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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath
Autoren: Keith Ablow
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unsicher zu klingen. »Mein, ähm ... mein Telefon ...«, sagte er mit einem Achzelzucken und einem Lächeln, »ist tot.« Er hielt sein Handy hoch. Es war silbern und sah teuer aus. Er streckte seinen Arm aus und drehte sein Handgelenk, um auf seine Uhr zu schauen, einen glänzenden Cartier-Chronographen mit einem Cabochonsaphir im Zifferblatt. Die meisten Menschen trauten seiner Erfahrung nach Leuten mit Geld, entweder weil sie glaubten, dass die Reichen es nicht nötig hätten, sie zu bestehlen, oder weil sie annahmen, die Reichen schätzten die Regeln der Gesellschaft zu sehr, um sie zu brechen. »Ich bin Arzt«, fuhr Jonah fort. Erschüttelte den Kopf. »Ich bin noch keine fünf Minuten vom Krankenhaus weg, und schon piepen sie mich an. Könnte ich mir wohl, ähm ... ich meine, würden Sie mir Ihr Telefon leihen?«
    »Meine Batterie ist schon ziemlich ...«, setzte die Frau an, und ihr Tonfall zeugte von Unbehagen.
    »Ich bezahle auch gern dafür«, sagte Jonah. Das Angebot war seine Methode, das bessere Wissen der Frau in einem Rösselsprung auszuschalten, indem er seine Bitte ums Handy in die Frage verwandelte, ob sie ihn für die Benutzung bezahlen lassen sollte oder nicht. Ein großzügiger Mensch würde es umsonst anbieten – was natürlich voraussetzte, dass man es überhaupt erst einmal anbot.
    »Nicht nötig«, wehrte sie ab. »Abends und am Wochenende sind Gespräche zum Nulltarif.«
    »Danke.« Er stieg aus seinem Wagen aus und ging zur Fahrertür der Frau hinüber, wo er in respektvollem Abstand stehen blieb. Teils, um ihren Bemutterungsinstinkt zu wecken, teils, um die elektrische Energie zu entladen, die durch seinen Körper strömte, trat er von einem Fuß auf den anderen und schüttelte sich, als würde er frösteln.
    Sie streckte die Hand aus und reichte ihm das Handy
    Er stellte sich so hin, dass sie einen Blick auf seinen schokoladenbraunen, gesteppten Wildledermantel, seinen himmelblauen Rollkragenpullover und seine Bundfaltenhose aus grauem Flanell werfen konnte. Nichts Schwarzes. Alles weich und warm. Er wählte willkürlich sieben Ziffern und hob das Handy an sein Ohr.
    »Sie können in Ihrem Wagen telefonieren, wenn Sie möchten«, sagte sie.
    Jonah wusste, dass die Einladung der Frau, ihr Telefon mit in seinen Wagen zu nehmen, ihren unterbewussten Wunsch widerspiegelte, er möge sie mit in seinen Wagen nehmen. Erwusste auch, je unaufdringlicher er sich verhielt, desto ungehemmter würde sie ihren Fantasien über ihn freien Lauf lassen und desto leichter würden ihre persönlichen Grenzen zu überschreiten sein. »Sie haben mir schon einen großen Gefallen getan«, sagte er. »Es dauert wirklich nur einen Moment.«
    Sie nickte, wandte sich wieder der Straßenkarte zu und schloss ihr Fenster.
    Er sprach laut, um sicherzustellen, dass sie alles mithören konnte. Die Worte hallten in seinen Ohren wider. »Dr. Wrens«, sagte er, dann machte er eine Pause. »Fieber? Wie hoch?« Wieder eine Pause. »Legen Sie einen Ampicillin-Tropf, und dann sehen wir mal, wie sie sich macht.« Er nickte. »Selbstverständlich. Sagen Sie ihrem Mann, dass ich gleich morgen früh nach ihr sehen werde.« Er tat so, als würde er das Gespräch beenden, und klopfte leise an das Seitenfenster des Saab.
    Die Frau ließ das Fenster herunter. »Alles erledigt?«
    Er hatte ganz offensichtlich sein Gespräch beendet. Ihre Frage bedeutete, dass sie etwas anderes von ihm wollte, obgleich er bezweifelte, dass sie in Worte fassen könnte, was dieses Etwas war. Er fühlte, wie er steif wurde. »Alles erledigt«, sagte er. »Vielen Dank noch mal.« Er hielt ihr das Handy hin und wartete mit dem Sprechen, bis sie das andere Ende ergriffen hatte, bis sie auf diese Weise miteinander verbunden waren. »Vielleicht kann ich den Gefallen erwidern«, sagte er. Er wartete einen weiteren Moment, bis er das Handy losließ. »Sie scheinen nicht sicher zu sein, wo Sie hinwollen.«
    Sie lachte. »Ich scheine mich verfahren zu haben«, sagte sie.
    Er lachte mit ihr – ein knabenhaftes, ansteckendes Lachen, das ein für alle Mal das Eis brach. Die Bestie hatte jetzt die Oberhand. Die Schmerzen in Jonahs Kopf strahlten in seine Zähne und in seinen Kiefer aus. »Wohin wollen Sie denn,wenn ich das fragen darf?« Er rieb seine Hände und stieß eine frostige Atemwolke aus.
    »Eagle Bay«, sagte sie.
    Eagle Bay war eine Kleinstadt an der Strecke der Adirondack-Eisenbahn, nicht weit vom Erholungsgebiet Moose River. Jonah war schon einmal am nahe
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