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Purzelbaum

Purzelbaum

Titel: Purzelbaum
Autoren: Selma Stephenson
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zum Stillstand gekommen ist, öffnet sich die Schiebetüre auf der rechten Seite und Lisa hüpft ganz aufgeregt heraus. Sie schnappt sich grußlos meinen Koffer, und wuchtet ihn auf die anderen im Kofferraum. Wie bei einer Entführung zerren mich die Mädels ins Auto hinein.
    Jetzt kennen wir uns alle schon so lange, aber es ist heute das erste Mal, dass wir alle gemeinsam wegfahren. Dementsprechend groß ist die Aufregung.
    Biene sitzt am Steuer und Carmen hat sich als Reiseleiterin den Copiloten-Sitz gekrallt. Im hinteren Teil des Kleinbusses lässt es sich aber auch gut aushalten, denn dort gibt es vier drehbare Ledersitze die um einen fix montierten Tisch angeordnet sind. Ich lasse mich in einen der hinteren Sitze fallen und stelle fest, dass ich niemals in einem Auto so bequem gesessen bin. So ähnlich muss es sich anfühlen, wenn man auf einem Interkontinentalflug einen First Class Platz bucht, statt zusammengefaltet in der Holzklasse zu sitzen.
    Mir gegenüber dreht sich Caro mit ihrem Sitz hin und her und neben ihr hat Julia es sich bereits bequem gemacht, indem sie ihre warmen Stiefel ausgezogen und ihre Beine auf dem breiten Sitz hochgezogen hat. Lisa steigt gerade wieder ein, nachdem sie meinen Koffer verstaut hat, setzt sich neben mich und ruft laut, »Alle an Bord! Wir können ablegen.« Obwohl sie wirklich laut rief, hörte man ihre Stimme kaum, da Carmen in voller Lautstärke Bon Jovi aus der Stereoanlage dröhnen lässt. Biene hat es aber dann doch irgendwie mitbekommen, und schließt durch einen Knopfdruck die Schiebetüre. »Cooles Auto! Danke, dass du so einen verspielten Typen geheiratet hast, Biene!«, schreie ich nach vorne.
    Biene und Julia sind die Einzigen von uns, die es in den Hafen der Ehe geschafft haben, aber bei Julia sieht es im Moment nicht besonders gut aus. Sie ist vor einigen Wochen dahinter gekommen, dass ihr Mann eine Affäre hat, und bereitet sich seit dem akribisch auf die Scheidung vor. Ich Mann hat davon allerdings noch keine Ahnung. Er denkt bis heute, dass er es schlau genug eingefädelt hat, und Julia keinen Verdacht schöpfen würde. Sie hingegen hat bereits eine dicke Mappe angelegt in der sie alle Schritte haarklein festgehalten hat, mit denen sie ihrem Mann die Hosen ausziehen wird.
    Bienes Mann hingegen ist treu, liebevoll und mit seinem Comic-Store recht erfolgreich. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, um die er sich die nächsten Tage alleine kümmert. „Fahr ruhig mit den Mädels weg, ich mach das schon mit den Kids“, hat er zu ihr gesagt, als sie mit ihm über den Kurztrip sprach. Und Caro hat klarerweise vor in nächster Zeit ihren Verlobten zu heiraten, sonst würden wir jetzt nicht gemeinsam in diesem Wagen sitzen.
    Lisa, Carmen und ich sind frei, zumindest was die Männer betrifft. Wobei ich es bis jetzt so ziemlich am Längsten ohne Mann ausgehalten habe. Ab und zu würde ich mir jemanden wünschen, mit dem ich kuscheln könnte. Einen der sich meine Probleme anhört, ohne gleich unzählige Lösungen parat zu haben. »Schneeflöckchen« schallt Carmens Stimme aus den Lautsprechern, und mein verdutztes Gesicht verrät, dass ich weder damit gerechnet hätte, dass dieses Auto über eine Intercom-Anlage verfügen würde, noch dass ich wüsste was sie damit eigentlich meint. Carmen reicht einen Korb nach hinten in dem neben einer Thermosflasche, sechs Schnapsgläsern und einer Dose Sprühsahne noch ein Kakaostreuer und eine Menge kurz abgeschnittener Strohhalme sind. Caro schnappt sich den Korb und stellt den Inhalt vor uns auf den Tisch. Sie öffnet die Thermosflasche und beginnt dampfenden Eierlikör auf die Schnapsgläser zu verteilen. »Dich lassen wir bei dieser Runde mal aus, ok?«, wendet sich Caro an Biene, die als Fahrerin besser nüchtern bleiben sollte. In die fünf Gläser mit Eierlikör sprüht sie noch ein Sahnehäubchen und staubt ein wenig Kakao darüber. Nachdem sie jeweils ein kleines Strohröhrchen hineingesteckt hat, verteilt sie die erste Runde.
    Mit einem »Hoch lebe die Braut!«, machen wir uns über unsere kleinen Shots her. »Lecker, davon kann ich noch ein paar mehr vertragen.«, meint Julia, und leckt danach die Reste des Eierlikörs aus ihrem Glas. Der süße, warme Likör ist leicht scharf im Abgang. Ich muss sagen, dass die Kombination aus heißem Eierlikör mit Sahne meinen Geschmack voll trifft. Allerdings glaube ich, dass nach ein paar Gläsern neben meine Geschmack auch mein Sprachzentrum getroffen sein wird. Kaum habe ich mein
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