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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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Ergebnis, um erkennen zu lassen, daß wir auf dem richtigen Weg waren. Endlich hatten wir eine Quantentheorie des Elektromagnetismus, die sich in Zahlen fassen ließ! Und diese Theorie werde ich Ihnen im folgenden beschreiben.
    Mittlerweile hat sich die Theorie der Quantenelektrodynamik mehr als fünfzig Jahre lang gehalten und ist über einen immer größeren Anwendungsbereich auf immer größere Genauigkeit getestet worden. Und so kann ich heute die stolze Behauptung wagen, daß zwischen Experiment und Theorie kein signifikanter Unterschied mehr besteht!
    Damit Sie sich eine Vorstellung davon machen können, wie die Theorie durch die Mangel gedreht wurde, möchte ich ein paar Zahlen aus jüngster Zeit anführen: Den Experimenten nach liegt Diracs Zahl bei 1,00115965221 (mit einer Unsicherheit von rund 4 in der letzten Dezimalstelle), der Theorie nach bei 1,00115965246 (mit einer rund fünfmal so großen Unsicherheit). Das bedeutet, um diese Zahlen etwas anschaulicher für Sie zu machen, etwa, daß Sie die Entfernung von Los Angeles nach New York bis auf Haaresbreite genau messen können. Einen solchen Grad an Genauigkeit haben die Experimente in den letzten fünfzig Jahren erreicht, und die Theorie der Quantenelektrodynamik hat Schritt gehalten. Im übrigen habe ich nur eine aus einer ganzen Reihe ähnlich genauer und ebenso gut übereinstimmender Zahlen herausgegriffen. Die Tests erstreckten sich über Entfernungen von der hundertfachen Größe der Erde bis zum hundertsten Teil der Größe eines Atomkerns. Diese Zahlen sollen Sie einschüchtern und glauben machen, daß die Theorie vielleicht in der Tat nicht allzu weit daneben liegt! In einer späteren Vorlesung beschreibe ich Ihnen, wie diese Rechnungen durchgeführt werden.
    Und noch mit etwas anderem möchte ich Eindruck schinden: mit den Unmengen von Erscheinungen, die die Theorie der Quantenelektrodynamik beschreibt. Es ist einfacher, die Sache andersherum zu formulieren: Die Theorie beschreibt alle Phänomene der physikalischen Welt mit Ausnahme der Wirkung der Gravitation, die Sie auf Ihren Sitzen festhält (hier und jetzt handelt es sich um eine Mischung aus Schwerkraft und Höflichkeit, denke ich), sowie der radioaktiven Erscheinungen bei der Veränderung des Energiezustandes von Atomkernen. Was also bleibt, wenn wir die Gravitation und die Radioaktivität (richtiger, die Kernphysik) ausklammern? Benzin, das in Automobilen verbrannt wird, Schaum und Blasen, die Härte von Salz oder Kupfer, die Festigkeit von Stahl. Selbst die Biologen sind bestrebt, das Leben so weit wie irgend möglich mit Hilfe der Chemie zu deuten, und die der Chemie zugrunde liegende Theorie ist, wie schon gesagt, die Quantenelektrodynamik.
    Eins muß ich klarstellen: Wenn ich behaupte, daß sich alle Phänomene der physikalischen Welt mit dieser Theorie erklären lassen, so nehme ich den Mund etwas voll. Bei den meisten uns vertrauten Erscheinungen ist eine so gewaltige Zahl Elektronen im Spiel, daß unser armer kleiner Verstand Mühe hat, dieser Vielfalt zu folgen. In solchen Situationen können wir mit Hilfe der Theorie ungefähr angeben, was passieren sollte und was dann unter diesen Umständen auch in etwa passiert. Stellen wir dagegen im Labor ein Experiment mit nur wenigen Elektronen unter einfachen Bedingungen zusammen, können wir mit großer Genauigkeit berechnen, was eintreten wird, und können das mit ebenso großer Genauigkeit messen. Bei allen Experimenten dieser Art bewährt sich die Quantentheorie der Elektrodynamik in der Tat vorzüglich.
    Wir Physiker liegen ständig auf der Lauer, um herauszufinden, ob an der Theorie irgendwas nicht stimmt. Findet sich irgendwo nur der kleinste Haken, heißt es aufgepaßt! Bis jetzt aber konnten wir der Theorie der Quantenelektrodynamik nicht das Geringste anhängen, weshalb ich nicht anstehe, sie das Juwel der Physik, unseren ganzen Stolz, zu nennen.
    Außerdem ist die Theorie der Quantenelektrodynamik der Prototyp für neue Theorien, die Kernphänomene, also das, was im Atomkern vor sich geht, zu erklären versuchen. Stellen wir uns die physische Welt als Bühne vor, so treten nicht nur Elektronen auf, die sich außerhalb des Atomkerns befinden, sondern auch Quarks und Gluonen und so fort – Dutzende verschiedener Teilchen – im Kern selbst. Und all diese »Schauspieler« agieren, obwohl sie sich deutlich voneinander unterscheiden, doch in einem ganz bestimmten Stil, einem befremdlichen, sehr eigenen Stil, dem »Quantenstil«.
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