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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt
Autoren: F Steinhauer
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stellt sie ihre makellose Schönheit zur Schau. Wahrscheinlich bemerkt sie dieses Auflodern von Neid in den Augen der anderen Frauen nicht, denen der ganze Feierabend durch den Anblick dieses perfekten Körpers und des harmonischen Gesichtes verdorben ist, das völlig ohne grelle Farben der Kosmetikindustrie a uskommt.
    Auch die gierig geifernden Blicke der Männer, die sich erst in ihren Haaren verfangen, sich von dort weiter über das Gesicht voran tasten, in ihre Augen versenken, dann an ihren Lippen festsaugen, ohne sich dort lange aufzuhalten schnell zu ihrem Busen finden, den sie hemmungslos mit den Augen betatschen, um sie dann auf ihrem knackigen Po wohlgefällig ruhen zu lassen. Widerlich und ekelhaft! Doch ihr scheinen sie nicht aufzufallen.
     
    Und genau so passiert es dann! Sie verwirren den Geist der Männer, stürzen ganze Familien ins Verderben und am Ende, wenn nur noch Trümmer vom Leben der anderen übrig bleiben, mimen sie die Betroffenen, klagen darüber, wie leid ihnen das alles tut und wollen vorher gar nichts bemerkt haben! Ha! Gelogen! Alles gelogen. Sie legen es darauf an, die Männer in ihren Bann zu ziehen, diese willenlosen Opfer, von Biologie und Erziehung dazu verdammt der Schönheit zu folgen.
     
    Ihr Blick gleitet teilnahmslos über die Männer hinweg und beleidigt die mit krampfhaft eingezogenem Bauch in Pose Gesprungenen durch perfekt gespielte Ignoranz.
    An der Straße verabschiedet sie sich von einem ordinären Mädchen, das sie wohl begleitet hat. Kein Wunder, dass ich sie nicht bemerkt hatte, neben dieser berauschenden Eva geht jede andere unter. Es wird das Schicksal der anderen bleiben, nicht wahrgenommen zu werden. Ich kenne das Gefühl der Ohnmacht sehr gut, das eine Frau durchschnittlichen Aussehens ergreift, wenn so eine Attraktion am selben Ort auftaucht. Da möchte man am liebsten im Erdboden versinken und spürt die mitleidigen Blicke der Männer, die sich denken, das hässliche Entlein kann sich mühen wie es will, aber dieser Amazone wird es nie das Wasser reichen können!
     
    Anmutig schüttelt meine Schöne ihr Haar, das in großen Locken bis auf ihre Schultern fällt. Es glänzt und funkelt im Licht der Straßenlaternen an der Straßenbahnhaltestelle vor der Stadthalle. Ihr macht der Regen anscheinend nichts aus. Offensichtlich sind ihre Gedanken weit fort von hier.
    Vorsichtig rücke ich etwas näher an sie heran. Ein milder Duft nach Maiglöckchen umgibt sie und unterstreicht ihre Natürlichkeit. Eau d’été von Kenzo. Und sie summt leise vor sich hin. Vielleicht ist sie verliebt!
    Der Gedanke erregt mich und ich habe plötzlich Mühe meinen Atem unauffällig flach zu halten. Ich werde sie besitzen, mir wird sie gehören und nie bekommt ein anderer etwas davon ab! Und schließlich würde auch niemand mehr etwas mit ihr zu tun haben wollen, wenn ich mit ihr fertig bin. Oh, was für ein himmlisches Gefühl – und keiner außer mir ahnt auch nur ein bisschen davon.
    Die Straßenbahn der Linie 3 nach Madlow hält und die Menschen drängen sich eilig hinein, um der ungemütlichen Feuchtigkeit zu entfliehen. Ich sehe sie alle an, diese bleichen und genervten Gesichter, die sich in den Scheiben widerspiegeln. Manche lehnen ihre Köpfe schwer gegen das kühle Glas. Alle schweigen, als gäbe es ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Unterhaltung in Straßenbahnen verbietet. Jeder ist so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass auch von mir keinerlei Notiz genommen wird.
    Es ist nicht notwendig, dicht neben ihr zu sitzen. Ich kenne ihren Weg. Wir werden wie zufällig an der gleichen Station aussteigen, am Madlower Badesee . Zwei Fremde, auf dem Weg in den verdienten Feierabend.
    Doch nur einer von uns beiden wird ihn wirklich erleben .
    Während der Fahrt kann ich sie von meinem Platz aus in der Scheibe beobachten. Sie liest. Offensichtlich einen Kriminalroman. Wie passend, wo sie doch gerade selbst eine der Hauptfiguren in einer Kriminalhandlung ist – allerdings weiß sie noch nichts davon, denn aus nachvollziehbaren Gründen werde ich sie erst direkt vor ihrem Auftritt einweihen.
    Meine Hände beginnen zu zittern und ein gewaltiges Kribbeln steigt in mir auf. Gleich ist es soweit – gleich.
    Nur noch wenige Minuten und ihr Schicksal wird sich erfüllen: Durch mich umgeformt zu werden, meinen Vorstellungen nach gestaltet, ein unübersehbares Zeichen.
    Mein Puls rast und die schillernden Punkte vor meinen Augen tanzen ein wildes, unbeherrschtes Ballett. Deutlich höre
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