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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Fehler. Funk pfiff kurz. »Neunelfer Cabrio?«
    Böhle nickte zufrieden. Dieser Funk war beeindruckt. »Ja. Neunelfer. Natürlich in rot. Habe ihn erst seit letztem Herbst und fahre ihn auch im Winter nicht.«
    »Saisonzulassung«, stellte Funk anerkennend fest.
    »Ja. April bis Oktober. Am Montag hatte ich ihn gleich früh zum Kundendienst gegeben. Am Abend bin ich dann, das Wetter war ja schon fast wie im Frühling, so warm, also da bin ich halt mit rumgefahren. Man muss dieses fantastische Wetter ja nutzen. Wer weiß schon, wann und wie lange es dann wieder regnet.«
    Funk zeigte Verständnis. Böhle senkte die Stimme. »Außerdem hatte ich ihn ja nur am Montag.«
    Funk sah ihn fragend an.
    »Na ja. Ich lasse ihn ein wenig aufmotzen. Spur noch etwas breiter, Auspuff, Seitenschweiler und so … ist seit Dienstag wieder in der Werkstatt und nächste Woche fertig.« I
    Funk pfiff anerkennend und fragte: »Schöne Strecken gefunden?«
    Böhle überlegte eine gelungene Streckenführung. Während er erzählte, wo er überall gewesen war, rechnete er grob, ob es mit der Zeit hinkommen könnte. Funk war sehr interessiert, steuerte die eine oder andere Bemerkung über Ortschaften bei, in denen er auch schon gewesen war. Als Böhle schließlich fertig war, wirkte er erleichtert. Dieser Funk saß zufrieden in seinem Sessel und sah auf die Unterlagen auf dem Schreibtisch.
    Dr. Thomas Böhle verstand die Frage zuerst nicht. »Welche Werkstatt?«
    »Werkstatt?«
    »In welcher Werkstatt der Kundendienst erledigt wurde.«
    »Ach so. Im Porschezentrum.«
    »Das Tuning auch?«
    »Klar.«
    »Kennzeichen.«
    »Wie bitte?«
    »Welches Kennzeichen hat Ihr Porsche?«
    Böhle nannte es. »Wozu brauchen Sie das.«
    Funk sah kurz von seinem Notizblock auf und sagte: »Kilometerstand.«
    Böhles Blick machte deutlich, dass er nicht verstanden hatte, worum es ging. Funk erklärte es ihm. »Werkstätten notieren den Kilometerstand. Ich möchte nur überprüfen, ob der Kilometerstand Ihres Porsches mit der wunderbaren Strecke übereinstimmt, die Sie mir gerade genannt haben. Falls nicht, hätten wir ein Problem, oder? Dann hätten Sie mich ja belogen, und dies drängte die Frage auf, weshalb – und wo Sie dann wirklich gewesen waren?«
    Dr. Thomas Böhle wurde bleich. Und gleich darauf erschrak er, denn die Tür hinter ihm öffnete sich, ohne dass jemand es für erforderlich gehalten hätte, anzuklopfen. Ein untersetzter, grimmig dreinschauender Mann mit kurzen, dicken Armen kam herein und setzte sich auf einen der zwei gepolsterten Stühle rechts an der Wand. Dieser Funk schien das gar nicht wahrzunehmen. Er wirkte zunehmend ungehalten und warf einen Packen Papier auf den Schreibtisch.
    »Der Abschlussbericht, den Ottmar Kinker da verfasst hat, wirft kein gutes Licht auf die Aureum-Immobilien, Herr Dr. Böhle, wirklich kein gutes Licht. Ich hoffe, Ihr Alibi passt, denn man könnte in dem, was sich in Kinkers Bericht findet, durchaus Anlagen für ein Motiv sehen.«
    Dr. Thomas Böhle schwieg. Er presste die Lippen zusammen und überlegte. Es hatte gar keinen Sinn, den beiden zu sagen, dass sie vorsichtig sein sollten, mit wem sie sich gerade anlegten. Es hatte im Moment keinen Sinn zu drohen. Dr. Thomas Böhle handelte intuitiv. Es war die Intuition der erfolgreich Mittelmäßigen, die in der Lage waren, in Augenblicken, die ihre Fortexistenz gefährdeten, ihre sonst aufgesetzte Arroganz, aggressive Eitelkeit und ihren hohlen Stolz zu überwinden – sich devot zurückzuziehen, um zu warten, bis der kalte Wind, der ihnen gerade entgegenblies, vorüber war. Und so entspannte sich Dr. Thomas Böhle ausgerechnet im Augenblick größter Bedrängnis. Er sagte mit tonloser Stimme, dass seine Personalien sichergestellt seien, dass er sich zur Sache nicht mehr äußere, dass er einen Anwalt hinzuziehen und ansonsten auf die Rückkehr von Familienmitgliedern warten wolle. Dieser Funk sah ihn mit abschätzigem Lächeln ins Gesicht, hob beide Hände und sagte äußerst freundlich. »Na dann.«
    Dr. Thomas Böhle durfte gehen.

Eine runde Sache
    Spät am Freitagabend war Schielin nach Hause gekommen. Er war sich seiner Sache nicht mehr sicher. Er hatte Yulia Kavan gesehen, die mit ihrer Tochter Nadja zunächst zur Dienststelle gebracht worden war. Es war nicht möglich, mit ihr ein vernünftiges Gespräch zu führen. Sie weinte ununterbrochen. Schon die Erfordernis, sie von ihrer Tochter zu trennen, bereitete große Schwierigkeiten. Wenzel und er
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