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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz
Autoren: Ralf Kramp
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»Ich werde zahlen! Da führt gar kein Weg dran vorbei! Aber ich will wissen, welcher herzlose Schurke es wagt, einer wehrlosen Frau so etwas anzutun. Ich will herausfinden, welches niederträchtige Subjekt meinem harmlosen Hündchen und mir solches Leid um des schnöden Mammons willen zufügt.« Dann folgte eine bedeutungsschwangere Pause, in der sie das Glas leerte. »Ich will, dass du das Lösegeld übergibst und es keinen Augenblick aus den Augen lässt, dass du dich an die Fersen dieses infamen Verbrechers heftest und mir sagst, wer diese Person ist, die sich so etwas ausdenkt. Willst du das für mich tun?«
    Es hatte etwas von einem Fahneneid oder einem Bibelschwur, der einem vom Hohen Gericht abverlangt wurde, wie Herbie fand. Er wägte kurz ab, dass Tante Hetti einerseits wohl kaum als wehr- und die Töle keinesfalls als harmlos bezeichnet werden konnte, dass er aber, wenn er das Lösegeld bewachen und den Erpresser dingfest machen würde, durchaus einen wichtigen Sprung nach oben auf der Beliebtheitsskala seiner hartherzigen Tante machen konnte.
    Sie würde dich enterben, wenn du’s nicht annimmst. Was allerdings nicht heißt, dass sie’s nicht tut, wenn du einwilligst , half Julius mit weisem Ratschlag.
    »Nun gut, Tantchen. Wenn ich dir helfen kann ...«
    Ein schiefes Lächeln kämpfte sich auf ihre zerfurchten Züge. »Endlich eine Chance, mir zu beweisen, dass du nicht der Volltrottel bist, für den ich dich seit Jahr und Tag halte!« Sie kam um den Couchtisch herum zu ihm hinüber. »Das könnte sich durchaus positiv auf deinen späteren Lebensstandard auswirken. Bisher, das musst du zugeben, hast du mir nicht gerade oft Anlass gegeben, darüber nachzudenken.« Als sie ihm die Hand auf die Schulter legte, blickte er hilflos zu Julius hinüber, der nachdenklich ans Fenster getreten war und in den hell erleuchteten Garten hinausblickte.
    »Du wirst dich gleich morgen im   Hotel Eifelhöhe   einmieten. Ich habe dort unter dem Namen Hans-Bert Lohse ein Zimmer für dich reservieren lassen.«
    »Hans-Bert Lohse?«
    »Natürlich, natürlich. Dein Name war im vergangenen Jahr unglückseligerweise des Öfteren im Zusammenhang mit dieser grausigen Mordserie in der Zeitung zu lesen. Nicht, dass du nun gerade ein Prominenter bist, aber wir wollen doch jegliches Aufsehen von Anfang an ausklammern! Schließlich geht es um das Leben meines geliebten Hündchens.« Der Anblick des Haarbüschels in Herbies Hand warf erneut den düsteren Schatten tiefster Zerknirschung auf ihr Gesicht. Für einen Augenblick war Herbie versucht, den Arm tröstend um ihre Schultern zu legen, aber im selben Moment fuhr sie ihn auch schon wieder an: »Versagst du allerdings, Herbert Feldmann, dann weiß ich nicht, was ich mit dir anstellen werde!«
    Spontan fielen Herbie ein paar Dinge zur Auswahl ein, aber er verdrängte sie beherzt. »Gut«, rief er kraftvoll, »es wäre doch gelacht, wenn wir das nicht in den Griff bekommen! Was mache ich wohl am besten als Erstes?«
    Rate ihr, die Außenbeleuchtung um ein paar Millionen Watt herunterzufahren,   murmelte Julius vom Fenster her.   Sonst landet womöglich noch eine Boeing auf ihrem Anwesen .

Drittes Kapitel
    Hausmacher-Leberwurst! Pfui Deibel!« Pastor Rövenstrunck schob das kleine Einmachglas mit dem blauweiß karierten Deckel weit von sich an die gegenüberliegende Tischkante. Gegen die Geschenke der frommen Gemeindeschäfchen war man nicht gefeit. Seit einem verheerenden Magen-Darm-Infekt in seiner frühesten Kindheit, die er am Niederrhein verbracht hatte, verabscheute er Wurstwaren, in denen nicht auch jede noch so kleine Fleischfaser gewissenhaft zu Brei püriert worden war.
    Er strich sich also Marmelade aufs Brötchen und verzog erneut das Gesicht. »Vierfrucht! Ewig und drei Tage lang Vierfruchtmarmelade!« Widerwillig kaute er auf dem Bissen herum und blätterte in der Zeitung.
    Zum wiederholten Male las er den Artikel über den grauenvollen Unfall vom Vortag. Zuerst hatte er die Zeilen nur gierig überflogen, nach Schlagworten gesucht, die Bildunterschriften studiert. Dann hatte er ihn zweimal gewissenhaft von der ersten bis zur letzten Zeile durchgelesen. Roswitha Kley war tot.
    Die kleine, zierliche junge Frau, die er kannte, seit er sie über dem Taufbecken mit einem Schwall zimmertemperierten Weihwassers zum Christenkind gemacht hatte. Er hatte ihr die Erste Kommunion gespendet, hatte sie gefirmt und schließlich sogar mitgeholfen, diese unfruchtbare eheliche
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