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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schlafzimmer gedrängt hat, um sie zu vergewaltigen.«
    »Bei diesen Handtüchern muss ich an ein Bühnenbild denken oder einen Bilderrahmen.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, er wollte sein Werk in Szene setzen.«
    »Okay … was kann ich dir noch erzählen … der Inhalt ihres Schranks besteht hauptsächlich aus Sweatshirts und Turnschuhen, im Schlafzimmer hat sie jede Menge Bücher. Liebesromane und die Art von Krimis, in denen die Leute reden wie im letzten Jahrtausend und die Cops allesamt hirnverbrannte Idioten sind.«
    Ich dachte laut über meinen Verdacht nach, der Täter könne aus der Kampfkunstszene stammen, und beschrieb, als Milo nicht reagierte, die Mordszene, so wie sie immer wieder vor meinem geistigen Auge ablief.
    »Klar, warum nicht«, meinte er, nicht eben ablehnend, aber doch unkonzentriert.
    Keiner von uns hatte bislang die alles entscheidende Frage gestellt: Warum tat jemand einem anderen Menschen so etwas an?
    Gloria trat aus dem Haus und sah älter und blasser aus.
    Milo sagte: »Alles in Ordnung?«
    »Mir geht’s bestens«, antwortete sie. »Nein, Unsinn. Es war schrecklich.« Ihre Stirn war feucht, und sie tupfte sie mit einem Tuch ab. »Mein Gott, es ist grotesk.«
    »Irgendwelche spontanen Eindrücke?«
    »Sicher nichts, was euch nicht auch schon aufgefallen ist. Todesursache war höchstwahrscheinlich der Genickbruch. Die Schnitte sehen so sauber aus, dass jemand aus den Bereichen Schlachten oder Medizin infrage kommt – aber viel würde ich darauf nicht geben. Mit einem Messer umzugehen kann jeder lernen. Hat der Pizzakarton irgendetwas ergeben?«
    »Nein«, sagte Milo. »Jedenfalls haben wir niemanden gefunden, der zugegeben hätte, hierher Pizza geliefert zu haben.«
    »Vielleicht ein Trick, um ins Haus zu gelangen?«, mutmaßte sie. »Aber warum sollte sie einem falschen Pizzaboten die Tür öffnen?«
    »Gute Frage, Gloria.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe den Abtransport schon veranlasst. Soll ich die Autopsie vorziehen?«
    »Das wäre nett.«
    »Ich schätze, mit Dr. Jernigan dürfte das kein Problem sein, denn sie scheint dich zu mögen. Außerdem, bei so einem abartigen Fall wird sie sowieso neugierig sein.«
    Vor einem Jahr hatte Milo den Mord an einem Kollegen aus der Gerichtsmedizin aufgeklärt. Seitdem verhielt sich die leitende Pathologin ihm gegenüber besonders entgegenkommend.
    »Das kommt daher, dass ich so charmant und gutaussehend bin.«
    Gloria grinste und tätschelte ihm erneut die Schulter. »Sonst noch was, Jungs? Aus Kostengründen bin ich nämlich zurzeit nur halbtags da; bis eins will ich meinen Bericht geschrieben haben, damit ich mir anschließend den Kopf mit ein, zwei Martinis freipusten kann.«
    »Für mich bitte zwei doppelte«, bemerkte Milo.
    »War auffallend viel Blut in der Bauchhöhle?«
    Ihre Miene sagte: Spielverderber. »Ein Großteil davon war geronnen, aber ja, das meiste Blut befand sich dort. Wie kommst du darauf? Weil der Tatort so sauber war?«
    Ich nickte. »Es hätte nur eine andere Möglichkeit gegeben: Er hat das Blut mitgenommen.«
    »Ein Eimer voller Blut, wie reizend«, sagte Milo und fuhr dann, an Gloria gewandt, fort. »Eine Frage noch: Hast du irgendeinen vergleichbaren Fall in deinen Akten?«
    »Nein«, antwortete sie. »Aber wir decken ja gerade mal das County ab. Heißt es nicht, wir leben in einer globalisierten Welt? Vielleicht haben wir es mit einem Globetrotter zu tun.«
    Milo schlurfte wortlos und mit starrem Blick die Treppe hinunter.
    »Boah, da hat aber jemand schlechte Laune«, sagte Gloria.
    »Ich fürchte, das wird jetzt eine Weile so bleiben«, erwiderte ich.

3
    Stanleigh Belleveaux’ Haus war innen genauso penibel sauber und gepflegt wie außen.
    Auf putzigen Möbeln lagen überall Deckchen, die ganze Einrichtung war plüschig-behaglich. Das Puppenhausgefühl wurde noch verstärkt durch ein Messingregal voller bemalter Porzellanfigürchen. Eine Vitrine enthielt Fotos zweier junger Männer in Uniform und einen Briefbeschwerer, der die amerikanische Flagge zeigte.
    »Die Sachen meiner Frau«, sagte Belleveaux. »Die Puppen, mein ich. Sie sind aus Deutschland. Meine Frau ist zu Besuch bei meiner Schwiegermutter in Memphis.«
    Er war schwarz, in den Fünfzigern, untersetzt und trug ein marineblaues Poloshirt, gebügelte Baumwollhosen und cognacbraune Slipper. Sein Kopf und die untere Hälfte seines Gesichts waren mit einem dichten weißen Vlies überzogen. Seine Nase sah aus, als wäre sie mehrmals
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