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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)
Autoren: Markus Kammer
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Besessene. Aber es war ja dunkel, so viel konnte er davon nicht sehen.
    „Darf ich dich fragen, was du hier vorhast?“
    Auch den Ton kannte sie. Er war schon wieder beim Geschäftlichen. Wenn auch mit einer Freundlichkeit in der Stimme, die alle Strenge aus der Frage nahm. Sie sah zu ihm empor, sah seine Umrisse im Dunkeln und ein wenig von seinem Gesicht. Es reichte aus, um ihren Kopf für einen Augenblick komplett zu leeren.
    „Es tut mir leid!“ Das war das Erste, was ihr einfiel, als sie wieder anfing zu denken. „Ich hätte in Istland bleiben sollen.“
    „Ja, hättest du“, sagte er. „Warum hast du’s nicht getan?“
    Das konnte sie ihm nun wirklich nicht sagen. Sie schwieg. Es war eine Katastrophe: Sie konnte in seiner plötzlichen Gegenwart nicht richtig denken oder reden. Was machte das für einen Eindruck?
    „Ich hatte befürchtet, dass es nicht klappt“, sagte er, ohne eine Antwort von ihr abzuwarten. „Aber ich dachte, wir sollten es wenigstens versuchen.“
    Sie nickte. Es gab eigentlich so viel, was sie ihm erzählen wollte. Aber sie konnte sich nicht entscheiden, was das Wichtigste war, und hatte auch das Gefühl, sie hätte keine Zeit.
    „Musst du ganz schnell irgendwohin?“, fragte sie. „So wie meistens?“
    „Zu Leimsel“, antwortete er, „aber ich lasse ihn warten, wenn du möchtest.“
    „Ja, das möchte ich gern. Kaufst du mir was zu essen?“
    Er lachte.
    „Was du willst.“
    „Ich will gegrillte Brotas und diese fettigen Dinger mit Soße, die es am Rathaus-See gibt. Können wir da hingehen oder werde ich dann sofort eingefangen und umgebracht?“
    „Sistras Möwen beobachten dich sowieso“, antwortete er. „Aber zufälligerweise meint Sistra es gerade gut mit dir. Sie wird ihre Entdeckung für ein paar Tage geheim halten. Ich denke, wir können es riskieren.“
    Sie legte sich die Decke um die Schultern und verließ an Anbars Seite den Schatten. Ihr Herz hüpfte bei jedem Schritt und sie wagte es nicht, zu ihm hinzusehen. Sie sah einfach auf den Boden vor sich und die Stufen, die sie bald darauf hinabstieg, denn sie war in einer Verfassung, in der sie ganz leicht das Gleichgewicht verlieren konnte. Das war lächerlich, aber nicht zu ändern.
    „Geht es Morawena gut?“
    „Einigermaßen. Ihre Stimmung ist nicht die beste.“
    „Wessen Stimmung ist schon gut?“, fragte sie, die Augen auf den Boden geheftet. „Dieser Legard hat gesagt, dass die Ganduup alles kaputt machen werden.“
    „Er rechnet gerne mit dem Schlimmsten, um vorbereitet zu sein“, sagte Anbar.
    „Dann stimmt es also nicht?“
    „Ich hoffe, es kommt anders. Aber gut sieht es nicht aus.“
    „Sind ihre Heere so riesig, wie er gesagt hat?“
    „Ja, leider.“
    „Wollen sie die Raben wirklich erpressen?“
    „Das ist sehr wahrscheinlich.“
    „Wie soll es dann anders kommen?“
    „Ich habe keine Ahnung“, sagte er.
    Jetzt musste sie ihn doch anschauen und als sie es tat, setzte ihr Herz aus. Nur ein Weilchen, weil sie merkte, dass sie von etwas getroffen worden war. Wenn sie ihre Freundinnen in Istland beobachtet hatte, wie sie sich Hals über Kopf in jemanden verliebten, hatte sie das für eine vorsätzliche und damit selbst verschuldete Geisteskrankheit gehalten. Als hätten sich Urslina oder Marie-Rosa selbst mit aller Wucht einen Stein gegen den Kopf gehauen, um fortan stolpernd zu denken und zu fühlen und bisweilen nicht bei Trost zu sein. Gerade fühlte Elsa sehr deutlich, dass ihr Schädel mit einem riesigen Felsbrocken zusammengeprallt war. Und sie konnte sich nicht erinnern, wann sie dem Felsbrocken die Einladung dazu erteilt hatte. Auch konnte sie es nicht ungeschehen machen, obwohl ihr doch klar vor Augen stand, wie sehr sie jedes Bisschen ihres Verstandes in Zukunft brauchen würde. Sie konnte es sich nicht leisten, ihre Energie auf Wahnvorstellungen zu verschwenden. Was nichts daran änderte, dass es sie erwischt hatte. Ungläubig starrte sie ihn an, diesen Menschen, der plötzlich alle Schwerkraft in sich vereinigte, ohne es zu wissen. Hoffentlich. Nichts wäre schlimmer gewesen, als wenn er ihren Zustand wahrgenommen und auf sich bezogen hätte. Er war aber unverändert und immer noch freundlich und mitfühlend, als er zu ihrer Erleichterung ganz normal weitersprach.
    „Ich bin ratlos, aber deswegen sollst du nicht verhungern. Wollen wir weitergehen?“
    Sie war stehengeblieben. Stehengeblieben, um ihn anzustarren. So etwas Dummes.
    „Du musst nicht glauben, dass ich wie vom
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