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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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ließ, wie sehr ich sie enttäuscht hatte, war schwer zu ertragen.
    »Meinetwegen, ab und zu nehme ich Drogen«, gab ich zu.
    »Was für welche?«, fragte sie.
    »Ach, du weißt schon.«
    »Weiß ich nicht.«
    »Na ja, manchmal eine Line Kokain, oder zwei ...«
    »Kokain!« Ihr blieb fast der Mund offenstehen, und ich hätte sie am liebsten geohrfeigt. Sie hatte keine Ahnung. Sie gehörte zu der Generation, die schon bei dem Wort »Drogen« entsetzt aufschrie.
    »Wie ist das so?«, fragte Helen, aber ich beachtete sie nicht.
    »Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört.«
    »Ich finde, es hört sich gar nicht schlecht an.« Ich wünschte, Helen würde endlich abhauen.
    »Es ist harmlos und macht nicht süchtig, und alle nehmen es«, versuchte ich Mum zu überzeugen.
    »Ich nicht«, warf Helen ein. »Das wär ja mal was.«
    »Ich kenne keinen, der das nimmt. Keine der Töchter meiner Freunde tut so etwas.«
    Ich unterdrückte die Wut, die in mir hochkochte. So wie sie redete, konnte man denken, ich wäre die Einzige auf der ganzen Welt, die je über die Stränge geschlagen oder einen Fehler gemacht hatte.
    Du bist meine Mutter, dachte ich kämpferisch, du hast mich zu der gemacht, die ich bin.
    Doch zum Glück – mein Gott machte wohl gerade eine Pause – verkniff ich es mir.

    Ich verbrachte zwei Tage zu Hause, bevor ich nach Cloisters musste.
    Es waren keine angenehmen Tage.
    Ich war nicht beliebt.
    Mit der Ausnahme von Margaret, die schon in der Qualifikationsrunde ausgeschieden war, ging der Titel der unbeliebtesten Tochter nach dem Rotationsprinzip von einer zur nächsten über, wie die Präsidentschaft der EU. Mein Beinahezusammenstoß mit dem Tod bedeutete, dass ich Claire von dieser Position verdrängt hatte und jetzt die Krone trug.
    Wir waren kaum aus dem Flugzeug gestiegen, da sagte Dad, dass in Cloisters bei der Aufnahme eine Blutprobe entnommen würde. »Ich will nicht behaupten, dass du das vorhast, aber solltest du was nehmen wollen, und ich bin mir sicher, dass du das nicht tun wirst, dann können sie das anhand der Blutprobe feststellen, und dann nehmen sie dich nicht auf.«
    »Dad«, sagte ich, »ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass ich nicht drogensüchtig bin, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    Fast hätte ich noch hinzugefügt, dass ich noch auf das mit Kokain gefüllte Kondom wartete, das ich verschluckt hatte, aber er schien nicht in der Stimmung für Scherze zu sein, also ließ ich es.
    Dads Befürchtungen waren unbegründet, weil ich nicht die Absicht hatte, irgendwelche Drogen zu nehmen.
    Das lag daran, dass ich gar keine hatte, die ich nehmen konnte. Wenigstens keine illegalen. Zwar hatte ich eine Doppelpackung Valium, aber das zählte nicht, weil ich die auf Rezept bekommen hatte (auch wenn ich das Rezept von einem schmierigen Arzt im East Village kaufen musste, der eine kostspielige Frau und ein noch kostspieligeres Smackproblem hatte.) Keineswegs war ich so dumm, dass ich Kokain, eine illegale Droge, ins Land geschmuggelt hätte. Was ja sehr erwachsen und vernünftig von mir war.
    Und es war auch kein so großes Opfer, wie es sich jetzt anhört. Ich wusste ja, dass ich keine Drogenknappheit zu befürchten hatte, solange Anna da war.
    Aber da lag das Problem: Anna war nicht da. Aus Mums knappen Einlassungen darüber entnahm ich, dass Anna praktisch mit ihrem Freund Shane zusammenlebte. Das war auch so ein Knabe, der wusste, wie man zu seinem Vergnügen kam! Shane »genoss das Leben in vollen Zügen«, wie es so schön heißt. Bis zum Überfließen. Bis zum Bersten.
    Seltsamerweise fehlte mir nicht das Kokain, sondern das Valium. Eigentlich war das nicht erstaunlich, denn schließlich war ich ganz durcheinander, weil sich in meinem Leben so viel so schnell verändert hatte, und die Spannungen zwischen mir und meiner Mutter waren alles andere als angenehm. Aber ich schaffte es, auch nicht eine von meinen kleinen weißen Pillen zu nehmen, weil ich dringend nach Cloisters wollte. Hätte ich mehr Zeit (und Geld) gehabt, dann hätte ich mir zu Ehren des Anlasses neue Kleider gekauft.
    Welche Willenskraft! Und die nannten mich drogensüchtig! Also wirklich!

    In diesen zwei Tagen zu Hause schlief ich sehr viel. Etwas Besseres konnte ich nicht tun, denn ich hatte Jetlag und war völlig von der Rolle, und die anderen waren gegen mich.
    Ein paarmal versuchte ich Luke anzurufen. Ich wusste, dass das nicht gut war. Er war so wütend auf mich, dass es eigentlich am besten war, ihn
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