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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm
Autoren: Jakob Maria Soedher
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g’wiss net, das wirst doch auch net von mir verlangen wollen, Josi, oder?«

    Josef Pawlicek tobte vor Wut. Er schrie, dass Speichel auf die Armaturen flog und sich die Stimme überschlug. »Schlampn!? Du Bullenoarsch traust dich, sie Schlampn zu heißen!? Sei froh, dass ich nicht drunten bin. Betonieren tät ich dir eine. Trau dich nur, trau dich nur! Weswegen rufst du mich überhaupt an, he! Hast grad nichts zu tun in deiner elenden Polizeiwachn, brauchst wieder a mal a Tschuschn, die dir dein graues, korruptes Leben erträglich macht? Wofür zahl ich dich eigentlich. Was habe ich davon, dir und der teuren Familie ihr selbiges Leben zu ermöglichen!? Gehen Gnädige Frau eigentlich noch zum Golfen? Das Töchterchen fühlt sich wohl in der Ballettstunde, und wie war es denn so am Opernball, Herr Inspektor? Wovon!? Wovon, glaubst du eigentlich, zahlst du das alles!? Und woher kommen die Schätzchen? Ich will es dir sagen – von der harten Arbeit meiner Mädchen. Es sind meine, und nicht einmal ich nenne sie Schlampen, auch wenn es das ein oder andere Ärschchen vielleicht verdient hätte! Hast du das verstanden!«
    Die Stimme am anderen Ende wurde kühl. »Du Josi. Ich weiß nicht, wovon du da sprichst, gerade noch am Telefon. Ich glaube, es ist besser, wir unterhalten uns wann anders.
    Ich möchte dir nur den Rat geben, nichts alleine zu unternehmen. Das wäre nicht gut, und das wäre diese Frau doch nicht wert, alles zu riskieren, oder?«
    Josef Pawlicek spürte unterbewusst etwas, was er bisher noch nie gespürt hatte. Sein Herz. Aber es war kein romantisches Gefühl. Er hatte Durst, atmete schwer und fühlte ein Brennen an der Kehle. Was wusste dieser korrupte Speichellecker, welchen Wert Yulia für ihn hatte, was sie ihm bedeutete. Sobald das, was zu erledigen war, erledigt sein würde, könnte er den Herrn Oberinspektor abservieren. Wozu schließlich hatte er all die schönen Filmchen aufbewahrt und die Aufzeichnungen mit den Telefonaten. Er, Josef Pawlicek, war ein ordentlicher Mensch und konnte alles belegen – mit Belegen.

    Er bemühte sich, tief und ruhig zu atmen, schluckte seinen Zorn hinunter und fragte. »Hast du wenigstens irgendetwas herausgefunden? Ihr habt doch so tolle Computer. Das habe ich neulich in der ZIB gesehen, oder etwa nicht.«
    »Sie könnte im Vorarlberg sein«, lautete die trockene Antwort.
    »Wo!?«, plärrte Josi, »Im Vorarlberg? Was will sie denn da, und was heißt da wieder könnte?«
    »Ich weiß es noch nicht ganz genau, aber ich verspreche dir, wir werden es bald wissen. Ich habe aber das Gefühl, du nimmst das Ganze sehr persönlich, zu persönlich. Was ist denn nur los mit dir? Gibt’s an anderer Stelle vielleicht auch Probleme?« Der letzte Satz klang eher höhnisch als besorgt.

    Josef Pawlicek drückte die rote Taste des Telefons, stieg aus dem Wagen aus und ging aufgebracht ein paar Meter den Teerweg entlang, der in Richtung See führte. Wie hatte das alles nur geschehen können, und weshalb war sie vor ihm davongelaufen?
    Alle wussten, dass er, Josef Reginald Pawlicek – von Freunden Josi genannt, von Leuten, die ihn nicht mochten Zinken-Josi, aber egal, wer ihn wie nannte, eben alle wussten –, dass er gut war zu seinen Frauen. Er zahlte anständig und pünktlich, die Zimmer waren immer in Ordnung. Keine schmuddeligen Absteigen, sondern modern, sauber und vernünftig eingerichtet.
    Er hatte einen guten Ruf – und er schlug seine Frauen nicht, jedenfalls nicht ohne Grund und dann nicht so, dass sie es ihm lange nachtragen würden. Da gab es ganz andere Burschen in dieser Branche. Darüber hinaus kümmerte er sich um die wichtigen Dinge des Lebens; er legte das Geld für seine Mitarbeiterinnen ehrlich, solide und zukunftsorientiert an. Und waren Kinder da, dann tat er eh alles, was für deren Wohl erforderlich war. Keinem sollte es an etwas fehlen. Allein – er legte Wert auf regelmäßigen Schulbesuch. Die Tochter einer seiner ehemaligen Mitarbeiterinnen studierte inzwischen in Wien, und das war es, was ihn stolz machte.
    Und Yulia? Sie hatte er doch nicht alleine deswegen genommen, weil sie für ihn hätte arbeiten sollen. Also, sicher sollte sie arbeiten, aber hinter der Bar, das war doch angenehm und zudem eine Vertrauensposition. Yulia war intelligent, so wie Jelena, die mit ihr zusammenarbeitete. Die beiden hatten studiert, aber was sollte man da drüben mit einem Studium schon anfangen. Verhungern?
    Die Investition, die vielleicht verloren war, machte ihm
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