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Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Titel: Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
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zu.
    Charlotte verhielt sich völlig
still, doch irgend etwas an ihr mußte Patricks Aufmerksamkeit erregt haben. Er
kam näher, blieb vor ihr stehen und starrte ihr mit einem Ausdruck der
Verwunderung in die Augen.
    Sag etwas, befahl Charlotte sich
verzweifelt, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte kein
Wort über die Lippen.
    Patrick betrachtete sie ausgiebig,
ließ seinen Blick über ihre enganliegende Seidenrobe gleiten, um dann seinen
Weg mit einem Achselzucken fortzusetzen. Im Weitergehen schälte er die Orange
und warf die Schalen den schnatternden Affen zu.
    »Das genügt!« sagte Bettina schroff.
»Wir gehen jetzt, Charlotte Quade, und zwar sofort! Wenn ich je einen
Piraten gesehen habe, dann war es dieser Mann!«
    Charlotte sah, wie Patrick vor einer
verschleierten Tänzerin auf einem schmalen Brett zwischen zwei Fässern
stehenblieb, und wurde von einer solch jähen Eifersucht erfaßt, daß sich die
Enge in ihrer Kehle löste und ihre Lungen wieder Luft bekamen. »Und wie wir
alle wissen, kennst du dich mit Piraten aus«, verhöhnte sie Bettina.
    Tränen stiegen in den grünen Augen
des Mädchens auf; ein scharfes Wort konnte sie verwinden wie andere ein
Peitschenschlag. Bettina war ein Einzelkind, verwöhnt und behütet, und es war
ihr nicht leichtgefallen, sich ohne Erlaubnis ihrer Eltern aus dem Haus zu
schleichen, um einen fremden Marktplatz zu erforschen.
    »Entschuldige«, sagte Charlotte und
fühlte, wie etwas in ihr zerbrach, als Patrick die Tänzerin von ihrer
improvisierten Bühne hob und einem turbanbekleideten Mann in der Nähe ein
Geldstück zuwarf. »W-wir ... gehen jetzt.«
    Entschlossen, nicht mehr
zurückzuschauen, straffte Charlotte die Schultern und schlug die Richtung zur
Residenz der Vincents ein. Die unerwartete Begegnung mit Patrick Trevarren
hatte ihre Sinne in einen solchen Aufruhr versetzt, daß sie sich nicht einmal
auszudenken wagte, was Patrick mit dieser Tänzerin vorhaben mochte.
    Trotz ihrer Verwirrung spürte
Charlotte Bettinas zunehmende Besorgnis und merkte selbst, wie schwierig es
sein mußte, den Weg zurück zum Haus ihrer Gastgeber zu finden. All diese
unglaublich schmalen Gassen sahen völlig gleich aus, eine jede von ihnen hätte
zu dem stillen Wohnviertel führen können, das sie eine Stunde zuvor noch so
sorglos verlassen hatten.
    Bettina trocknete ihre Augen mit dem
Schleier. »Ich wußte ja, daß wir uns verlaufen haben!« sagte sie schluchzend.
    »Psst!« meinte Charlotte gereizt.
»Wir gehen einfach zum Marktplatz zurück und fragen nach dem Weg.«
    »Wie denn? Wir sprechen doch nicht
mal die Sprache«, entgegnete Bettina mit aufreizender Logik.
    »Dann fangen wir eben noch mal von
vorne an und probieren jede Gasse aus, bis wir die richtige gefunden haben«,
antwortete Charlotte. Es klang um einiges zuversichtlicher, als sie sich
fühlte.
    Bettina maß sie mit einem entsetzten
Blick. »Hätte ich doch nicht auf dich gehört!« rief sie ärgerlich. »Ich wußte, daß etwas Schreckliches geschehen würde — und ich habe recht behalten!«
    Charlotte lächelte mühsam. »Es wird
schon nichts geschehen. Reg dich bitte nicht so auf.«
    Bettina schaute sich furchtsam auf
der verlassenen Straße um. Eine unheimliche Stille herrschte nach dem Lärm im Souk.
    »Ich vergifte mich eher, bevor ich
den Rest meines Lebens in einem Harem zubringe«, sagte sie düster.
    Charlotte erwiderte nichts, denn sie
begriff jetzt, daß sie sich tatsächlich in Gefahr befanden, zwei
schutzlose Frauen in einer Stadt, deren Kultur auf solch tiefgreifende Weise
anders war als ihre eigene. Vielleicht war es das Beste, zum Markt zurückzugehen
und Mr. Trevarren um Hilfe zu bitten.
    Sie nahm Bettinas Arm. »Komm. Wir
kehren zum Souk zurück.«
    Der Marktplatz war belebt wie schon
zuvor, Charlotte mußte sich auf die Zehenspitzen stellen, um über die mit Turbanen
bedeckten Köpfe hinwegschauen zu können. Doch Mr. Trevarren war nirgendwo zu
sehen.
    Bettina wimmerte vor Panik, und in
diesem Augenblick passierte es — eine Gruppe von Männern umringte die beiden
Mädchen, und jemand preßte Charlotte ein Tuch auf Mund und Nase, von dem ein
scharfer Geruch nach Chemie ausging. Jemand zerrte ihre Arme grob nach hinten.
Sie hörte noch Bettinas Schrei, und dann verkleinerte ihre Welt sich auf die
Größe eines Stecknadelkopfes, um sich schließlich ganz aufzulösen. Eine
endlose, dröhnende Leere hüllte sie ein.
    Patrick Trevarren hob die Tänzerin auf ihre
improvisierte Bühne
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