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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz
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den überhitzten Kanonen zurück.
    Rafael war stolz auf ihre Würde und
ihre eiserne Treue, aber er wußte, daß ihm keine Gelegenheit gelassen werden
würde, sie dafür zu loben. Der Anführer der Rebellen, ein imponierender Barbar
aus einer nördlichen Provinz des Landes, ritt über die Zugbrücke und unter dem
Fallgitter hindurch, das von seinen eigenen Männern unter Triumphgeschrei
hochgezogen worden war.
    Er schien Rafael zu kennen, genau
wie Rafael ihn kannte, und ritt unverzüglich zu dem Prinzen hin, der neben dem
Springbrunnen im Burghof stand.
    Rafaels Kleider waren zerrissen und
durchtränkt von seinem eigenen und dem Blut mehrerer Angreifer. Vier Rebellen
lagen tot oder sterbend zu seinen Füßen, und er stützte sich auf sein
blutbeflecktes Schwert, als ob es sich dabei um einen Spazierstock handelte,
womit er ganz unbewußt die tiefe Wunde in seiner Seite schützte.
    »Rafael St. James, Prinz von Bavia?«
fragte der General der Aufständischen. Er mochte etwa fünfunddreißig sein,
hatte dichtes, goldbraunes Haar und blaue Augen, die sowohl Intelligenz wie
auch Humor verrieten.
    Rafael beschränkte sich darauf,
zustimmend den Kopf zu neigen.
    »Ich bin Simon Carpenter«, erklärte
der Rebellenführer stolz, bevor er vom Rücken seines herrlichen grauen Hengstes
glitt. Seine Kleidung war schlicht und schmucklos; er trug weite Hosen zu einem
wollenen Hemd, und seine Stulpenstiefel waren alt und abgetragen.
    Mit einem zuvorkommenden Lächeln
streifte Carpenter die ledernen Reithandschuhe ab, steckte sie unter seinen
Gürtel und streckte eine Hand nach dem blutbefleckten Schwert aus. »Eure
Soldaten werden gerecht behandelt werden«, sagte er. »Immerhin sind sie
Bavianer und können nicht für das getadelt werden, was sie für ihre Pflicht
hielten.«
    Rafael sagte nichts; seine Kehle war
gefüllt mit bitterer Galle. Er hatte natürlich gewußt, daß dieser Moment kommen
würde — selbst als kleiner Junge schon, in den Tagen vor seinem Exil in
England, hatte er seine Kinderfrau vom Ende der St. James' sprechen hören und sie weinen sehen über
das Schicksal, das ihren Schutzbefohlenen erwartete. Es war ihm von Anfang an
bestimmt gewesen, für die zahlreichen, grausamen Sünden seiner Vorväter zu
büßen. Und doch, seit er Annie kannte und sie liebte, wie er noch nie eine Frau
geliebt hatte, nicht einmal Georgiana, war Rafael auf schmerzliche Weise
bewußt, was er verloren hatte.
    Schlösser, Burgen und Paläste, Macht
und Prestige waren das Unwichtigste dabei.
    »Das Schwert, Eure Hoheit«, beharrte
Carpenter mit kühler Höflichkeit und ausgestreckter Hand.
    Rafael übergab ihm die Waffe mit dem
Griff voran, ungeachtet der Tatsache, daß die rasiermesserscharfe Klinge in
seine Finger schnitt.
    Carpenter nahm das Schwert entgegen,
ohne es durch Rafaels Hand zu ziehen, wie viele Feinde es getan hätten. Keiner
der beiden Männer löste den Blick vom anderen, als Carpenter wieder das Wort
ergriff. »Es tut mir leid, daß wir Euch aufhängen müssen«, sagte er. »Ihr habt
ungewöhnlichen Mut bewiesen.«
    »Ich bin auch ein ungewöhnlicher
Mann«, erwiderte Rafael, der soviel Blut verloren hatte, daß ihm schwindelte.
Er schwankte leicht und fing sich dann wieder, einen Arm gegen das zerrissene
Fleisch an seiner Taille gepreßt.
    »Holt den Arzt«, befahl Carpenter
einem seiner Männer, als Rafaels Knie nachgaben und schwarze Finsternis ihn einhüllte.
    Als der Prinz wieder zu sich kam,
lag er auf fauligem Stroh in einem der unterirdischen Verliese. Seine
Verletzung war grob vernäht und verbunden worden, und der Schmerz war wie ein
glühendheißer Schürhaken, der unter seinen Rippen bohrte. Er spürte, daß sich
Fieber in seinem Blut zusammenbraute, aber sein erster Gedanke war eine wilde,
überwältigende Dankbarkeit.
    Annie war in Sicherheit bei Patrick.
Mehr konnte er vom Schicksal nicht verlangen.
    Rafael blieb lange reglos liegen und
kämpfte gegen eine weitere drohende Ohnmacht an. Als er sie überwunden glaubte,
umklammerte er die Gitterstäbe seiner Zelle und zog sich daran hoch, was so
heftig schmerzte, daß aus jeder Pore seines Körpers Schweiß ausbrach. Ein
hohes, schmales Fenster erhob sich hinter ihm, in schwaches Sonnenlicht
getaucht, und durch diese Öffnung hörte er das beständige Pochen eines Hammers.
    Er seufzte und lehnte die Stirn
gegen die kühlen Gitterstäbe. Zweifellos bauten die Rebellen das Schafott
wieder auf, auf dem Peter Maitland erhängt worden war.
    Annie, dachte
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