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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus
Autoren: Evelyn Sanders
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trainieren.«
    »Wieso? Liegt denn in Monlingen Schnee?«
    »Ach bewahre! Wir haben herrliches Wetter. Sie auch?«
    »Doch, natürlich!« log ich eisern und beschloß, gleich morgen eine Höhensonne zu kaufen.
    Endlich ging Frau Heinze der Atem aus. »Ich muß jetzt Schluß machen. Wir sind heute abend bei Tassilos Mutter eingeladen. Nur zu einer ganz kleinen Feier. Die richtige findet erst in zehn Tagen statt. Außerhalb natürlich, denn Harbichs haben offenbar ziemlich viel Verwandtschaft. – Wann kommen Sie eigentlich zurück?«
    »Nächste Woche.«
    »Na wunderbar! Dann erzähle ich Ihnen alles ganz ausführlich.« Sie legte auf.
    Ich fühlte mich ja schon so gut erholt, daß ich lieber heute als morgen nach Hause gefahren wäre, rauf nach Norden, der Sonne entgegen.
    Als ich Rolf am Abend von Frau Heinzes Anruf erzählte, zuckte er nur mit den Schultern. »Nun hat sie es ja endlich geschafft! Anscheinend gehört sie auch zu den Frauen, die sich am liebsten an die einfachen Dinge des Lebens halten: Männer!«
    Übrigens machte er einen sehr zufriedenen Eindruck. Der Seitensprung ins Geschäftliche mußte wohl erfolgreich gewesen sein.
    Eine Woche später waren wir wieder zu Hause. Damit uns der Abschied nicht allzu schwer fiel, hatten wir etwas Vertrautes mitgenommen: den Regen. Kaum hatten wir die Signalflaggen gehißt, d. h. die Jalousien aufgezogen, als auch schon der erste Besucher klingelte. Es war Dorle.
    »Gott sei Dank, daß ihr wieder da seid! Ich bin beinahe verrückt geworden! Seitdem Patricia den Brillanten am Finger hat, gibt es für ihre Mutter kein anderes Gesprächsthema mehr. Die anderen sind alle verreist, also kommt sie sechsmal pro Tag zu mir und schildert die Hochzeitsvorbereitungen. Wenn der englische Kronprinz mal heiratet, gibt es in London bestimmt nicht halb soviel Wirbel!«
    »Ich denke, erst kommt die Verlobung?«
    »Die ist übermorgen, also schon fast überstanden. Aber was bis zur Hochzeit auf uns zukommt, kann nur der ahnen, der die vergangene Woche miterlebt hat.«
    Noch am selben Abend holte uns Frau Heinze ab, damit wir die Geschenke bewundern könnten. Sie waren schon recht zahlreich eingetroffen und deshalb in der Bauernstube aufgebaut worden.
    »Wie kommt es nur, daß zwei Menschen nie dasselbe denken, außer wenn sie Verlobungsgeschenke kaufen?« seufzte die Braut und zeigte auf die drei Toaströster.
    »Den von Obermüllers kannst du sicher gegen einen Kaffeekessel umtauschen«, schlug ihre Mutter vor.
    »Laß das lieber bleiben!« warnte Hendrik. »Kauf niemals was, wo ein Griff dran ist. Das bedeutet immer Arbeit.« Er hatte wohl so seine Erfahrungen.
    »Am besten gefallen mir ja die Kochtöpfe mit den Glasdeckeln, die du von Tante Hermine bekommen hast. Da kannst du wenigstens durchsehen und zugucken, wie das Essen anbrennt!«
    »Mutti, du bist wirklich ekelhaft!«
    »Nur ehrlich, mein Kind, nur ehrlich!« lachte Frau Heinze. »Ich weiß noch ganz genau, wie sich dein Vater lange nach unseren Flitterwochen gewundert hat, als das Hühnerfrikassee plötzlich anders schmeckte als sonst. Mir war nämlich zum erstenmal der Reis nicht angebrannt.«
    »Wann sind die Flitterwochen eigentlich vorbei, Vati?« fragte Hendrik neugierig.
    »Wenn der Mann nicht mehr beim Abwaschen hilft, sondern es allein macht. Die modernen Ehefrauen stellen heutzutage keine Haushaltshilfe mehr ein – sie heiraten eine!«
    Frau Heinze lächelte süßsauer und wechselte das Thema.
    Den Bräutigam lernten wir später auch noch kennen, d. h. ich kannte ihn ja schon. Er brachte den Ring zurück, der ein bißchen zu groß ausgefallen und enger gemacht worden war. Stolz zeigte uns Patricia das hübsche Schmuckstück.
    »Schätzchen hat mir auch einen Ring zur Verlobung geschenkt.« Frau Heinze hielt mir ihre linke Hand entgegen. »Er meinte nämlich, ich hätte ihn mir redlich verdient.«
    Leise flüsterte mir Rolf ins Ohr: »Grenzt es nicht ans Wunderbare, daß die Natur einen herrlichen Diamanten hervorzaubern kann, indem sie einen Mann nimmt und ihn einem ungeheuren Druck aussetzt?«
    Bevor wir mit einem Glas Sekt auf das glückliche Brautpaar anstießen, enteilte Frau Heinze. »Ich muß Ihnen noch etwas zeigen«, hatte sie gesagt, »aber das liegt oben.« Nun kam sie mit einer Zeitschrift zurück. Eifrig blätterte sie. Endlich hatte sie die gesuchte Seite gefunden.
    »Hier, ist das nicht zauberhaft?« Ich sah eine wunderschöne Braut in einer Woge von Seide und Tüll, die mit professionellem
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