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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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und die Luft hier unten enthielt doch noch eine Spur der Glastraumnebel. »Was passiert, wenn die Kjer-Armeen durch den Riss treten?«
    »Der Nebelsee verbirgt ein altes Tor. Das Portal auf dem Grund der Fluten führt geradewegs in einen Vulkankrater mit kochendem Gestein und tödlichen Dämpfen.«
    »Unsinn. Wer sollte ein solches Tor errichten und warum?«
    »Sarrakhan selbst hat es getan, für den Fall, dass seine Feinde ihm folgen würden.«
    »Woher wollt ausgerechnet Ihr das wissen?«
    »Rhonda weiß es.«
    Santino drückte die Klinge ein Stück herunter, bis Blut aus dem feinen Schnitt trat.
    »Ihr könnt mich töten«, krächzte Felím, »aber es ändert nichts. Ich dachte, Ihr wolltet selbst die Vernichtung der Kjer?«
    »Aber nicht um den Preis, diese Welt zu zerstören.« Santino musterte über den Grafen hinweg die Wand mit den fauchenden Akeleien, weil er die fanatischen schwarzen Augen nicht länger ertragen konnte. Schaudern überfiel ihn, wenn er daran dachte, dass dieser Mann nichts anderes als Rhondas Werkzeug war, und dass er selbst ebenso hätte enden können, hätte sie ihn nicht zuvor verkauft. »Euer Plan ist Wahnsinn. Dieses Tor, von dem Ihr redet – wenn ihr es aufstoßt, zerbrecht ihr die Welt. Da-mit Euer Plan funktioniert, müsst Ihr eine Kluft ins Gewebe reißen, die quer durch den ganzen See läuft. Die Sphäre ist bereits geschwächt durch den Riss der Verschlingerinnen. Noch eine Wunde dieser Größe, und die Hülle zerbricht. Und selbst wenn nicht, dann ergießen sich trotzdem die Fluten des gesamten Nebelsees in diesen Vulkan. Die Explosion wird so gewaltig sein, dass sie alles diesseits und jenseits des Tors in Stücke reißt.«
    »Und die Legionen der Kjer werden restlos vernichtet. Stellt Euch vor, welche Erleichterung es für all die anderen Welten bedeutet, die die Kjer jetzt fürchten müssen. Wir opfern eine Welt für das Wohl von tausenden.«
    »Nein.« Santino schüttelte den Kopf. Trauer sickerte in seine Wut. Trauer um das, was er mit Rhonda geteilt und was er verloren hatte. Und Furcht, dass sie auch ihn von Anfang an benutzt hatte. Er musste sie finden und sie danach fragen. Irgendwann, wenn das hier überstanden wäre. Es gelang ihm nicht einmal, Felím zu hassen, obwohl er das so gern wollte. »Es muss einen anderen Weg geben.«
    Eine Akelei stieß auf ihn zu, eine riesige Blüte, deren Ranken weiter reichten als die ihrer Schwestern. Der Angriff traf ihn unerwartet, ebenso wie die Säure, die ihm die Brust benetzte. Er zuckte zurück. Die schwarze Klinge löste sich von Felíms Kehle. Geistesgegenwärtig bäumte Felím sich auf und stieß ihn von sich fort. Der Graf rollte zur Seite und trat nach Santino, erwischte ihn am Knie. Mit einem Keuchen knickte Santino ein. Die Blüte kroch zischend über den Boden. Santino raffte sich wieder auf, hackte die Akelei mit dem Schwert mitten entzwei und stürzte Felím nach. Wasser spritzte. Er griff nach ihm, doch unvermittelt ging ein Grollen durch den Boden, ein Ruck, der sie beide schwanken ließ. Ein schreckliches Knacken und Brechen. Im Bruchteil einer Sekunde erkannte Santino den Trichter, der sich im Zentrum des Teichs bildete. Er sprang zurück zur Wand, zu den tödlichen Blumen. Säure streifte seine Schultern und seinen Oberarm. Der Boden senkte sich. Felím brüllte etwas Unverständliches, während er in einer Wolke aus Wasserfluten und brechendem Gestein verschwand.
    Als sich der Staub legte, klaffte ein schwarzes Maul im Boden, das mit seinen gezackten Rändern bis fast an die Wände reichte. Das Wasser war verschwunden. Santino starrte zu der einzigen Stelle an der anderen Seite der Höhle, wo keine Akeleien an der Wand wuchsen und stattdessen eine Strickleiter herabhing. Felíms Aufstieg, wann immer er vom Füttern der Akeleien zurückkehren wollte.
    Bis auf das Tropfen und das Zischeln der Akeleien herrschte Stille in der Höhle. Kein Laut mehr von Felím, der wer weiß wie tief in dieses Loch gestürzt war. Vermutlich hatte er sich das Genick gebrochen.
    Santino wartete noch einen Moment länger, dann tastete er sich hinüber zur Leiter. Der Fels unter seinen Füßen knirschte, und die Akeleien schnappten nach ihm, doch er erreichte unbeschadet sein Ziel. Mit einem Seufzer musterte er die gerötete Haut unter seinem Armreif. Es half ja nichts. Er schloss die Augen, um genügend Konzentration aufzubringen. Er zog am Gewebe, an seinen Reserven, an dem kümmerlichen Rest Energie, der im Armreif verblieben war. Es
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