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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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zurückgeworfen werden, während die restlichen 96 Prozent durchgelassen werden. Und damit fangen unsere Schwierigkeiten bereits an: Wie ist es überhaupt möglich, daß Licht nur teilweise reflektiert wird? Das eine Photon landet in A, das andere in B – wie »entscheidet« es sich, wohin es will? (Die Hörer lachen.) Das mag wie ein Witz klingen, aber mit Lachen allein ist es nicht getan. Wir brauchen eine Theorie, mit der wir diese äußerst geheimnisvolle partielle Reflexion, die schon Newton sehr zu schaffen machte, erklären können.
    Auf den ersten Blick scheinen sich sogar mehrere Theorien anzubieten. Etwa die, daß die Oberfläche des Glases zu 96 Prozent aus »Löchern« besteht, die das Licht durchlassen, und nur zu 4 Prozent aus kleinen »Klümpchen« reflektierenden Materials (vgl. Abb. 3). Aber diese Erklärung führt zu nichts, wie bereits Newton feststellte. 1 Wir werden gleich auf einen so seltsamen Aspekt der partiellen Reflexion stoßen, daß wir verrückt würden, wollten wir an der »Löcherthese« – oder irgendeiner anderen vernünftigen Theorie festhalten!

     
    Eine andere Theorie nimmt eine Art inneren Mechanismus der Photonen an – »Räder« und »Getriebe«, die sich irgendwie drehen –, so daß ein Photon, wenn es nur richtig »gezielt« wird, durch das Glas hindurchgelangt, andernfalls aber reflektiert wird. Um diese Theorie zu überprüfen, brauchen wir bloß die nicht richtig gezielten Photonen herauszufiltern, indem wir ein paar zusätzliche Glasschichten zwischen die Lichtquelle und die erste Glasscheibe schieben. Jetzt müßten alle Photonen, die die Filter passiert haben und auf unser Glas auftreffen, richtig gezielt sein, mithin dürften keine Photonen mehr reflektiert werden. Gerade das aber tritt nicht ein. Selbst wenn wir eine ganze Reihe Glasfilter dazwischen geschoben haben, werden 4 Prozent der auf unsere Oberfläche auftreffenden Photonen zurückgeworfen.
    So sehr wir uns auch um eine vernünftige Theorie bemühen, die uns begreiflich machen könnte, wie ein Photon sich »entschließt«, ob es das Glas passieren oder abprallen will – den Weg eines bestimmten Photons vorherzusagen, erweist sich als unmöglich. Von Philosophen wurde die Behauptung aufgestellt, daß, wenn die gleichen Umstände nicht immer zu den gleichen Resultaten führen, Vorhersagen unmöglich sind, was das Ende der Naturwissenschaften bedeuten müßte. In unserem Falle führt ein Umstand – identische Photonen, die stets in derselben Richtung auf dieselbe Glasscheibe auftreffen – zu unterschiedlichen Resultaten. Wir können nicht vorhersagen, ob ein bestimmtes Photon in A oder B anlangen wird. Wir können einzig voraussagen, daß von 100 Photonen, die auf dem Glas landen, durchschnittlich 4 an der Oberfläche reflektiert werden. Heißt das nun, daß die Physik, eine Wissenschaft von großer Genauigkeit, sich damit zufriedengeben muß, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses zu berechnen, und außerstande ist, genau vorherzusagen, was passieren wird? Ja, das heißt es. Ein Rückzug, zweifellos, aber so ist es nun einmal: Die Natur gestattet uns lediglich, Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Das Ende der Naturwissenschaften aber bedeutet das durchaus nicht.
    Stellt schon die partielle Reflexion an einer einzigen Grenzfläche ein tiefes Geheimnis und ein schwieriges Problem dar, so ist die partielle Reflexion an zwei oder mehr Grenzflächen vollends dazu angetan, uns ganz und gar kopfscheu zu machen. Um Ihnen zu zeigen, warum, werden wir in einem zweiten Experiment die partielle Reflexion des Lichts an zwei Grenzflächen messen. Anstelle des Glasblocks nehmen wir diesmal eine dünne Glasscheibe mit einander genau parallel laufender Vorder- und Rückseite. Den Photoelektronen-Vervielfacher in B plazieren wir in einer Linie mit der Lichtquelle unter der Glasscheibe. Bei dieser Versuchsanordnung können die Photonen entweder an der Vorder- oder an der Rückseite zurückgeworfen werden. In beiden Fällen jedoch landen sie in A, wohingegen die übrigen auf den Photo-Multiplier in B auftreffen werden (vgl. Abb. 4). Nun könnten wir erwarten, daß die obere Grenzfläche 4 Prozent des Lichts reflektiert und die untere 4 Prozent der restlichen 96 Prozent zurückwirft, so daß in A also insgesamt rund 8 Prozent eintreffen oder anders gesagt, 8 von je 100 Photonen, die die Lichtquelle verlassen.

     
    Sehen wir uns die Vorgänge unter den sorgfältig kontrollierten
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