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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken
Autoren: Nina Puri
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Versöhnungs-Mittagessen, bei dem alle Familienmitglieder Papphüte tragen, einen Truthahn namens Gregor essen und Christmas Cracker knallen lassen – Tischböller, in denen in Taiwan hergestellte Mini-Nagelknipser stecken, ein winziges Auto-Modell aus Plastik oder Lebensweisheiten wie „Glaube an dich, sonst tut es keiner“ oder „Ein Mann, der die Wahrheit spricht, braucht ein schnelles Pferd“. Gegen 15 Uhr verschwinden die Kinder in ihrem Zimmer und die Eltern setzen sich vor den Fernseher, um gemütlich bei der jährlich stattfindenden Weihnachtsansprache der Queen wegzunicken.
    26. Dezember, Boxing Day: An diesem Tag besucht man Freunde und Bekannte, um ihnen eins überzubraten. Na gut, das stimmt nicht ganz. Der verheißungsvolle Name rührt nämlich enttäuschenderweise nur daher, dass Arbeitgeber ihren Angestellten zur Feier kleine Geschenke überreichten – in boxes , also „Schachteln“. Wenn man heutzutage Angestellte sieht, die mit Kisten beladen die Firma verlassen, handelt es sich in der Regel eher um einen Shit Day , dem ein noch viel längerer (unfreiwilliger) Urlaub folgt.
    31. Dezember, New Year’s Eve: Ursprünglich ein sehr kostengünstiger Feiertag, da man um Mitternacht lediglich die Gartentüre aufmachte, um das alte Jahr raus zu lassen, und dann die Haustüre aufmachte, um das neue Jahr rein zu lassen. Anschließend fasste man sich an den Händen und sang Auld Lang Syne . Seit die Millenniumsfeier die Latte höher gelegt hat, erwarten allerdings auch englische Kinder kilometerweit sprühende Silberfontänen und Supervulkane.
    Eine englische Besonderheit sind die days in lieu , (ein französisch-englisches Wort, das soviel bedeutet wie „Anstatt-von-Tage“), die dafür sorgen, dass Feiertage, die auf einen Samstag oder Sonntag fallen, am anschließenden Werktag nachgeholt werden.

Politik
    Keine gescheite Verfassung, aber Lachsalven, ein Lordkanzler auf einem Wollsack und eine Königin auf Teetassen .

    Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland ist das einzige Land Europas, das statt einer geschriebenen Verfassung nur einen unsortierten Haufen von Gesetzen und Gepflogenheiten hat, die sich im Lauf der Geschichte angesammelt haben. So ist z.B. nicht einmal verfassungsrechtlich festgeschrieben – sondern nur einem hübschen Einfall von irgendjemandem zu verdanken -, dass England einen Premierminister hat. Hat dieser wiederum den hübschen Einfall, das Parlament aufzulösen, kann er das zusammen mit der Queen jederzeit tun.
    Das Parlament besteht aus drei Teilen: Erstens ist da das demokratisch gewählte Unterhaus (House of Commons , „Haus der Gewöhnlichen“), an dessen Spitze der Premierminister steht. Zweitens das nicht gewählte Oberhaus (House of Lords). Und drittens die Königin, Her Majesty the Queen. Die größte Macht hat das Unterhaus. Dessen momentan 646 gewählte Abgeordnete tagen im Nordflügel des Palace of Westminster in einer Kammer, die so winzig ist, dass nur 437 Abgeordnete gleichzeitig darin Platz haben. Regierung und Opposition sitzen nicht wie in den meisten anderen Parlamenten der Welt im Halbkreis um den jeweiligen Redner herum, sondern in zwei gegenüberliegenden, feindlichen Blöcken. Wer das Wort erhält, steht auf und versucht, sich unter anfeuernden Rufen der eigenen Fraktion und Buh-Rufen, Pfiffen und Lachsalven der Gegenseite Gehör zu verschaffen. Das wird zusätzlich verkompliziert durch einen heiseren, grauhaarigen Typen, der den Redner von einem Baldachin-Thron am Kopfende der Unterhauskammer aus fortwährend anmeckert. Dieser Typ ist der Unterhaus-Präsident – speaker genannt. Er ruft Abgeordnete zur Räson, wenn diese sich anschreien, mit Tiernamen versehen oder sich anderweitig daneben benehmen. Da das parlamentarische Prozedere streng der Regel folgt, während des parlamentarischen Prozedere sämtliche Regeln über Bord zu werfen, hat der speaker reichlich Anlass zu Ermahnungen, denn viele Parlamentsreden strotzen nur so von persönlichen Beleidigungen bis hin zu Androhungen körperlicher Gewalt. 47
    Immerhin kann man dankbar sein, dass es seit dem Jahr 1313 offiziell verboten ist, im Parlament Rüstung und Schwert zu tragen 48 . Auch Bücher sind in der Sitzungskammer nicht gestattet – seit sie im 19. Jahrhundert zu Wurfgeschossen unfunktioniert wurden.
    Abgesehen von Vorfällen wie dem, als der englische Comedian Johnnie Marbles den Medien-Magnaten Rupert Murdoch vor versammeltem Parlamentsausschuss mit einer
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