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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht
Autoren: Martin Calsow
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gesund. Der Herr Minister mag es nicht, wenn wir für teures Geld Männer ausbilden und sie dann in der Blüte ihres Lebens in die Pension schicken. Und komm mir nicht mit Burn-out. Du nimmst, wie die meisten hier, Antidepressiva. Das ist nichts Ungewöhnliches bei unserer Arbeit. Also lass das Gerede. Ich weiß von deinem Haus in Italien, auf dieser gottverdammten Insel.«
    Quercher wurde stutzig. Woher konnte Pollinger das wissen? Er hatte Schulden machen müssen, um das hier alles loszuwerden. Sein Traum – das Meer. Nie mehr Berge. Nie mehr Weißwürste und lächerliche Trachten. Nie mehr Weltstadt mit Herz. Seine Zukunft hieß Salina. Vor neun Jahren war er zum ersten Mal dort gewesen – mit Marille. Er hatte sich sofort in alles verliebt. Den Duft, das Meer, die Kapern, das Essen. Das war Italien wie aus dem Bilderbuch. Sie hatten einen der blauen Busse genommen und der Fahrer hatte Mozarts Klarinettenkonzert eingelegt. Und sie waren für Minuten nur im Glück. Diese Insel war sein Ziel. Raus aus dieser sumpfigen bayerischen Gemütlichkeit. Keine engen Täler, nur noch Horizont. Nie mehr ›Junktim‹. In sieben Tagen wollte er da sein.
    Pollinger grinste spöttisch, nahm die Akte, schlug sie auf und griff zwei Blätter heraus. »Du bekommst, was du willst. Du musst vorher für mich nur noch eine schnelle Arbeit übernehmen.«
    »Ich habe wenig Zeit.« Quercher erhob sich.
    Pollinger lächelte. »Dafür hast du Zeit.« Seine dicke Hand wies wieder auf den Stuhl, auf dem Quercher gesessen hatte.
    Quercher nickte ergeben und setzte sich wieder.
    »In Bad Wiessee am schönen Tegernsee hat man vor ein paar Tagen unter einem Baum eine Leiche gefunden. Ein deutscher Soldat, der wohl aus einem Kriegsgefangenenlager geflohen war. Das konnte man schon herausfinden. Auch den Namen. Anhand der Häftlingsnummer wurde er identifiziert und eine überlebende Angehörige ausfindig gemacht. Sie lebt an der Ostküste in den USA. Die Leichenschau vor Ort ergab keine Fremdeinwirkung. Die Staatsanwaltschaft hat von einer Untersuchung durch die Rechtsmedizin abgesehen. Das geschah wohl vor allem auf Wunsch und Druck der Angehörigen. Die will die sterblichen Überreste in die USA bringen und dort in einem Familiengrab bestatten. Jetzt muss die Leiche überführt werden. Das alles soll, so wünscht es sich die Staatsregierung und auch die Frau, diskret ablaufen. Keine Presse. Denn die Angehörige, eine Enkelin des Toten, gehört zu einer sehr reichen Familie. Die Dame landet in zwei Stunden am Flughafen. Du holst sie ab, bringst sie zum See und regelst alles still vor Ort. Dann unterschreibe ich am Mittwoch dein Gesuch, am Donnerstag der Herr Minister, und du kannst nächste Woche nach Salina fliegen.«
    »Wie heißt die Dame denn?«
    »Hannah Kürten.«
    Quercher verzog das Gesicht. Der Name war bekannt. Die Familie Kürten hatte es mit vielen Beteiligungen an deutschen und amerikanischen Industriebetrieben zu einem großen Reichtum gebracht. Jetzt sollte er die Enkelin zu einem Toten bringen. Und als Gegenleistung gab es die frühzeitige Pension. Quercher klang das eine Spur zu einfach. Aber er war es gewohnt, von dem Alten solche Aufträge zu erhalten. Pollingers guter Draht in die Staatskanzlei und seine alte Parteizugehörigkeit hatten ihn über die Jahre zu einem Problemlöser für die Manager der Macht werden lassen. Quercher war das egal. Er wollte raus aus dem Schnee. Aber dass es ausgerechnet Bad Wiessee sein musste. Natürlich wusste er, warum Pollinger ihn dafür ausgewählt hatte. Quercher war in Wiessee geboren. Er kannte die Menschen dort.
    »Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«, fragte er Pollinger besorgt, als er sich vom Tisch erhob.
    »Nein. Heute ist Montag. Freitag komme ich ins Krankenhaus. Dann übernimmt mein Stellvertreter.«
    Quercher nickte und wusste, dass er den Nachfolger nicht würde erleben müssen. Donnerstag kam die Unterschrift. Dann war hier Schluss.
    Pollinger blickte noch einmal auf. »Ach, noch was. Ich habe dir Arzu zugeteilt. Du kennst sie ja, die türkische EDV-Maus aus der Kriminaltechnik, die eigentlich zu den verdeckten Ermittlern wollte.«
    Quercher verdrehte die Augen.
    Pollinger ließ das kalt. »Die Kürten ist laut Internet ausgesprochen hübsch. Da will ich kein Risiko eingehen.«
    Quercher stöhnte.

Kapitel 2
    Kitzbühel, Österreich, Sonntag, 17.   12., 11.34   Uhr
    Er schrie. Er wütete. Er trug eine riesige Kuhglocke in den Händen und schüttelte sie wild. Josef
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