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Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Titel: Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
Autoren: Maya Shepherd
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die von Tag zu Tag schwächer werden. Dank der Sensoren in meinem Bett sind selbst meine Nächte traumlos. Der einzige Moment, in dem ich mir etwas Schwäche eingestehe, ist vor dem Schlafen. In der Dunkelheit der Nacht überkommt mich die Sehnsucht oft so stark, dass ich mich nicht gegen die Tränen wehre. Sie gleiten lautlos über mein Gesicht. Oft weiß ich nicht einmal, warum ich weine. Weine ich um mich? Um Iris? Um Finn? Um die Rebellen? Oder vielleicht sogar um die ganze Welt? Ich verabscheue meine Tränen, denn sie sind nutzlos. Selbst wenn ich ein ganzes Meer weinen würde, würde es nichts ändern.
    An diesem Tag bin ich für die Nachtschicht eingeteilt, sodass das Atrium wie verlassen wirkt, als ich es betrete. Ohne innezuhalten und einen Blick auf die falschen Bilder zu verschwenden, eile ich zu der Nahrungsvergabe. Doch kaum, dass ich den Gang betrete, legt sich von hinten eine Hand über meinen Mund. Ich erstarre und halte den Atem an. Erst jetzt denke ich wieder an den Kontaktmann der Rebellen. Hat er mich doch nicht aufgegeben?
    Der Fremde zieht mich in eine dunkle Ecke des Flurs. Dorthin, wo es den Kameras schwerfällt, uns zu erreichen. Die Hand löst sich von meinem Mund und ich drehe mich erwartungsvoll um. Doch der Anblick des Mannes irritiert mich. Ich hätte nicht mit ihm gerechnet. Es ist C515. Sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln.
    Ich kann mich nicht länger zurückhalten und falle ihm um den Hals. Laute Schluchzer dringen aus meinem Hals. Ein Lächeln in der Sicherheitszone zu sehen, überfordert mich. Ich hatte jegliche Hoffnung, ihn oder Zoe jemals wiederzusehen, bereits aufgegeben und jetzt steht er vor mir und lächelt. Er, der es nie gelernt haben dürfte  zu fühlen. Wann hat er gelernt zu lächeln? Ich wusste immer, dass er anders war, doch ich hatte nicht geahnt, wie sehr.
    Er drückt mich bestimmt von sich und sucht meinen Blick. „Triff mich um drei Uhr vor der Krankenstation.“
    Ich verstehe seine Worte nicht. Warum? Doch ehe ich eine Frage stellen könnte, lässt C515 mich bereits alleine in dem Gang zurück. Was ist mit ihm passiert? Warum lächelt er? Ist er etwa der Kontaktmann der Rebellen? War er schon immer einer von ihnen? War er ein Rebell, schon lange bevor ich überhaupt von ihrer Existenz wusste? Wie hat er von ihnen erfahren? Ich bin mit C515 aufgewachsen. Wie kann es dann sein, dass er so viel mehr weiß als ich?

3. Falsche Freunde
     
    Während meiner Arbeit in der Nahrungsvergabe vergeht keine Minute, ohne dass ich einen Blick auf die Uhr werfe. Ich kann nicht erwarten, C515 wiederzusehen. Warum will er mich vor der Krankenstation treffen? Will er mir etwas zeigen?
    Allein bei dem Gedanken an ihn fängt mein Herz wild zu klopfen an. Warum hat er mich nur so lange warten lassen? Aber vielleicht hätte er sich auch keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, um in mein Leben zu treten. Er erscheint mir wie ein Lichtblick in der Finsternis. Endlich bin ich nicht mehr alleine. Vielleicht kann er mir sogar sagen, wie es Iris und den anderen geht.
    Um fünf Minuten vor drei Uhr schiebe ich in der Nahrungsvergabe meinen Stuhl zurück und marschiere auf D375 zu. Ungeduldig hebt er den Blick und ahnt bereits wieder Schlimmes.
    „ Was willst du?“, fragt er mich barsch.
    „ Ich muss auf die Toilette.“
    „ Es ist nicht die richtige Zeit dafür.“
    Er hat seine Stirn in Falten gelegt, sodass seine Augenbrauen beinahe aneinanderstoßen.
    „ Ich muss trotzdem. Das spüre ich.“
    „ Ich werde dich den Legionsführern melden müssen. Dein Verhalten ist auffällig und bedenklich.“
    „ Dann melde mich eben. Das ändert aber nichts daran, dass ich jetzt auf die Toilette muss“, entgegne ich ungeduldig.
    Er wirkt unsicher, was er nun tun soll. Ich überfordere ihn mit meinem unvorhergesehenen Verhalten. Auch die anderen Arbeiter im Raum heben bereits wieder die Blicke. Sie haben Angst vor mir.
    „ Dann geh auf die Toilette. Wenn du in fünf Minuten nicht zurück bist, rufe ich die Wachen.“
    Ohne ihn weiter zu beachten, betätige ich den Scanner an der Tür. „Außerplanmäßiges Verlassen des Arbeitsplatzes. Bestätigung erforderlich.“
    Ich beiße mir auf die Lippe und sehe mich verärgert nach D375 um. Er tritt mit erhobenem Kopf neben mich. „Ich bin der Abteilungsleiter. Du stehst unter meiner Aufsicht“, kommentiert er und legt seinen Finger auf den Scanner.
    In dem Moment erkenne ich, dass ich mich geirrt habe. Auch hier sind die Menschen nicht
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