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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall
Autoren: Ken Scholes
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müssen.«
    Neb nickte noch einmal.
    Der Späher ließ ihn los und trat zurück. Neb setzte sich langsam auf und sah sich auf der Lichtung um. Rings um ihn kauerte, nur als ein blasses Schimmern im Licht des späten Vormittags zu erkennen, mindestens ein halbes Dutzend Männer.
    »Hast du einen Namen?«
    Neb öffnete den Mund zum Sprechen, aber die einzigen Worte, die herauskamen, waren ein Strom von Bibelstellen, Fetzen aus den Evangelien des P’Andro Whym – zusammengewürfelt zu endlosen Sätzen, die keinen Sinn ergaben. Er schloss seinen Mund wieder und schüttelte den Kopf.
    »Bringt mir einen Vogel«, sagte der Hauptmann der Späher. Ein kleiner Vogel erschien, von durchsichtigen Händen umfangen. Der Hauptmann zog einen Faden aus seinem Schal, band eine Nachricht aus Knoten hinein und knüpfte sie dem Vogel ans Bein. Er entließ das Tier in den Himmel.
    Dann saßen sie eine Stunde lang schweigend da und warteten auf die Rückkehr des Vogels. Als er wieder sicher in seinem Taschenkäfig untergebracht war, zog der Hauptmann der Späher Neb auf die Füße. »Ich unterrichte dich hiermit, dass du Gast des edlen Herrn Sethbert sein wirst, des Aufsehers der Entrolusischen Stadtstaaten und des Dreiflussdeltas. Er lässt für dich eine Unterkunft in seinem Lager errichten. Er erwartet deine Ankunft mit Freuden und wünscht, in allen Einzelheiten über alles unterrichtet zu werden, was du über den Fall Windwirs weißt.«
    Als sie Neb auf den Waldsaum zuschoben, wehrte er sich und deutete auf den Wagen.
    »Wir werden Männer herschicken, um ihn zu holen«, erklärte der Hauptmann der Späher. »Der Aufseher ist begierig darauf, dich kennenzulernen.«
    Neb wollte den Mund öffnen und widersprechen, doch er ließ es bleiben. Etwas sagte ihm, dass diese Männer nicht zulassen würden, dass er ihren Befehlen in die Quere kam, selbst wenn er es gekonnt hätte.
    Stattdessen folgte er ihnen schweigend. Sie hielten sich nicht an Pfade, hinterließen keine Spuren und machten kaum ein Geräusch, doch er wusste, dass sie alle in seiner Nähe waren. Und immer, wenn er vom Weg abkam, drängten sie ihn wieder zurück auf den richtigen Kurs. Sie gingen zwei Stunden lang, ehe sie sich in einem verborgenen Lager wiederfanden. Ein kleiner, fetter Mann in bunten Kleidern stand neben einer hochgewachsenen, rothaarigen Frau mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht.
    Der fette Mann lächelte breit und streckte seine Arme aus. Er erinnerte Neb an den gutherzigen Vater in der Geschichte des entlaufenen Prinzen, der seinem lange verschollenen Sohn mit offenen Armen entgegengelaufen war.
    Aber der Ausdruck auf dem Gesicht der Frau sagte Neb, dass er sich irrte.
    Rudolfo
    Rudolfo ließ seine Streunende Armee ihren Lagerplatz selbst auswählen, denn er wusste, dass sie härter für etwas kämpfen würden, das sie sich selbst ausgesucht hatten. Sie errichteten ihre Zelte und Kochstellen, wo sie der Wind aus den glimmenden Ruinen nicht erreichte, in den niedrigen Hügeln gleich westlich der Stadt, während Rudolfos Zigeunerspäher die Außenbezirke absuchten, die so weit abgekühlt waren, dass man sich darin bewegen konnte. Bis jetzt hatten sie keine Überlebenden gefunden.
    Rudolfo wagte sich so nahe heran, dass er die verkohlten Knochen sehen und das Mark riechen konnte, das im heißen Wind kochte. Von dort aus befehligte er seine Männer.
    »Teilt Schichten für die Suche ein, während alles abkühlt«, sagte Rudolfo. »Schickt mir einen Vogel, sobald ihr etwas findet.«
    Gregoric nickte. »Das werde ich, General.«
    Rudolfo schüttelte den Kopf. Als er den Kamm der Anhöhe erreicht hatte und der Verheerung Windwirs ansichtig geworden war, hatte er seinen Schal zerrissen und laut aufgeschrien, so dass seine Männer seine Trauer sehen konnten. Nun weinte er ganz offen, genauso wie Gregoric. Die Tränen fraßen sich durch den Schmutz auf seinem Gesicht. »Ich glaube nicht, dass ihr Überlebende finden werdet«, sagte Rudolfo.
    »Ich weiß, General.«
    Während sie suchten, ruhte sich Rudolfo in seinem seidenen Zelt aus, nippte Pflaumenwein und knabberte an einer frischen Melone und würzigem Cheddar. Erinnerungen an die größte und wundervollste Stadt der Welt blitzten in seinen Gedanken auf, stellten sich den Bildern ihres jetzigen Zustandes entgegen, wie sie draußen brannte. »O Ihr Götter«, flüsterte er.
    Seine erste Erinnerung war das Begräbnis des Papstes. Desjenigen, der vergiftet worden war. Rudolfos Vater, Jakob, hatte ihn in
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