes binnen
dieses Tages zu einem vernünftigen Ende bringen könnten.“ Beifall kam von allen
Seiten. Zielstrebige und prägnante Gedanken wie diese waren stets gern gehört.
    „Wie ihr wisst, streiten wir seit
unserer Ahnen Gedenken gegen die Orks und gegen den Hunger. Beides verfolgt und
hetzt uns schon seit Jahren durch die Wildnis dieser Welt. Viele unserer
Familien mussten bereits Blutzoll entrichten.“ Thormir hielt ein und atmete
zweimal tief durch, gerade so, als wenn seine schmerzhaften Erinnerungen erst
zwei Tage alt wären.
    „Mussten bereits Blutzoll
entrichten“, wiederholte er. „Wie ihr auch alle wisst, haben wir in diesem
Frühjahr die höchste Zahl an Kindern in unserem Tross, seit wir Aufzeichnungen
über derartige Vorkommnisse verfassen. Unser Volk wächst seit Jahren, trotz all
der Gefahren und Risiken, die uns täglich begleiten. Daraus erwachsen uns immer
mehr Probleme, wie mir unser Lagerverantwortlicher Theodus vor geraumer Zeit
mitteilte – mehr Soldaten werden für die Bewachung benötigt, mehr
Nahrungsmittel müssen von immer weniger Wild gewonnen werden und immer stärker
wird das Bedürfnis nach Sicherheit. Aus diesem Grund habe ich am heutigen Tag
das Tribunal einberufen lassen. Ich möchte nicht weniger, als mit euch allen
zusammen, mit euch, meines Gleichen, einen Plan erarbeiten, um die Zukunft
unseres Volkes zu sichern.“ Thormir sah in das Halbrund. Nur Regnir war tief in
sein Vorhaben eingeweiht. Alle anderen hatten lediglich Einladungen erhalten,
nicht aber so tief greifende Informationen wie er. Thormir verlas entsprechend
der Tradition die Liste über die Toten seit der letzten Versammlung. Laut wurde
seine Stimme, sobald er vortrug, dass ein Mensch von einem Ork erschlagen
worden war. Beendet wurde die Aufzählung wie gewohnt mit dem Satz: „Möge Manus,
oberster Herr allen Lebens unserer Kameraden, Freunde und Familien Seelen
gnädig sein.“ Zu diesem Zweck erhoben sich alle Edelmänner, trugen die soeben
gesprochenen Worte erneut vor und erhoben ihre Schwerter zum Kreise. Der Rat
legte einen Moment des Schweigens ein, bis Thormir abermals das Wort ergriff.
    „Freunde! Nach diesen traurigen
Geschehnissen der Vergangenheit, lasset uns nun über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher