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Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt

Titel: Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
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Die Gerüche von Gewürzen und ungewaschener Haut wetteiferten
mit dem stechendem Rauch aus Kochfeuern, und die hellen Seidenstoffe von
Charlottes geborgter Robe und dem Schleier klebten an ihrer feuchten Haut.
    Charlotte war begeistert.
    Ihre Begleiterin, Bettina
Richardson, einige Jahre jünger als Charlotte und auf ähnliche Art verkleidet,
teilte diesen Enthusiasmus nicht.
    »Papa bringt uns um, wenn er
herausfindet, daß wir an diesem schrecklichen Ort gewesen sind!« flüsterte sie
unter dem hauchdünnen Schleier, der ihr hübsches, aber nicht bemerkenswertes
Gesicht verhüllte. »Wer weiß, ob wir nicht sogar von irgendeinem Scheich
entführt in der Wüste enden!«
    Charlotte seufzte. »Damit dürfte leider nicht zu rechnen sein«, erwiderte sie, um Bettina zu ärgern.
    »Charlotte!« rief ihre Freundin
entsetzt.
    Charlotte lächelte hinter ihrem
Schleier. Die Richardsons waren zum Inselkönigreich von Riz gesegelt, das
zwischen Spanien und der Küste von Marokko lag, um alte Freunde zu besuchen,
reiche Händler, die sie aus Boston kannten. Bettina wäre lieber in Paris
geblieben, bis der Moment kam, die Rückreise in die Vereinigten Staaten
anzutreten, aber Charlotte hatte es ihr ausgeredet. Sie hatte nicht vor,
sich die Gelegenheit entgehen zu lassen, einen so exotischen Ort wie Riz zu
sehen, wo sich ihr, so hoffte sie zumindest, vielleicht doch noch eine Chance
auf ein kleines Abenteuer bieten würde.
    Doch Abenteuer waren genau das, was
Bettina unbedingt vermeiden wollte. Es hatte Charlotte einige Mühe gekostet,
ihre Freundin zu überreden, die Schleier und Roben aus dem Schrank ihrer
Gastgeberin zu stibitzen, sie anzulegen und sich durch die Hintertür aus dem
Haus zu stehlen, in die schmalen, schmutzigen Gassen hinaus, wo Gerüche und
Geräusche ihnen den Weg in den Souk gewiesen hatten.
    An einem der Verkaufsstände nahm
Charlotte einen der grobgeflochtenen Körbe in die Hand und betrachtete ihn sinnend.
Sie wußte jetzt schon, daß sie diesen Ausflug nie vergessen würde und er ihr
irgendwann sogar noch viel schöner erscheinen würde, als er war. Vielleicht
würde sie ihren Erinnerungen in Momenten der Langeweile noch einen stattlichen
Scheich hinzufügen, der auf einem weißen Araberhengst den Markt aufsuchte, um
Sklaven zu erstehen ... Oder sogar eine Truppe plündernder Piraten, die
Schwerter schwingend Hühner und Händler in alle Richtungen zerstreuten ...
    Eine Bewegung am fernen Ende der
Reihe kleiner Stände unterbrach Charlottes phantasievolle Überlegungen. Bettina
ergriff ihren Arm und flüsterte drängend: »Laß uns zu den Vincents
zurückkehren, Charlotte, bitte!«
    Charlotte beachtete sie nicht,
starrte nur fassungslos den großen Mann an, der durch die Menge schritt, und
fühlte sich für einen kurzen Moment lang in ihre Kindheit zurückversetzt. Sie
war wieder dreizehn und daheim in Seattle, wo sie auf den Mast eines großen
Segelschiffs, der Enchantress, geklettert war. Doch hoch in der Takelage
hatte sie den Mut verloren und sich zitternd an den Tauen festgeklammert, zu
verängstigt, um wieder hinabzusteigen.
    Patrick Trevarren war zu ihr
hinaufgeklettert, um sie zu retten.
    Bettina versetzte Charlotte einen
Stoß. »Charlotte! Es gefälltmir nicht, wie dieser Mann aussieht! Er könnte ein
Räuber sein!«
    Charlotte war unfähig, sich zu
bewegen, und froh, daß sie den Schleier trug, der ihr Gesicht verbarg und das
Lächeln, mit dem sie jedem, der sie sah, wie eine komplette Närrin erschienen
wäre. Patrick hatte sich kaum verändert in diesen zehn Jahren, obwohl seine
Brust und seine Schultern heute breiter waren und seine Gesichtszüge schärfer
und ausgeprägter. Das dunkle Haar trug er noch immer etwas zu lang und mit
einer schwarzen Schleife im Nacken gebunden; der Blick seiner tiefblauen Augen
war wach und scharf wie früher.
    Das arrogante Selbstvertrauen, das
sein Gang verriet, weckte Charlottes Ärger, aber ihr Herz klopfte wie wild, und
sie mußte sich sehr zusammennehmen, um nicht auf Patrick zuzulaufen und ihn zu
fragen, ob er sich an sie erinnerte.
    Was natürlich ziemlich unwahrscheinlich
war. Während sie in all diesen zehn Jahren von ihm geträumt und eine Phantasie
nach der anderen um den jungen Seemann gewoben hatte, hatte er vermutlich nie
wieder einen Gedanken an sie verschwendet...
    Er kam näher, und obwohl er
lächelte, blickten seine Augen kalt. Mit der Spitze seines Dolches spießte er
eine Orange von einem Obststand auf und warf dem Händler eine Münze
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