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Rachsucht

Titel: Rachsucht
Autoren: M Gardiner
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hängen.
    »Und du bist hier. Wie immer.« Er verschränkte die Finger mit den meinen. »Was sollen wir tun?«
    Zum Zirkus gehen oder nach Hollywood? Konnte er mich nicht was Einfacheres fragen? Kandidat Nummer zwei: Die Plutoniumbombe vor Ihnen hat soeben eine superkritische Masse erreicht. Wie entschärfen Sie diese Bombe? Etwas in der Art.
    »Liebst du mich?«, fragte ich.
    »Ohne jeden Vorbehalt. Liebst du mich?«
    Ich nahm seine Hand in beide Hände. »Jesse, du bist mein Geliebter, mein Sparringpartner, der Engel zu meiner Rechten und der Teufel zu meiner Linken. Du bist die Luft, die ich atme. Ja, ich liebe dich.«

    Er schaute mich unverwandt an. Diesen blauen Augen hatte ich noch nie widerstehen können.
    »Glaubst du, wir sind gut füreinander?«, fragte er.
    Er meinte es todernst, aber mein angeborener Sarkasmus war einfach nicht unterzukriegen.
    »Zumindest retten wir einander ständig das Leben. Das würde ich als Ja werten.«
    »Meinst du, wir sollten noch mal von vorn anfangen?«
    »Ganz von vorn?« Ich seufzte. »Ja. Aber ohne die Liebesnacht unter freiem Himmel.«
    »Und die Hochzeit?«
    Ich wich seinem Blick nicht aus. »Die sollten wir verschieben, meinst du nicht?«
    »Ja.«
    Plötzlich merkte ich, dass ich ihm fast die Hand zerquetschte. Ich lockerte meinen Griff und starrte aufs Meer hinaus.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Ich überlegte. Eigentlich hätte ich traurig sein müssen, aber ich fühlte mich nur erleichtert. »Mir geht’s gut.«
    »Mir auch.« Er holte tief Luft. »Was ist mit den Einladungen?«
    »Ich war noch nicht dazu gekommen, sie zu verschicken.«
    »Und dem Kleid?«
    »Das wird mir in zehn Jahren auch noch passen.«
    »Optimistin.«
    »So bin ich eben.«
    »Und die Reise nach Hawaii?«, fragte er.
    »Wenn du die stornierst, dreh ich dir den Hals um.«
    Endlich, endlich lächelte er. »Die fünfhundert Canapés, die du bestellt hast?«

    »Oh, verflixt.« Ich fuhr mir mit den Händen durchs Haar. »Die werde ich Cousine Taylor schenken müssen.«
    »Mein Gott, hab ich dich vermisst.«
    Er nahm mein Gesicht in seine Hände. Ich beugte mich vor und küsste ihn.
     
    Von Jesses Haus fuhr ich nach Goleta. Ich hatte noch einen letzten Zwischenstopp einzulegen, eine letzte Frage zu klären, eine letzte Vorkehrung zu meinem eigenen Schutz zu treffen.
    Vor dem Gebäude von Mako Technologies waren Wachen postiert, was mich nicht weiter überraschte. Die Medien hatten sich auf Kenny Rudenskis Verhaftung gestürzt wie die Fliegen auf das Aas. Auf der Straße drängten sich die Journalisten. Ein Übertragungswagen mit ausgefahrener Parabolantenne stand bereit. Als ich auf die Tür zuging, versperrte mir ein Wachmann mit klirrendem Schlüsselbund den Weg. Len, Ambers Flamme.
    »Darf ich fragen, was Sie hier wollen?«
    »Mit George Rudenski sprechen«, erwiderte ich. »Und ja, Rudenski junior hat mich tatsächlich mit einem Hackbeil verfolgt. Wenn Sie mich nicht gleich reinlassen, erzähle ich der Pressemeute die ganze grausige Geschichte. In allen Einzelheiten.«
    Das wirkte. Amber saß an der Rezeption und winkte mir grüßend zu.
    »Ruf den Alten an«, sagte ich.
    Sie griff zum Hörer. Ihre Locken waren wirr, die Wimperntusche klebte zusammen. Sie lächelte zwar, konnte mir aber nicht in die Augen sehen. Also hatte ich mich nicht getäuscht.

    »Als du mich gestern angerufen hast …«
    Ihre Unterlippe fing an zu zittern.
    »Das war im Auftrag des Juniors, stimmt’s?«
    »Ich wusste doch nicht … Ich konnte doch nicht …«
    »Ein schönes neues Auto hast du da, Amber.« Ich deutete mit dem Kopf zum Parkplatz. »Das ist mir schon bei meinem letzten Besuch aufgefallen. Viel besser als das Fahrrad.«
    Sie verzog den Mund.
    Ich beugte mich über die Theke. »Das hast du von Rudenski junior. Damit hat er dich bezahlt.«
    Sie blinzelte nur. Das Telefon klingelte, aber sie hob nicht ab.
    »Klingt nach einem guten Geschäft. Du wirfst bei der Brautparty ein paar Pillen in meinen Drink und bekommst dafür ein neues Auto.«
    George Rudenskis Sekretärin erschien in der Lobby und rief meinen Namen. Ohne mich um die schniefende Amber zu kümmern, folgte ich ihr. Sie klopfte an die Tür zu Rudenskis Büro und verschwand diskret. Ich trat ein.
    Rudenski senior thronte hinter einem Schreibtisch von der Größe eines Panzers. Sein weißes Haar war adrett wie immer, seine Bügelfalte makellos, aber er wirkte grau und eingefallen.
    »Tut mir leid, wenn ich so hereinplatze«, sagte ich. »Das ist
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