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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz
Autoren: Ralf Kramp
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unbemerkt beobachten konnte.
    Es lag wohl kaum an Herbies Äußerem, denn zu der Mission »Dognapping« war er in seinem besten Anzug aufgebrochen, da ihm seine Tante versichert hatte, bei dem   Hotel Eifelhöhe   handele es sich um ein Haus der gehobenen Klasse. Zugegeben, sein abgeschabter gelblicher Plastikkoffer ließ möglicherweise Schlüsse auf seine wahre Identität zu, und beim Betrachten seiner blank gescheuerten Wildlederschuhe kamen Herbie auch Zweifel, ob er seine Verwandlung in Hans-Bert Lohse auf Dauer mit der nötigen Überzeugungskraft versehen konnte. Vermutlich aber war dem Fahrer lediglich aufgefallen, dass Herbie sich flüsternderweise zu ein paar kurzen Antworten auf die Fragen seines unsichtbaren Kompagnons hatte hinreißen lassen.
    Lohse! , murmelte Julius verächtlich.   Hans-Bert! Das klingt für meine Ohren nach einem diplomierten Volltrottel .
    Herbie registrierte verärgert, dass die Neugier des Taxifahrers keine Antwort zuließ.
    Du solltest dir vielleicht eine entsprechende Vita zulegen, falls jemand dich aushorchen will, mein Bester. Wie wär’s mit: Versicherungsagent oder Tapetenfachhandelsreisender oder aber ... Außendienstler in Sachen Toilettenbürsten? Letzteres würde deine durchgelatschten Treter erklären . Julius kicherte albern und deutete mit seinem speckigen Zeigefinger auf Herbies Füße.
    Plötzlich, ohne dass irgendetwas darauf hatte schließen lassen, tauchte das Hotel aus der Ummantelung des Münstereifeler Forsts auf.
    Schon auf den ersten Blick strahlte das Anwesen einen Hauch von Extravaganz aus. Es schien sich um einen Bau aus der Zeit der Jahrhundertwende zu handeln, der mit modernen Anbauten zu einem riesenhaften Komplex erweitert worden war. Stuckverziertes Alter und stahlbewehrte Jugend gingen hier eine akzeptable Symbiose ein, wie Herbie sie selten entdeckt hatte. Es gab einen kleinen, überdachten Haupteingang, wie man ihn von den großen Hotels dieser Welt kannte.
    Wer um alles in der Welt hätte das hier inmitten dieser Eifelkäffer erwartet?
    Ein Haus dieser Kategorie lebte von dem Nimbus des Geheimtipps, von der Nähe zum touristisch stark frequentierten Ahrtal und von den Kongress- und Tagungsräumen, von denen Tante Hetti nebenbei erzählt hatte. Das alles hätte Herbie ihm gerne erläutert, aber er war in diesem Moment nur froh, dem Taxi und der permanenten Überwachung durch den Chauffeur entkommen zu können. Er bezahlte und addierte ein akzeptables Trinkgeld dazu. Die Scheine, die er dem jungen Mann in die Hand drückte, waren abgezählt. Tante Hetti hatte nichts dem Zufall überlassen. Seine Tätigkeit als verdeckter Ermittler beinhaltete keineswegs irgendwelche Freifahrtscheine in finanzieller Hinsicht. Die Hotelrechnung inklusive Vollpension ging auf das Konto seiner Tante, für Getränke und Telefonate kam sie ebenfalls auf. Vor ihm lagen ein paar Tage der Entspannung mit formidabler Unterkunft und vorzüglicher Küche, gewürzt mit einer Prise Abenteuer.
    Du glaubst also tatsächlich, dass du es zuwege bringen wirst, den kleinen Augentrost deiner Tante wiederzufinden?
    Herbie nutzte den Moment, in dem der Taxifahrer den gelben Koffer aus dem Kofferraum holte. »Mein Auftrag lautet: Übergabe des Lösegelds mit anschließender Identifizierung des Erpressers. Und genau diese Erwartungen meiner Tante habe ich vor zu erfüllen!«
    Der Fahrer überreichte ihm das bunte Gepäckstück und musterte ihn ein letztes Mal fragend, bevor er davonfuhr.
    »Ein livrierter Dienstmann am Portal wäre doch etwas Erhebendes gewesen, oder?«, murmelte Herbie, während er durch die gläserne Tür eintrat.
    Nun werd mal nicht größenwahnsinnig, mein Lieber .
    Die Eingangshalle war mit einer hochmodernen Einrichtung ausgestattet. Es gab jede Menge blank polierten Stahl in Kombination mit getöntem Glas. Indirekte, warme Beleuchtung und diverse farnüberwucherte Grünecken retteten das ganze Ensemble davor, in unwirtliche Kühle abzudriften.
    »Einen wunderschönen guten Tag«, flötete die Dame mit Pagenschnitt und dunkelblauer Fliege aus der Rezeption heraus.
    Herbie schritt eilends auf sie zu, um sein Schuhwerk möglichst rasch aus ihrem Blickfeld zu entfernen.
    »Lohse ist mein Name.« Er wunderte sich, wie selbstverständlich es sich aussprach. »Hans-Bert Lohse.«
    Reisender in Sachen Autopolitur .
    »Man hat ein Zimmer für mich reserviert.«
    Die Bedienstete klapperte behände auf der Tastatur ihres Computers herum, studierte in leicht vorgebeugter
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