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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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fühlte sich an, als verbrennte er einen Teil seines Selbst, um den Zauber zu komplettieren. Seine Vision schwankte. Doch nur für einen Moment. Dann entlud sich sein Wille in die Feuerwand, die in die Akeleien krachte und mit einem gewaltigen Brüllen die Blüten verzehrte. Der Gluthauch nahm ihm den Atem. Seine Finger verloren jedes Gefühl. Die Schmerzen im Handgelenk zwangen ihn fast in die Knie. Binnen Sekunden füllte der Krater sich mit Qualm und giftigen Dämpfen. Santino langte nach den Sprossen und begann zu klettern. Oben angelangt, bückte er sich nach dem Shirt, das in einer Pfütze lag, und wand es sich wieder um Mund und Nase.
    Dann machte er sich auf, die übrigen Löcher zu erkunden.
    Es gab drei weitere Nester, die er ausrotten musste, und die Zeit lief ihm davon.
    Es dauerte einige Zeit, bis er sie gefunden hatte. Doch als sie dann alle in Flammen standen, alle vier, hatte das Innere der großen Höhle sich in eine unerträgliche Hölle aus Hitze, Rauch und tückischer Süße verwandelt. Die Flammen, angefacht mit Magie und befeuert vom Gift der Akeleien, brannten heißer als gewöhnliche Feuer und brachten die Glasstatuen zum Schmelzen.
    Atmen war ein Ding der Unmöglichkeit. Die Scherben vom Arm des kristallisierten Mädchens schmolzen zu kleinen Pfützen. Halb taumelte, halb kroch Santino zwischen den brodelnden Löchern hindurch zum anderen Ende der Höhle, wo der Boden zu einer Treppe anstieg und ein Wasserfall von Sonnenlicht den Qualm durchdrang.
    Hustend kam er auf die Füße, rannte die uralten Stufen hinauf, glitt auf den Mooskissen aus und fing sich wieder. Seine Lungen brüllten nach Luft. Er stürmte weiter, folgte den Windungen des Korridors und konnte schließlich nicht mehr anders, als tief nach Atem zu schnappen. Zum Glück hatte die Wirkung des Glastraumnebels sich hier oben verloren. Er riss sich den Stoff vom Gesicht und lehnte sich gegen die Wand. Die Kopfschmerzen brachten ihn fast um, aber sein Geist war klar. Keine Visionen von Seidenfingern oder pflaumenfarbenem Haar mehr, die ihn zu Boden zogen. Nur müde war er. Furchtbar müde. So müde, dass selbst die Schmerzen in den vielen Wunden zu einem fernen Echo verhallten.
    Er setzte sich wieder in Bewegung, langsamer nun, und streifte mit den Fingern an den Felswänden entlang. Feuchtigkeit rieselte ihm über die Hand und kühlte die Brandwunden unter dem Armreif. Er tastete über Moos und Flechten, zerbröselte losen Sand. Aus der Ferne hörte er Rauschen. Das Pochen in seiner Schulter ließ nicht nach. In Wellen lief es durch seinen ganzen Körper und bereitete ihm Übelkeit. Er wusste nicht, was Felím ihm angetan hatte, unten im Kerker, und eine namenlose Furcht kroch in ihm hoch, wenn er darüber nachdachte. Es wuchs etwas in seinem Fleisch heran, das den Imperator töten konnte. Was immer es war, er bezweifelte, dass er selbst dabei mit dem Leben davonkommen würde. Diese Art magischer Fallen zerstörte ihren Wirt bei der Explosion, oder zehrte von seiner Lebensenergie, bis nichts mehr von ihm übrig war. Er musste einen Heiler finden, der sich mit solchen Dingen auskannte. Ein bitteres Lachen stieg seine Kehle hoch. Das war leichter gesagt als getan.
    Und Rhonda wollte nicht aus seinem Kopf verschwinden. Obwohl er sie doch hassen sollte, verspürte er eine solche Sehnsucht nach ihr, dass sich ihm die Brust zusammenzog. Wie konnte er hassen, was er zuvor verzweifelt geliebt hatte? Rhonda war kein schlechter Mensch. Sie war nur eine Frau, die der Schmerz in den Wahnsinn getrieben hatte und die glaubte, dass Rache ihre Wunden heilen könnte. Er sehnte sich danach, neben ihr zu liegen, auf kühlen Laken, seine Hand in ihrem pflaumenfarbenen Haar zu vergraben und über ihre gemeinsamen Träume zu reden, ihre Sehnsüchte. Ihr zu sagen, dass es andere Wege gab und dass ihre Rache es nicht wert war, ein ganzes Volk zu opfern und diese Welt, die so schön wie ein Wunder war. Sein Gesicht in ihren duftenden Nacken gepresst, wollte er schwören, dass er ihr helfen würde, ihren Schmerz zu überwinden. Er wollte ihr von Marielle erzählen und von Marielles stolzem Vater Eoghan, der sein Volk liebte. Vor allem aber von Ken, der auch ein Wunder war, obwohl der Junge noch nicht ahnte, welches Potenzial in ihm steckte. Von Ken musste sie erfahren, der alles ändern konnte, wenn man ihn nur lehrte, seine Fähigkeiten zu gebrauchen.
    Santino blieb mit dem Fuß an einem Stück Fels hängen und stürzte auf ein Knie. Fluchend richtete er
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