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Radikal

Radikal

Titel: Radikal
Autoren: Yassin Musharbash
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Forschungslabor in Quantico freigestellt zu werden. Er hatte schon eine Zusage vom FBI , was eine Auszeichnung war. Der Lehrgang wäre ein Karrieresprung für Häckler. Aber sein Antrag war von der Hausleitung abgelehnt worden, weil Häcklers Englischkenntnisse auf dem Papier zu schwach waren. Das störte zwar die Amerikaner nicht, aber dafür die deutsche Bürokratie. Dengelow bestellte Häckler in sein Büro.
    »Was ist denn hier passiert?«, hatte der junge Kollege gefragt, während er die verdreckte Wand in Augenschein nahm.
    »Jemand hat Scheiße gebaut.«
    »Verstehe.«
    »Genau. Und Sie müssen mithelfen, es auszubügeln. Sie müssen das nicht alles verstehen, aber ich brauche von Ihnen einen Vermerk darüber, dass der Sprengstoff, der bei Samuel Sonntag gefunden wurde, doch nicht identisch mit der Probe vom Anschlag ist.«
    Häckler wollte erst nicht. Aber Dengelow überzeugte ihn, dass es hier um höhere Interessen ging, die Dienste , zum Beispiel, ein potenziell extrem wichtiger Informant.
    »Ich weiß nicht, Herr Dengelow.«
    »Und im Gegenzug, Häckler: Quantico, also das ließe sich aus dem Weg räumen, das kleine Hindernis.«
    »Und es sind wirklich unsere Dienste, die den Mann in Freiheit brauchen?«, fragte Häckler misstrauisch.
    »Ja, Häckler. Und falls Sie das interessiert, also falls Sie zum Beispiel selbst mal später zum BND möchten, dann kann man auch darüber reden, ich sorge dafür, dass die von Ihrem Pragmatismus erfahren.«
    Eine Stunde später hatte er den Vermerk in der Hand, in dem Häckler den falschen Befund auf ein »verdrecktes und unsachgemäß gereinigtes Untersuchungsinstrument« schob.
    Dengelow stieg in den Fahrstuhl. Er fühlte sich schmutzig. Verdrecktes Untersuchungsinstrument. Das bin ich. Ich bin das verdreckte Untersuchungsinstrument. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr nach Hause. Er wusste nicht, wo er sonst hinfahren sollte, in dem Zustand, in dem er war. War das nicht auch eine Definition von Zuhause? Zuhause ist, wenn man nicht springt?
    »Agnes, ich habe mich heute korrumpiert.«
    »Was war denn los?«
    »Ich musste verhindern, dass ich meinen Job verliere und angeklagt werde.«
    »Hast du das Problem gelöst?«
    »Ja, ich glaube.«
    »Hast du jemandes Leben ruiniert?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Dann bleibt es dabei, dass wir heute Abend grillen?«
    »Ja.«
    »Das ist schön. Leo freut sich schon.«
    Er hatte keine Ahnung, ob sie ihm wirklich zugehört hatte oder nicht.
    ***
    Am Freitagabend um 21 Uhr 47 traf die SMS von Sumaya al-Shami auf ihrem Handy ein, auf die sie mit zitternden Händen gewartet hatte: »Er ist frei.«
    Merle Schwalb stand auf und zündete sich ihre letzte Marlboro an. Über drei Stunden zu spät. Sie war sich nicht sicher, ob es noch reichen würde.
    Um 21 Uhr 51 rief sie Henk Lauter an und eine Minute später Frederick Rieffen, um ihn vorzuwarnen.
    Dann rannte sie in Henks Büro. Sie stand neben ihm, während er mit dem dritten Geschlecht telefonierte, parallel eine E-Mail abschickte und anschließend mit einer langen Reihe weiterer Menschen telefonierte, die ebenfalls irgendwo beim Globus oder für den Globus arbeiteten, deren Namen sie aber noch nie gehört hatte.
    »Wir schaffen es nicht«, sagte sie.
    »Doch, Merle, ganz ruhig!«
    Sie konnte sich aber nicht beruhigen und fragte Henk irgendwann sogar, ob sie bei ihm rauchen dürfe. Er nickte. Sie besorgte sich bei Kaiser Zigaretten und rannte wieder zurück in Henks Büro.
    Immer noch nichts.
    Dann, um 23 Uhr 11, rief das dritte Geschlecht endlich zurück. Henk stellte das Telefon auf laut, sodass Merle mithören konnte.
    »Wir machen’s«, sagte das dritte Geschlecht. »So wie besprochen.«
    »Gut«, sagte Henk knapp.
    »Gute Arbeit«, sagte das dritte Geschlecht und legte auf.
    Sie hatten es geschafft: Zum ersten Mal in seiner Geschichtehatte der Globus die bereits laufenden Druckerpressen angehalten.
    »Und jetzt«, sagte Henk und lächelte, »gehen wir nach oben!«
    Es war 23 Uhr 13, als sie die Tür des Büros der Drei Fragezeichen im 17. Stock des Globus – Hochhauses öffnete und zusammen mit Henk Lauter eintrat, ohne vorher anzuklopfen.
    Die Drei Fragezeichen lagen in ihren Flugzeugsesseln und tranken Bourbon. Alle drei wandten den Blick zur Tür.
    »Schwälbchen, Henk, guten Abend! Was gibt’s? Möchten Sie einen mit uns trinken? Sie haben auch noch gar nicht gesagt, wie Sie die Samson-Geschichte eigentlich finden?«
    »Erlinger«, sagte Merle Schwalb, »wir
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