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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz
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Rafael, aber er trauerte
nicht um sich selbst, sondern um seine schöne, temperamentvolle Braut und um
ihr Kind. Wie schrecklich unfair er gewesen war, wie unendlich selbstsüchtig,
als er seinem Verlangen nachgegeben und ein Kind gezeugt hatte, das niemals
seinen Vater kennenlernen würde.
    Da seine Kraft beständig nachließ,
sank Rafael auf die Knie, die Finger noch immer um die Eisenstäbe, und betete,
daß Patricks Schiff Annie sicher von der Küste von Bavia fortbringen möge.
    Als Patrick Trevarren seine Tochter in
seiner eigenen Kabine untergebracht und dafür gesorgt hatte, daß seine Sachen
in eine andere gebracht wurden, befand Annie sich in einem Zustand des Schocks
und der Verzweiflung. Er legte sie sanft aufs Bett, zog ihr die Schuhe aus und
breitete eine Decke über sie. Nachdem er ihre Stirn geküßt und ihr versichert
hatte, daß jetzt alles gut werden würde, ließ er sie allein.
    Annie zog die Knie an und verkroch
sich unter den Decken, als er fort war, so aufgelöst und betäubt in ihrem
Unglück, daß sie weder denken, fühlen noch weinen konnte. Das leichte Schaukeln
des Schiffs schläferte sie ein, schenkte ihr eine gnädige Ruhepause vor der
Wirklichkeit.
    Nach einer Weile jedoch trieben
schreckliche Träume sie wieder an die Oberfläche des Bewußtseins, und sie
richtete sich abrupt auf, keuchend und aus allen Poren schwitzend.
    Der Raum war dunkel, und Annie
sprang auf und hastete zur Tür, wo sie mit zitternden Fingern nach dem Riegel
tastete.
    Einen Moment lang hielt sie den Atem
an, dann versuchte sie, den Türknauf zu bewegen. Er gab nach und drehte sich.
    Ganz schwach vor Erleichterung und
am ganzen Körper zitternd, lehnte sie sich an die schwere Tür. Als sie wieder
etwas ruhiger war, kehrte sie zum Bett zurück, fand eine Lampe auf dem
Nachttisch und hielt ein brennendes Streichholz an den Docht. Schwaches Licht
erhellte nun die kleine, saubere Kabine, und beklommen starrte Annie auf ihr
Kleid. Es würde unmöglich sein, in einem solchen Kleidungsstück zu klettern,
schwimmen oder kriechen, und ihr Hemd und ihre Hosen waren in der Burg
zurückgeblieben.
    Ihr Blick fiel auf eine Truhe aus
Rosenholz, die in einer Ecke stand, und eine wilde Hoffnung durchzuckte Annie
und weckte neue Energie in ihr. Ihre Mutter, Charlotte, die sehr häufig an Bord
der Enchantress reiste, teilte die Vorliebe ihrer Tochter für
unkonventionelle Kleidung.
    Innerhalb von Sekunden kniete Annie
vor der Truhe und hob den schweren Deckel. Kleider; tiefausgeschnittene,
hauchzarte Nachthemden; Unterwäsche; Schuhe und — Gott sei's gedankt! —
Reithosen und schlichte Männerhemden. Annie zog sie bedenkenlos heraus,
streifte rasch ihr Kleid ab und zog die Sachen ihrer Mutter an.
    Sie paßten wie angegossen.
    Annie lächelte grimmig über ihre
Erscheinung in dem hohen Spiegel an der Wand. Jetzt brauchte sie nur noch eine
Mütze oder eine Kappe, um ihr Haar darunter zu verbergen ...
    Sie spähte vorsichtig auf den Gang
hinaus und sah, daß ihre Kabinentür unbewacht war. Angesichts des Zustands
seiner Tochter hatte Patrick es anscheinend nicht für nötig gehalten, Wachen
aufzustellen.
    Annie lächelte unwillkürlich und
schlich durch den Gang zur Treppe, die auf das Hauptdeck führte. Das Schiff lag
noch vor Anker und war, wie sie sehr schnell merkte, praktisch unbemannt. Ihr
Vater war nach St. James zurückgekehrt, wie er ihr versprochen hatte, und
hatte den größten Teil der Besatzung mitgenommen.
    Es war ein Leichtes für Annie, die
einen Großteil ihrer Kindheit an Bord dieses Schiffs verbracht hatte, eins der
Beiboote zu Wasser zu lassen und sich dann an einem Tau hineinzuhangeln.
Bevor ein Alarm ertönen konnte, ruderte Annie bereits auf die Küste zu, über
tiefschwarzes Wasser, in dem sich die Sterne spiegelten.
    Trotz ihrer seemännischen
Fähigkeiten jedoch dauerte es über eine Viertelstunde, bis sie flaches Wasser
erreichte, und es war mindestens ebenso schwierig, die Küstenstraße im Dunkeln
ausfindig zu machen. Mehrmals hörte Annie Reiter sich nähern und verbarg sich
in einem Graben, um sich nicht von Rebellen einfangen zu lassen oder von den Leuten
ihres Vaters.
    Der Tag brach schon an, als Annie
das einst geheime Tor in der Burgmauer erreichte und es rasch passierte. Die
Burg ragte düster in den Himmel auf, stolz und gebrochen. Die königliche
Flagge, die gewöhnlich von einem der Türme flatterte, war eingeholt worden.
    Eisige Furcht drohte Annie zu
überwältigen. Es war möglich, daß
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