Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quantum

Quantum

Titel: Quantum
Autoren: Hannu Rajaniemi
Vom Netzwerk:
aufgeregt.
»Wir haben am Protokollkrieg teilgenommen. Ich war begeistert. Man lernt so schnell zu denken. Und was wir alles gemacht haben – weißt
du, dass wir einen Mond gestohlen haben? Es war sensationell. Metis, kurz vor dem
Spike: Mieli hat eine Strangelet-Bombe abgeworfen, um ihn aus dem Orbit zu
schieben, es war wie ein Feuerwerk, du würdest es nicht glauben …«
    Das Schiff verstummt jäh. Hat es etwa gemerkt, dass es zu viel
verrät? Nein, es wurde nur abgelenkt.
    In weiter Ferne, mitten in dem Spinnennetz aus Perhonen s
Segeln, den Spime-Sicht-Vektoren und den Markierungen entlegener Habitate,
blitzt ein Edelstein aus hellen Punkten, ein sechszackiger Stern. Ich zoome mir
den Ausschnitt heran: dunkle Schiffe, spitz wie Reißzähne, mit einer Gruppe von
sieben Gesichtern am Bug, den gleichen Gesichtern, die jede
Sobornost-Konstruktion zieren. Es sind Bilder der Gründer: Gottkönige mit
jeweils einer Billion Untertanen. Früher habe ich mit ihnen in den Kneipen
gesessen.
    Die Archonten kommen.
    »Was immer du verbrochen hast«, sagt Perhonen. »Sie wollen dich offensichtlich wiederhaben.«

2   Der Dieb und die Archonten
    Was habe ich getan?
    Die Pilotenwanne schmiegt sich um Mieli, der das Herz bis zum Hals
schlägt. Im Gefängnis ist etwas schiefgegangen. Aber das
sieht den Sims ähnlich. Warum sind sie hinter uns her? Sie aktiviert den
Gefechtsautismus, den ihr die Pellegrini eingebaut hat. Er umfängt sie wie eine
kühlende Decke und verwandelt die Welt in Vektoren und Gravitationstrichter.
Ihr Geist vernetzt sich mit Perhonen s Bewusstsein und
denkt rasend schnell.
    Objekte: Perhonen .
    Verstreute trojanische Asteroiden, die sich um 2006RJ103 scharen,
einen von geistig minderbemittelten Synthlebewesen bewohnten
Zweihundert-Kilometer-Felsbrocken.
    Dreißig Lichtsekunden dahinter das Gefängnis, ein Diamant-Donut, der
Ausgangspunkt von Perhonen s aktuellem Vektor, dicht,
dunkel und kalt.
    Die Bladeschiffe der Archonten kommen mit 0,5 g schnell näher, sie haben eine viel höhere Geschwindigkeit als Perhonen unter dem sachten Zug ihres Lichtsegels. Die
Abgasfackeln ihrer Antimaterie-Triebwerke erscheinen in der Spime-Sicht als
Feuersäulen aus rückgestreuten Mesonen und Gammastrahlen.
    Der Highway, zwanzig Lichtsekunden entfernt, ist ihre nächste
Zwischenstation. Ein nicht abreißender Strom von Schiffen, eine der wenigen und
seltenen idealen invarianten Flächen im N-Körper-Albtraum des Newton’schen
Sonnensystems, eine Gravitationsarterie, die mit sanften Schüben schnelles und
müheloses Reisen gestattet. Ein sicherer Hafen, aber zu weit entfernt.
    Alles klar, haucht Mieli. Gefechtsmodus .
    Unter den oortischen Saphirkorallen erwacht die verborgene
Sobornost-Technik. Das Spinnenschiff konfiguriert sich neu. Die verstreuten
Module werden an ihren Leinen zusammengezogen und verschmelzen zu einem festen,
harten Kegel. Die kleinen Quantenpunkt-Tragflächen aus vollkommen
reflektierendem Material bilden sich um zu einer diamantharten
Brandschutzmauer.
    Gerade noch rechtzeitig, bevor die Nanoraketen der Archonten
auftreffen.
    Die erste Salve ist nur eine Reihe von federleichten Berührungen,
die Hülle wird nicht durchbrochen. Aber die nächste Partie wird sich anpassen
und optimieren, und so wird es immer und immer weitergehen, bis entweder die
Software oder die Hardware der Brandschutzmauer kapituliert. Und danach –
    Wir müssen den Highway erreichen.
    Die Maschinen in Mielis Bewusstsein beschneiden die
spieletheoretischen Verzweigungen wie Diamantkettensägen. Es gibt durch dieses
Dickicht so viele Wege, wie ein oortisches Lied Bedeutungen hat, und sie
braucht nur einen zu finden …
    Wieder eine Salve, unzählige Lichtnadeln in der Spime-Sicht. Und
diesmal dringt etwas durch. Eines der Speichermodule erblüht zu einer
unförmigen Saphirblume. Ungerührt stößt sie es ab. Es driftet davon, mutiert
dabei in Zeitlupe immer weiter wie ein bösartiger Tumor und bildet seltsame
Organe aus, die so lange molekülgroße Sporen gegen Perhonen s
Firewall schleudern, bis sie es mit den Antimeteoritenlasern verbrennt.
    »Das hat wehgetan«, klagt Perhonen .
    »Ich fürchte, das wird gleich noch sehr
viel mehr wehtun.«
    Sie zündet auf einen Schlag die gesamte Antimateriereserve und
steuert das Schiff in den flachen Gravitationstrichter von 2006RJ103. Ein
Ächzen geht durch Perhonen s Körper, als sich die
Antiprotonen aus dem Magnetspeicherring in heiße Plasmastrahlen verwandeln. Sie
zweigt einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher