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Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Titel: Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Autoren: Franz Grömmer
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mit Haglos und den anderen für eine Ratssitzung
verabredet. Sie soll zwei Stunden nach dem Höchststand der Sonne am heutigen
Tag stattfinden.
    Bitte kommt. Es ist von höchster Dringlichkeit.
     
    Gezeichnet
     
    Thormir
     
    Regnir streckte – einigermaßen
von dem Briefinhalt überrascht - die Gliedmaßen von sich. Sich niederlassen –
das gefiel ihm eigentlich ganz gut. Die tägliche Hatz würde damit beendet
werden. Oder zumindest immerhin eingedämmt. Er erinnerte sich plötzlich an
seine Kindheit, in der er es sehr spannend fand, im zügigen Rhythmus durch die
Lande zu ziehen und stets Neues zu entdecken. Doch tatsächlich änderten sich
die Zeiten. Schnell waren die Orks zu einer immer größeren Bedrohung für die
fahrenden Menschen geworden, eine Gefahr, die bis zum heutigen Tag Bestand
hatte. Keineswegs hatte sie sich verringert. Vielmehr war die Bedrängnis durch
die grünhäutigen, mannsgroßen Lebewesen immer stärker geworden. Wurden noch vor
wenigen Jahren während der Tribunalsversammlungen die Fragen der Versorgung und
der Wanderungsrichtung am dringendsten erörtert, so bestand die Aufgabe der
Edelmänner nun hauptsächlich darin, den Schutz der Menschen zu organisieren.
Einsames Wandern abseits des großen Trosses war nun kaum noch vorstellbar. Große
Orkbanden streiften ungehindert durch die Lande und konnten ungestraft die
widerlichsten Verbrechen begehen. Regnir schüttelte sich kurz. Die einzig
mögliche Gerechtigkeit konnte nur dann geübt werden, wenn den Orks zusammen mit
einigen Soldaten die Stirn geboten werden konnte. Längst hatten die Feinde
gelernt, die Menschen in Hinterhalte zu locken, oder aber deren Hauptheer mit
einer eigenen Vorhut abzulenken, während der Hauptstoß dem Lager der Menschen
galt. Regnirs Familie hatte diese Taktik schon teuer bezahlen müssen …
    Er griff nach dem Wasserbeutel,
um erneut einige kühle Tropfen seinem Körper zukommen zu lassen. Doch der
Beutel war leer. Regnir seufzte. Auch die immerwährende Suche nach Wasser
könnte durch einen festen Wohnsitz zu einem versöhnlichen Ende kommen, obgleich
die Sesshaftigkeit mit den Traditionen der Menschen brechen würde. Was wohl die
anderen Edelmänner über die Idee dachten und sagten? Immerhin hatte Thormir selbst
geschrieben, dass er ausschließlich mit einigen gesprochen hatte. Mindestens
Gharmon würde gegen diesen Plan Einspruch erheben. Er war vom Wesen her ein
Wilder, ohne jegliche Ruhe und Rast. „Doch weshalb jetzt großartige
Selbstgespräche führen?“, dachte sich Regnir. Das Tribunal würde eine Lösung
bringen. Allerdings musste er vorher seine Frau Ingmir und seinen Sohn, der den
gleichen Namen wie sein Vater trug, sehen. Beide schliefen wie alle
Unbewaffneten abseits der Soldaten und Kommandeure.
    Daher legte Regnir seine
Unterrüstung aus Leder an, verließ seine Unterkunft und stapfte in Richtung der
„Weißen Zelte“, wie die Beherbergungen der Zivilisten genannt wurden.
Unterdessen sendete auch die Sonne ihre ersten Strahlen über das Land und
begrüßte die Welt und die Menschen an diesem lauen Frühlingsmorgen. Wenn sie
endlich sesshaft werden würden, so überlegte Regnir, dann bräuchte er sich
nicht in jeder Nacht um seine Ingmir zu sorgen. Zwar waren die Zelte der
Frauen, Kinder und Alten besonders gut geschützt, dennoch wären Wälle und
Mauern ein sehr beruhigendes Extra. Während er seinen Gedanken nachging,
umwehte Regnir ein süßer Morgenwind, der ihm jede Sorge abzunehmen schien.
Gleich würde er seinen Sohn, der erst wenige Monate alt war, wiedersehen. „Er
soll ein besseres Leben haben, als ich. Er soll nicht tagein tagaus von den
Orks oder anderen Feinden gejagt werden“, murmelte Regnir zu sich selbst, als
ein kleiner Trupp Wachsoldaten an ihm vorüberzog. Plötzlich erschien ihm sein
ganzes Leben doch recht beschwerlich gewesen zu sein. Weshalb dachte er niemals
zuvor an das sesshafte Leben? Steinerne Häuser, bestellte Felder, wehrhafte
Anlagen – all dies waren wahrhafte Vorteile … Mit diesen Worten im Geist
erreichte er das Zelt, in der seine Frau und ihr gemeinsamer Nachkomme
schliefen, und verschwand darin.
    Am anderen Ende des Lagers war
Thormir bereits in größter Eile, als der junge Bote erneut sein Zelt betrat.
    „Meister Regnir hat die Nachricht
erhalten, wie Ihr es gewünscht habt.“
    „Sehr gut!“, entgegnete Thormir
knapp. An diesem wichtigen Morgen schien der ohnehin recht mürrische alternde
Mann keine Gedanken an jegliche Umgangsformen
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