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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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herausstellte, gegen Ende ihrer Arbeit ihre Aufzeichnungen vergleichen und die Unterschiede ausbügeln, somit nicht wirklich unabhängig voneinander arbeiten.
    Der Term mit sechs extra j s schließt sogar noch mehr Möglichkeiten eines Eintritts des Ereignisses ein. (In Abb. 76 will ich Ihnen einige davon vorführen.) Es kostete zwanzig Jahre, diesen Genauigkeitsgrad, der sich im berechneten Wert des magnetischen Moments vom Elektron zeigte, zu erhalten. Mittlerweile haben die Experimentatoren sogar noch detailliertere Versuche durchgeführt und ihre Zahl hinter dem Komma um einige weitere Stellen verlängert – und noch immer hält die Theorie Schritt.

     
    So zeichnen wir für unsere Berechnungen all diese Diagramme, notieren ihre mathematischen Entsprechungen und addieren die Amplituden – immer schön nach »Kochbuch«. Diese Tätigkeit können genausogut Maschinen erledigen. Mit unseren neuen superschlauen Computern haben wir uns sogar an die Berechnung des Terms mit acht extra j s herangewagt. Gegenwärtig präsentieren die Theoretiker die Zahl 1,00115965246 und die Experimentatoren die Zahl 1,00115965221 plus oder minus 4 in der letzten Dezimalstelle. Ein Teil der Unsicherheit beim theoretischen Wert (zirka 4 in der letzten Dezimalstelle) geht auf das Konto des Computers, der die Zahlen abrundet; der größere Teil (zirka 20) auf das Konto von j , dessen Wert nicht exakt bekannt ist. Der Ausdruck für acht extra j s umfaßt zirka zehntausend Diagramme zu je fünfhundert Termen – eine sagenhafte Rechenarbeit –, die momentan im Gang ist.
    In ein paar Jahren, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, wird die Zahl für das magnetische Moment eines Elektrons von Theorie und Experiment um einige weitere Stellen nach dem Komma bereichert werden. Ob die Ergebnisse dann noch übereinstimmen, läßt sich freilich nicht sagen. Das muß die Zeit erweisen.
    Damit hat sich der Kreis geschlossen; wir sind wieder bei der Zahl angelangt, mit der ich Sie zu Beginn dieser Vorlesungen »einschüchtern« wollte. Ich hoffe, Sie begreifen jetzt besser, welche Bedeutung ihr gewissermaßen als Beglaubigungsschreiben der seltsamen Theorie der Quantenelektrodynamik zukommt, die sich bis zu einem so außerordentlichen Grad als korrekt erwiesen hat.
    Wie ich Ihnen in diesen Vorlesungen mit Vergnügen immer wieder demonstrieren konnte, war der Preis für eine solch genaue Theorie die Aushöhlung des gesunden Menschenverstands. Wir müssen uns wohl oder übel damit abfinden, daß sich die Natur in höchst bizarren Verhaltensweisen gefällt: daß sich Wahrscheinlichkeiten erhöhen und aufheben, daß Licht von allen Teilen eines Spiegels reflektiert wird, daß sich Licht nicht nur geradlinig ausbreitet, daß sich Photonen schneller oder langsamer bewegen als mit der herkömmlichen Lichtgeschwindigkeit, daß Elektronen in der Zeit zurücklaufen können, daß Photonen in ein Positron-Elektron-Paar zerfallen und so fort. Nur so können wir einen Blick hinter die Kulissen werfen und erahnen, was in den meisten Fällen wirklich vor sich geht.
    Zu all diesen Phänomenen habe ich Ihnen, die technischen Einzelheiten der Polarisation einmal ausgeklammert, den Schlüssel geliefert. Wir zeichnen Amplituden für jede Möglichkeit, wie ein Ereignis eintreten kann, addieren sie, wo wir unter gewöhnlichen Umständen Wahrscheinlichkeiten addieren würden und multiplizieren sie dort, wo wir Wahrscheinlichkeiten multipliziert hätten. Vielleicht ist es anfangs nicht ganz einfach, in so abstrakten Begriffen wie Amplituden zu denken, aber mit der Zeit wird auch diese sonderbare Sprache geläufig. Hinter so vielen Phänomenen des Alltags stecken nur drei Grundvorgänge: Der eine läßt sich durch die einfache Kopplungszahl j beschreiben; die beiden anderen durch die Funktionen P(A nach B) und E(A nach B), die eng miteinander in Beziehung stehen. Damit haben wir das ganze Geheimnis, aus dem sich alle übrigen Gesetze der Physik ableiten lassen.
    Ehe ich jedoch zum Ende dieser Vorlesung komme, möchte ich, um etwaiges Unbehagen Ihrerseits auszuräumen, noch ein paar Worte zu der von mir ausgeklammerten Polarisation sagen, einem im Grunde nur technischen Detail, das für das Verständnis von Geist und Charakter der Quantenelektrodynamik keineswegs zwingend ist. Photonen treten, wie die Physiker herausgefunden haben, in vier verschiedenen Spielarten oder Polarisationen auf, die geometrisch mit den Richtungen von Raum und Zeit verknüpft sind. So gibt es
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