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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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Reihe praktischer Auswirkungen. Die Photonen bevorzugen, um es einmal so zu formulieren, immer den gleichen »Zustand« (der Weg, die Amplitude, einen zu finden, variiert im Raum). Die Chance, daß ein Atom ein Photon emittiert, erhöht sich, wenn bereits einige Photonen vorhanden sind (und zwar in einem Zustand, damit das Atom emittieren kann). Dieses Phänomen der »induzierten Emission« wurde von Einstein entdeckt, als er durch sein Photonmodell des Lichts den Startschuß für die Quantentheorie gab. Es ist auch die Grundlage, auf der Laser arbeiten.
    Führten wir denselben Vergleich mit unseren künstlichen, spinlosen Elektronen durch, würde genau dasselbe geschehen. In der wirklichen Welt aber, in der die Elektronen polarisiert sind, geschieht etwas ganz anderes: Die beiden Pfeile E(1 nach 3) x E(2 nach 4) und E(1 nach 4) x E(2 nach 3) werden subtrahiert – das heißt, einer von ihnen wird um 180° gedreht, ehe sie addiert werden. Fallen die Punkte 3 und 4 in einem Punkt zusammen, haben die beiden Pfeile sowohl die gleiche Länge als auch die gleiche Richtung und heben einander auf, wenn sie subtrahiert werden (vgl. Abb. 72). Das heißt, Elektronen zeigen im Gegensatz zu Photonen nicht nur keine Neigung, sich zum selben Ort zu begeben, sondern meiden einander sogar wie die Pest. Elektronen mit derselben Polarisation halten es – so das »Ausschließungsprinzip« – um keinen Preis der Welt am selben Punkt in der Raumzeit miteinander aus.

     
    Dieses Ausschließungsprinzip erweist sich als der Grundstein der unerhört vielfältigen chemischen Eigenschaften der Atome. Ein von einem Elektron umtanztes Proton, das mit diesem Photonen austauscht, heißt Wasserstoffatom. Zwei Protonen, die mit zwei (in entgegengesetzter Richtung polarisierten) Elektronen Photonen austauschen, heißen Heliumatom – eine etwas komplizierte Art zu zählen, die sich die Chemiker da zugelegt haben: Statt »eins, zwei, drei, vier, fünf Protonen« sagen sie lieber »Wasserstoff, Helium, Lithium, Beryllium, Bor«.
    Den Elektronen stehen nur zwei Polarisationszustände zur Verfügung. Deshalb ist bei einem Atom mit drei Protonen im Kern; das mit drei Elektronen Photonen austauscht – ein Zustand, der als Lithiumatom bezeichnet wird –, das dritte Elektron weiter vom Kern entfernt als die beiden anderen (die den nächsten verfügbaren Raum unter sich aufteilen) und unterhält einen weniger regen Photonenaustausch. Das hat zur Folge, daß sich dieses Elektron unter dem Einfluß von Photonen anderer Atome leichter vom eigenen Atomkern losreißt. Befindet sich eine große Menge solcher Atome auf engem Raum beieinander, verlieren sie leicht ihr vereinzeltes drittes Elektron, und es bildet sich ein See von Elektronen, der von Atom zu Atom schwimmt. Dieser Elektronensee reagiert auf jede noch so kleine elektrische Kraft (Photonen), es wird ein Strom von Elektronen erzeugt – oder anders ausgedrückt, Lithiummetall leitet elektrischen Strom. Wasserstoff- und Heliumatome dagegen verlieren ihre Elektronen nicht an andere Atome und zählen deshalb zu den »Isolatoren«.
    Sämtliche Atome der mehr als hundert verschiedenen Arten bestehen aus einer bestimmten Anzahl Protonen, die mit derselben Anzahl Elektronen Photonen austauschen. Ihre Struktur, das heißt die Anordnung der einzelnen Bestandteile, ist kompliziert und eröffnet eine unerhörte Vielfalt von Eigenschaften: einige bilden Metalle, andere Isolatoren, einige Gase, andere Kristalle; es gibt weiche Objekte und harte, farbige Dinge und durchsichtige – das Ausschließungsprinzip und die unermüdliche Wiederholung der drei äußerst einfachen Prozesse P(A nach B), E(A nach B) und j sorgen mit ihrer gewaltigen Fülle von Möglichkeiten für genügend Aufregung und Abwechslung. (Wären die Elektronen in der Welt nicht polarisiert, besäßen die Atome allesamt recht ähnliche Eigenschaften: Die Elektronen würden sich samt und sonders in der Nähe ihres eigenen Atomkerns zusammenballen und zeigten wenig Neigung, sich von anderen Atomen zu chemischen Reaktionen verleiten zu lassen.)
    Nun fragen Sie sich vielleicht, wie so einfache Vorgänge eine derartig komplexe Welt schaffen können. Die Antwort lautet schlicht, weil die Phänomene, die wir in der Welt beobachten, das Ergebnis einer unabsehbaren Verflechtung unzähliger Photonenaustausch- und Interferenzprozesse sind. Die Kenntnis der drei Grundvorgänge ist nur ein ganz bescheidener erster Schritt zur Analyse einer wirklichen
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