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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm
Autoren: Jakob Maria Soedher
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darauf ganz verzichten möchten.«
    Wenzel ergänzte. »Im Moment hätte ein Geständnis noch einen gewissen Wert, was das Strafmaß anginge. Sobald wir nur eine kleine Faser, eine Hautschuppe oder ein winziges Tröpfchen Blut finden, das Ihnen zuordenbar ist, dann ist auch ein Geständnis nichts mehr wert. Denken Sie darüber nach. Wenn Sie nur in der Nähe des Pulverturms waren, und auch nur eines der Haare, der Schuppen, der Fasern von Ihnen stammt, wird es eng.«
    Schielin nickte ernst zu Wenzels Übertreibungen. Pawlicek blieb eigentümlich unberührt. Nach einigen Sekunden des Schweigens holte er sich mit einem kurzen Blick zu seiner Anwältin das Einverständnis und begann dann zu erzählen: »Yulia Kavan ist nicht meine Komplizin. Sie hat mit dem Ganzen nichts zu tun.«
    Schielin legte die Stirn in Falten und hätte gerne gewusst, was mit dem Ganzen gemeint war. Er wollte aber nicht unterbrechen.
    »Sie hat für mich gearbeitet, das stimmt. Aber nur als Barfrau. Vor etwa vier Monaten war sie auf einmal verschwunden.« Er hob die Hände, um das Folgende als besonders glaubwürdig zu verstärken. »Sie können gerne überall fragen, aber ich behandele meine Frauen gut. Da werden Sie keine Klagen hören. Ich habe mir ganz einfach Sorgen gemacht um Yulia und … ihre Kleine, Nadja. Ich bin hierhergekommen, um sie zurückzuholen. Aber nicht so, wie Sie denken … ich meinte das eher privat … also, sie hat mir persönlich … gefehlt, wenn Sie verstehen, was ich meine.
    Ganz zufällig habe ich dann mitbekommen, dass sie mit diesem Kinker da zusammen war. Von der Heirat und dem Testament wusste ich bis eben, als Sie mir das erzählten, überhaupt nichts. Ich habe nur herausbekommen, dass sie mit diesem komischen Kerl zusammen war. Wissen Sie, ich habe das nicht verstanden, … sie und … er, … denn er war so … unscheinbar. Ich habe ihn eben beobachtet. Eher so aus … Neugier, um zu erfahren, was hinter ihm stecken könnte.«
    »An diesem Montag haben Sie ihn auch … beobachtet.«
    »Ja. In diesem Laden da.«
    »Sie sind ihm nach Lindau bis auf die Insel gefolgt.«
    »Ja … das heißt nein.«
    »Was nun?«
    »Erst war ich auf dem Parkplatz gestanden, da drunten, am Wasser. Ich habe gesehen, wie er mit dieser blöden Kaffeemaschine losgelaufen ist, bin ihm dann mit dem Auto nachgefahren, habe ihn aber verloren und konnte so schnell nirgends parken. Auf dem Parkplatz hinten am See habe ich das Auto abgestellt und bin von dort aus in die Stadt gelaufen. Da führt so eine Eisenbrücke, die mit dicken Holzbohlen belegt ist, über die Bahngeleise. Und von dort aus ist man dann schnell mittendrin in dieser Puppenstube. Und da hab ich ihn dann gesehen.«
    »Wo gesehen?«
    »Er kam mir entgegen. Noch immer mit dieser blöden Kaffeemaschine.«
    »Sie sind ihm gefolgt?«
    »Ja. Aber nicht sofort. Ich habe etwas Abstand gehalten und bin ihm dann nachgegangen. Er ist direkt vor zu diesen unbequemen Bänken gegangen.«
    »Unbequeme Bänke?«, fragte Wenzel.
    »Ja, nur so Steinplatten eben, ohne Lehne. Die stehen fast direkt am Ufer.«
    Schielin nickte. »Ich weiß, was Sie meinen. Und wo waren Sie?«
    »Ich bin hinten stehen geblieben. Da ist so eine Klinik, in der man sich … Sachen vergrößern lassen kann … und so.«
    »Sachen? Sie meinen die Bodenseeklinik. Eine sogenannte Schönheitsklinik.«
    »Ja, genau. Die machen halt Busen größer und Falten kleiner und saugen Fett ab, so Zeug eben.«
    »Sie sind aber gut informiert.«
    »Natürlich. Was glauben Sie, wie lange der Kerl da auf der Bank gesessen hat. Ich habe mir alle Prospekte durchgelesen. Der ist ja da rumgesessen, bis es fast schon dunkel war.«
    »Und Sie haben die ganze Zeit da gestanden und gewartet«, stellte Wenzel fest.
    »Genau.«
    Schielin fragte: »Aber warum? Warum haben Sie so lange gewartet. Das muss doch einen Grund gehabt haben. Und – wenn Sie es nicht gewesen sein wollen, dann müssten Sie doch den Täter gesehen haben?«
    »Stimmt.«
    »Was stimmt?«
    »Dass ich den Täter gesehen habe.«
    Wenzel sah mit rollenden Augen zu Schielin. Der fragte: »Und wie sah er aus, und was spielte sich genau ab.«
    »Das kann ich ihnen leider nicht sagen.«
    Schielin schlug auf den Tisch. »Machen Sie hier Späße!? Haben Sie noch immer nicht kapiert, worum es hier geht!?«
    Die Anwältin zuckte zusammen und sagte dann eindringlich: »Aber bitte.«
    Pawlicek blieb unbeeindruckt. »Ich mache keine Späße. Wirklich nicht. Ich habe gesehen, wie er von den
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