Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheblut

Racheblut

Titel: Racheblut
Autoren: S Kernick
Vom Netzwerk:
unter seinem anklagenden Blick duckte. »Die, die hinter ihr her sind, wissen offenbar, dass sie bei uns ist. Ich würde sagen, wir schicken sie weg. Die wollen sie, nicht uns. Wir haben ja keine Ahnung, wer eigentlich hinter ihr her ist. Wir wissen ja nicht mal, wer sie ist.«
    Er ging einen Schritt auf das Mädchen zu.
    »Los, hau ab!«, schrie er sie an. »Mach, dass du fortkommst.«
    Schnell trat Nik ihm in den Weg.
    »Lass sie in Ruhe. Es ist nicht ihr Fehler.«
    »Und unser Fehler ist es auch nicht«, mischte sich Tracy ein. »Es tut mir ja echt leid, aber ich stehe zu Guy. Sie ist nicht unser Problem. Sie soll sich verziehen.«
    Ash spürte, wie die Wut in ihr hochkochte. »Du würdest also ein kleines Mädchen allein in die Nacht hinausjagen, ja, Tracy? Willst du das damit sagen?«
    »Wir wissen ja gar nicht, was sie ausgefressen hat. Vielleicht hat sie ja jemanden schwer verletzt, und jetzt sinnen diese Leute auf Rache. Oder warum sonst sollten sie so scharf darauf sein, sie zu erwischen?«
    »Schwachsinn! Sieh sie dir an. Das arme Ding kann nicht mal einer Fliege Angst machen.«
    »Und warum will sie dann irgendwer unbedingt schnappen?«, fragte Guy und versuchte, sich an Nik vorbeizuschieben. »Fragen wir sie doch einfach. Los, komm, ich wette, die spricht besser Englisch als wir alle zusammen.«
    Nik legte Guy den Arm um den Oberkörper. »Cool bleiben. Wir sollten es alle mal ein bisschen gelassener angehen.«
    Doch Guy hatte längst Blut geleckt und versuchte, Nik beiseitezustoßen. Gleichzeitig streckte er seinen ausgestreckten Finger anklagend dem Mädchen ins Gesicht. »Na, mach schon. Rede endlich!«
    Doch Nik, der um einiges größer und stärker war als sein Freund, zog ihn ohne Schwierigkeiten weg und versuchte, die Situation zu beruhigen.
    Ash wandte sich an das Mädchen. »Keine Angst«, sagte sie zu ihr und sah sie aufmunternd an. Doch dafür war es zu spät. Das Mädchen war völlig verschreckt. Wie ein Kaninchen im Scheinwerferlicht.
    Und plötzlich drehte sie sich ohne Vorwarnung um, stieß geschickt den Riegel zurück und rannte in die Nacht hinaus.
    Instinktiv und ohne an die Gefahren zu denken, die da draußen in der Dunkelheit lauern mochten, setzte Ash ihr nach. Das Mädchen war schnell, doch Ash ebenfalls, und sie hatte zudem den Vorteil, auf dem Kiesweg Schuhe zu tragen. Schnell hatte sie sie erreicht, streckte eine Hand aus, erwischte sie an der Kapuze des Sweatshirts und riss sie zurück. »Komm zurück. Es wird alles gut«, versuchte sie, sie zu besänftigen. Sie schlang den Arm um das Mädchen und wollte sie zurück zum Haus schieben. Dabei versuchte sie verzweifelt, sich verständlich zu machen. »Niemand wird dir etwas tun.«
    Sie hörte, wie Nik hinter ihr auftauchte. »Ash, komm sofort ins Haus zurück.«
    »Ja, ja, ich komme schon.« Sie lockerte ein wenig ihren Griff um das Mädchen, und das war ein Fehler, denn sofort wand es sich aus ihrem Arm, versetzte Ash einen Stoß und rannte los.
    Ash wollte ihr wieder hinterherrennen, doch Nik packte sie zum zweiten Mal an diesem Abend grob am Arm. »Lass sie.«
    Das Mädchen erreichte das Ende der Zufahrt, seine nackten Füße knirschten ein letztes Mal auf dem Kies, dann wurde sie von den Schatten der Bäume verschluckt. Ein Teil von Ash – der mutige Teil – wollte ihr unbedingt nachlaufen und sie zurück in die warme Geborgenheit der Lodge bringen, doch ein größerer Teil blieb wie angewurzelt stehen. Himmel, verspürte sie etwa plötzlich auch eine unbekannte Furcht?
    »Wir können sie nicht da draußen herumirren lassen«, sagte sie, ließ sich aber dennoch von Nik wieder nach drinnen führen.
    Tara preschte zwischen den Bäumen hindurch, sie wollte nicht eher stehen bleiben, bis sie eine Stadt erreicht hatte. Sie hatte keine Ahnung, wie weit die entfernt sein mochte, und auch nicht, wo sie sich überhaupt befand. Sie nahm an, immer noch in England. Allerdings war dieses England ihr vollkommen fremd – eine unberührte hügelige Wildnis, wo hinter jedem Baum Gefahr lauerte. Sie hatte gedacht, die Wanderer würden ihr helfen, und anfangs schien es auch so. Die hübsche dunkelhaarige Frau war richtig nett zu ihr gewesen, aber einer der Männer hatte sie angeschrien, und als sie sah, dass die Reifen zerfetzt worden waren, wusste sie, dass ihr Peiniger ihnen irgendwie zum Haus gefolgt war.
    Da hatte sie beschlossen wegzulaufen, sie wollte diese Menschen nicht in das verwickeln, was ihr zugestoßen war. Das wäre nicht fair.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher