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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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schlugen vollständig fehl: Sämtliche Vorhersagen erwiesen sich als falsch. (Übrigens entstand um diese Zeit herum auch die Ihnen allen als große Revolution in der Physik bekannte Relativitätstheorie. Gegenüber der Entdeckung aber, daß die Newtonschen Gesetze der Bewegung bei den Atomen nicht greifen, bedeutete die Relativitätstheorie nur eine untergeordnete Modifikation.)
    Einen Ersatz für die Newtonschen Gesetze zu erarbeiten, war aufgrund der ganz befremdlichen Erscheinungen in den Atomen ein langwieriges Unterfangen. Um die Vorgänge auf atomarer Ebene verstehen zu können, mußte man erst einmal den »gesunden Menschenverstand« über Bord werfen. 1926 schließlich wurde eine solche, nicht auf dem gesunden Menschenverstand fußende Theorie entwickelt, mit der sich das »gänzlich andersartige Verhalten« der Elektronen in der Materie erklären ließ. Diese Theorie mutete zwar blödsinnig an, war es aber nicht. Sie erhielt den Namen Quantenmechanik, der bereits durch das Wörtchen »Quant« den sonderbaren, dem gesunden Menschenverstand gegen den Strich gehenden Aspekt der Natur andeutet. Über eben diesen Aspekt wollen wir uns im folgenden unterhalten.
    Die Quantentheorie erklärte darüber hinaus alle möglichen Details, etwa warum sich ein Sauerstoffatom mit zwei Wasserstoffatomen zu Wasser verbindet, und so weiter. Auf diese Weise lieferte sie die hinter der Chemie stehende Theorie. Anders ausgedrückt, die Grundlagen der theoretischen Chemie gehören in Wirklichkeit zur Physik.
    Da die Quantentheorie die gesamte Chemie und die verschiedenen Eigenschaften der Substanzen erklären konnte, schlug sie wie eine Bombe ein. Nach wie vor ungelöst allerdings blieb das Problem der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Das heißt, Maxwells Theorie des Elektromagnetismus mußte abgeändert und den neuentwickelten Prinzipien der Quantenmechanik angepaßt werden. So entstand 1929 aus der Zusammenarbeit einer Reihe von Physikern eine neue Theorie, die Quantentheorie der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie, der man den schrecklichen Namen »Quantenelektrodynamik« gab.
    Aber die Theorie hatte ihre Mucken. Wohl ergaben sich bei groben Berechnungen durchaus vernünftige Antworten. Bei genaueren Berechnungen dagegen stellte sich heraus, daß die zu den groben Resultaten hinzukommenden Korrekturen (zum Beispiel das nächste Glied in einer Reihenentwicklung) entgegen allen Erwartungen nicht etwa klein waren, daß dieser Term vielmehr sehr groß ausfiel – nämlich unendlich war! So zeigte sich, daß sich jenseits einer gewissen Genauigkeit nichts mehr wirklich berechnen ließ.
    Übrigens Vorsicht! Der kurze historische Überblick entstammt der Feder eines Physikers. Das heißt, er folgt dem mittlerweile allgemein approbierten Mythos, den die Physiker ihren Studenten und diese wiederum ihren Studenten erzählen und hält sich nicht unbedingt an die wirkliche historische Entwicklung, mit der ich gar nicht vertraut bin.
    Jedenfalls stellte, um mit dem Geschichtsmythos fortzufahren, Paul Dirac mit Hilfe der Relativitätstheorie eine relativistische Elektronentheorie auf, ohne die Wechselwirkung des Elektrons mit dem Licht zu berücksichtigen. Nach dieser Theorie eignet dem Elektron ein magnetisches Moment, so etwas wie die Kraft eines kleinen Magneten, und zwar eine Kraft von genau 1 in bestimmten Einheiten. Um 1948 zeigten dann Experimente, daß die wirkliche Zahl näher bei 1,00118 lag (mit einer Unsicherheit von 3 in der letzten Dezimalstelle). Natürlich wußte man, daß Elektronen mit Licht wechselwirken, und erwartete von daher eine geringfügige Korrektur (zum Wert von Dirac). Außerdem erwartete man sich von der inzwischen begründeten neuen Theorie der Quantenelektrodynamik eine Erklärung dieser Korrektur. Als man sich dann ans Rechnen machte, erhielt man jedoch keineswegs die Zahl 1,00118, sondern unendlich – was, wie die Experimente zeigen, falsch ist!
    Um 1948 herum lösten dann Julian Schwinger, Sin-Itiro Tomonaga und ich das Problem, wie man den Dingen in der Quantenelektrodynamik mit Zahlen zu Leibe rückt. Als erster berechnete Schwinger diese Korrektur mit Hilfe eines neuen »Spielchens«* [* Feynman verwendet den Begriff Shell-game : ein trickreiches Mogelspiel. Durch geschickte Taschenspielerstreiche mit Muscheln, Bällen oder Erbsen hat das Opfer nicht die geringste Chance zu gewinnen. (Anm. d. Red.)]. Er kam auf den theoretischen Wert von 1,00116 und damit nahe genug an das experimentelle
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