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Racheblut

Racheblut

Titel: Racheblut
Autoren: S Kernick
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sprang zwei Stufen auf einmal nehmend hinauf. Hinter sich hörte sie ihn auch schon kommen, schwere Tritte auf kaltem Stein begleitet von Flüchen.
    Oben endete die Treppe vor einer Tür, und sie betete, dass sie nicht abgeschlossen sein möge. Sie griff nach der Klinke und riss so heftig daran, dass sie fast rückwärts die Treppe hinuntergestürzt wäre, als sie aufflog.
    Doch als sie durch die Lücke schlüpfte und die Tür hinter sich zuziehen wollte, blieb ihr fast das Herz stehen: Sie befand sich offenbar in einem leeren Schrank, vor ihr erhob sich eine nackte Wand ohne Türen oder sonst einer Möglichkeit, nach draußen zu gelangen.
    Schreiend hämmerte sie gegen die Wand, doch ohne Erfolg. Nichts bewegte sich. Sie saß in der Falle, und ihr Verfolger war fast schon die Treppe herauf. Verzweifelt drehte sie sich um und trat mit aller Macht gegen die Tür, die ihren Peiniger mitten im Gesicht erwischte.
    Er stieß einen verblüfften Schrei aus, taumelte rückwärts und polterte die Stufen hinunter, während Tara auf der anderen Seite ebenfalls das Gleichgewicht verlor und nach hinten stürzte.
    Dabei musste sie auf einen Hebel gefallen sein, denn plötzlich bewegte sich die Wand zur Seite, und sie rollte über einen dicken Teppich in ein feudal eingerichtetes Wohnzimmer mit teuren Möbeln. Tageslicht flutete durch die Fenster, und geblendet kniff sie vor Schmerz die Augen zusammen.
    Trotzdem sprang sie wieder auf die Beine, lief aus dem Zimmer einen nicht weniger prunkvollen Flur hinunter, dessen Wände mit zahllosen ausgestopften Tierköpfen dekoriert waren. Dies musste das Haus eines sehr reichen Mannes sein, schoss ihr durch den Kopf, ehe sie sich darauf konzentrierte, wie sie hier rauskam.
    Vor ihr befand sich eine weitere Tür, eine große, vermutlich das Eingangsportal. Hinter ihr konnte sie den Wächter nach jemandem rufen hören, doch seine Stimme klang von Mal zu Mal verzweifelter, als wisse er, dass er einen schrecklichen Fehler begangen hatte, aber ehe sie den Gedanken zu Ende gebracht hatte, war sie bereits draußen. Die frische Luft schlug ihr ins Gesicht, und alles, was sie auf den ersten Blick sehen konnte, war eine Reihe von Bäumen in der Ferne.
    Bäume und die Freiheit.

2
    »Da vorn sind nur beschissene Bäume«, sagte Guy und klang erschöpft und genervt. »Ich hoffe, ihr beiden wisst, wo wir hinmüssen, denn ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    »Natürlich wissen wir das«, erwiderte Ash und versuchte ihrerseits, ihre Gereiztheit zu unterdrücken. Das Wochenende hatte eben erst begonnen, doch Ash bereute schon jetzt, sich auf die Wandertour mit Guy und Tracy eingelassen zu haben. Die beiden waren zwar keine per se unerträglichen Menschen – nicht wirklich jedenfalls –, aber es waren eher Niks Freunde als ihre. Nik und Guy hatten zusammen die Universität besucht. Seit Guy mit Tracy zusammen war, hatten beide die leidige Angewohnheit entwickelt, ständig davon zu reden, wie toll sie es fanden, jetzt in Singapur zu leben, wo Guy Fantastilliarden verdiente und nur zehn Prozent Steuern zahlen musste, während Tracy das entspannte Leben einer Auswanderer-Gattin genoss, das offenbar nur aus Tennis, Cocktailpartys und Besuchen in luxuriösen Schönheitssalons bestand, was trotz Tracys Bemühungen, es paradiesisch erscheinen zu lassen, klang, als würde das Ganze weniger Spaß machen als eine Wurzelbehandlung.
    »Ich vermisse dieses Land hier wirklich kein bisschen«, fuhr Guy, der sich mittlerweile warmgeredet hatte, fort, während sie einen leichten Abhang hinunterkraxelten, der zu einem Pinienwald führte, in oder hinter dem sich die Lodge, die sie gebucht hatten, befinden musste. »Man bezahlt hier diese horrenden Steuern – und was bekommt man für sein ganzes Geld? Rein gar nichts.«
    Ash und Nik, die ein paar Schritte vor dem anderen Paar gingen, sahen sich an. Nik verdrehte die Augen. Offenbar verbrachte auch er gerade nicht unbedingt die beste Zeit seines Lebens.
    »Immerhin bekommt man Ausblicke wie diesen«, erwiderte Nik und blieb stehen und bewunderte die Aussicht auf das stille, waldgesäumte Tal unter ihnen, durch das sich ein kleiner Fluss schlängelte. »Ich wette, so was kriegst du in Singapur nicht oft zu sehen.«
    »Das stimmt«, gab Tracy zu, die etwas weniger enthusiastisch als ihr Mann von den Freuden ihrer neuen Heimat schwärmte. »Es ist wunderschön.« Sie schloss die Augen und ließ sich von den letzten Strahlen der frühabendlichen Sonne umschmeicheln, und nun
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