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Radikal

Radikal

Titel: Radikal
Autoren: Yassin Musharbash
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schenkte auch Sumaya, Merle und Frederick ein und schob ihnen die Gläser zu.
    »Dengelow ist V-Mann-Führer«, sagte Frederick Rieffen in die Stille hinein.
    »Wie bitte?«, fragte Sumaya.
    »Das haben wir ebenfalls heute erst erfahren«, erklärte Merle Schwalb. »Der Hinweis, wo der Sprengstoffrest gelagert war, kam von einem V-Mann, den Ansgar Dengelow führt.«
    »Tarnname Munir«, ergänzte Frederick Rieffen.
    »Genau. Aber so weit sind wir noch nicht, Frederick. Wir sind noch bei Khaldun Nabulsis Shopping-Tour.«
    Wieder entstand eine Pause. Es war vollständig still. Henk Lauter massierte sich langsam die Schläfen. Merle Schwalb blätterte durch ihre Notizen. Frederick Rieffen blickte aus dem Fenster und kaute auf seiner Unterlippe herum. Sumaya schloss die Augen und dachte an Samuel.
    Plötzlich zerriss ein lautes Geräusch die Stille, ein Klirren. Sumaya schreckte auf und sah, dass Merle Schwalb sie und die anderen beiden mit offenem Mund anstarrte. Sie hatte ihr Wasserglas umgestoßen, auf dem Steintisch lagen lauter Scherben, und eine Pfütze breitete sich langsam immer weiter aus und färbte den Stein dunkel. Aber Merle Schwalb achtete nicht darauf, sondern stieß stattdessen ein heiseres »O Mann!« aus.
    Lauter und Rieffen schauten sie fragend an.
    »Henk«, sagte Merle Schwalb aufgeregt, »Henk, gegen einige der Sprengstoffköche wurde Anklage erhoben, weil bei ihnen was gefunden wurde, richtig?«
    »Richtig.«
    »Aber nicht bei Weissenthal, obwohl er was hatte, richtig?«
    »Richtig.«
    »Aber bei Weissenthal wurde doch auch gar nicht durchsucht«, warf Rieffen ein.
    »Was wenn doch?«, fragte Merle Schwalb, die mit dieser Frage offensichtlich gerechnet hatte, sofort aufgeregt zurück.
    »Was meinst du damit?«
    »Dengelow ist V-Mann-Führer, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und er ist ein bisschen faul. Jeder im BKA weiß das.«
    »Ich komm nicht mehr mit. Was willst du damit sagen?«, fragte Rieffen.
    »Sie will damit sagen«, antwortete Henk Lauter langsam und betont an Merles Stelle, »dass Dengelow gegen die Sprengstoffköcheaus Bequemlichkeit vielleicht verdeckt ermitteln ließ. Und dass sein V-Mann dann vielleicht ja doch bei Niklas Weissenthal war.«
    »Und?«, fragte Rieffen irritiert.
    In diesem Moment verstand auch Sumaya. »Munir ist Khaldun Nabulsi!«, sagte sie. »Richtig?«
    »Genau«, rief Merle Schwalb und hieb mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Stellt’s euch mal für einen Moment vor, o.   k.? Stellt euch vor, dass Nabulsi Munir ist. Und dann bekommt er von Dengelow auf einmal auf dem Silbertablett die Gelegenheit serviert, von einem bekifften 18-Jährigen Sprengstoff zu kaufen, ohne dass es jemals auffliegen wird – weil er genau diesen bekifften 18-Jährigen als sauber an Dengelow zurückmelden kann!«
    Frederick Rieffen sah immer noch vollkommen schockiert aus. Er tippte sich mit allen zehn Fingern gegen die Stirn, wie um den Gedankengang, den sie gerade vor ihm ausgebreitet hatte, in seinen Kopf zu zwingen. Schließlich gelang es ihm, und sein Ausdruck wandelte sich – erst in Überraschung, dann zu einem Grinsen.
    »Scheiße, Merle, ich glaube, du hast recht. Weil so ja auch klar ist, wieso Munir Dengelow berichten konnte, dass bei Samson Sprengstoff auf dem Dachboden ist!«
    »Genau.«
    »Es passt, verdammt, es passt.«
    »Ja.«
    Rieffen sprang jetzt auf, lief auf Merle Schwalb zu, die am schmalen Ende des Tisches saß, und klopfte ihr auf die Schultern. »Das ist eine Monstergeschichte, Merle. Damit sind die alle vollkommen am Arsch. Das BKA hat einen Terroristen bezahlt, unglaublich! Es hat ihm auch noch den Weg zu einer Sprengstoffquelle geebnet. Verdammt. Das ist riesig. Dengelow ist weg. Arno kann seine Geschichte komplett vergessen. Das ist der größte Skandal der letzten Jahre, Leute!«
    Henk Lauter und Merle Schwalb nickten.
    »Worauf warten wir dann noch?«, fragte Rieffen. »Wir haben kaum noch Zeit, wir müssen das alles ja auch noch aufschreiben. Wir sagen Arno und Lars natürlich nichts! Wir lassen sie ihre Geschichte schreiben, und dann, peng , ein paar Stunden vor Redaktionsschluss kommen wir mit diesem Ding um die Ecke. Wahnsinn!«
    Sumaya hatte schweigend zugehört, während Rieffen seine Vision ausgebreitet hatte. Jetzt räusperte sie sich. Die drei Journalisten blickten sie erwartungsvoll an.
    »Sie werden«, sagte sie so langsam und schneidend wie sie konnte, »diese Geschichte auf gar keinen Fall aufschreiben.«
    »Was soll das?«, polterte
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