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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie
Autoren: Philip M. Bailey
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sie seien zu unsauber, oder weil er die Freunde, die sie mit nach Hause brachten, nicht leiden konnte. Er wußte, daß er etwas diktatorisch war, sagte das jedoch mit einem Lächeln und ohne das geringste Zeichen von Bedauern.
    Ein anderer Veratrum-Patient berichtete, ihm sei wegen seiner »Einstellung« gekündigt worden. Er zeigte mir den Briefwechsel zwischen ihm, seinem ehemaligen Chef und den jeweiligen Rechtsanwälten, der eine Menge über seinen Charakter aussagte. Sein ehemaliger Chef, ein Bankdirektor, hatte geschrieben, mein Patient sei »diktatorisch, intolerant und zu keinem vernünftigen Verhältnis mit seinen Kollegen fähig«. Aber das war nicht der einzige Grund für die Kündigung. Er hatte auch manische Phasen gehabt, in denen es ihm egal war, welche Zahlen er ins Hauptbuch schrieb. Aber obwohl es für seine Entlassung triftige Gründe gab, führte er unnachgiebig einen Prozeß um seine Wiedereinstellung, der ihn ein Vermögen gekostet haben muß und schließlich doch nicht zum Erfolg führte. All dies tat er nur, weil er sicher war, im Recht zu sein, ungeachtet der Tatsachen. Als er mit mir über diese Angelegenheit sprach, geriet er zunehmend in Wut, und ich mußte ihn von diesem Thema abbringen, damit er sich wieder beruhigte (Kent: »leicht beleidigt«). Seine hauptsächlichen Beschwerden waren Kopfschmerzen, die sich nach einer Dosis Veratrum 10M schnell besserten. Er hatte jedoch kein Interesse daran, die Behandlung fortzusetzen, so daß ich nicht sagen kann, welchen Einfluß das Mittel auf seine Gesamtpersönlichkeit hatte.
    Veratrums Besserwisserei macht es ziemlich schwierig, mit ihm zu leben oder ihn um sich zu haben. Einer meiner Veratrum-Patienten war verheiratet, und er erzählte mir, seine Frau wünsche sich, er würde weniger herrisch sein. Ich fragte ihn, auf welche Weise er herrisch sei, und er erzählte mir, daß fast alles nach seinen Vorstellungen gehen müsse. Beispielsweise entschied er, in welcher Farbe das Wohnzimmer gestrichen werden sollte, ohne dabei die Wünsche seiner Frau zu berücksichtigen. Er berichtete auch, er zeige ziemlich regelmäßig Nachbarn an, die ihr Auto ordnungswidrig auf der Straße parkten (obwohl sie seine Einfahrt nicht versperrten), und er beschwere sich oft bei den Behörden, wenn Leute in Bereichen mit Rauchverbot rauchten.
    Die Art, wie der Veratrum-Patient sich dem Homöopathen gegenüber verhält, ist ein gutes Beispiel für seine Arroganz. Ein Patient stellte mir viele Fragen über die Mittel und ihre Wirkung und reagierte dann mit einem Zynismus, der an blanken Unglauben grenzte (Kent: »überheblich«), Ich stelltefest, daß ich dieses Kreuzverhör nur vermeiden und die Fallaufnahme fortsetzen konnte, indem ich mich sehr deutlich ausdrückte. Das schien ihn zu überraschen und ließ ihn kooperativer werden.
Manisch-depressive Psychose und Religiosität
    Veratrum-Menschen sind oft anfällig für manisch-depressive Psychosen, wobei die manische Phase im allgemeinen ausgeprägter ist als die Depression. Der Bankangestellte, der seinen Job verloren hatte, beschrieb alle typischen Züge der Manie, als er sein Verhalten während einer manischen Phase schilderte. In solchen Zeiten fühlte er sich extrem rastlos (Kent: »Neigung zu ziellosen Aktivitäten«), gab zuviel Geld aus, unternahm sexuelle Annäherungsversuche bei Fremden (Kent: »erotische Manie«) und aß tagelang nichts (Kent: »weigert sich zu essen«). Veratrum ist auch in seinen besten Zeiten ein sehr unruhiger Typ. Selbst wenn er sich nicht in einer manischen Phase befindet, fällt es ihm wahrscheinlich schwer, lange Zeit still zu sitzen. Ein Patient erzählte mir, er laufe abends zu Hause oft hin und her, und wenn diese Rennerei hektischer werde, wisse seine Frau, daß ein weiterer manischer Anfall bevorstehe (Kent: »Rastlosigkeit – ängstlich«).
    Nach der manischen Phase kann Veratrum in eine Depression abgleiten, die durch Vor-sich-hin-Brüten und Verzweiflung charakterisiert ist. Der depressive Veratrum wird stundenlang schweigend darüber nachdenken, wie elend er sich fühlt, und sich vorstellen, daß er sich nie wieder besser fühlen wird (Kent: »verzweifelt an seiner Genesung«). In solchen Zeiten ist er meist noch ängstlicher als gewöhnlich, besonders wenn er alleine ist, und er denkt dann vielleicht darüber nach, daß Selbstmord ein Ausweg aus seiner Misere sein könnte.
    Ein sehr charakteristischer Zug der Veratrum-Persönlichkeit ist die Neigung zum religiösen
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