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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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haben.«
    »Danke.« Mannhardt fühlte sich ein wenig gekränkt und sah Ritchie an. »Wie war das Verhältnis zwischen Völlenklee und Corinna?«
    Ritchie zuckte mit den Schultern. »Puuuh! So etwa wie das zwischen meinem Vater und meiner Mutter.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Orlando.
    Wieder reagierte Ritchie mit einem Laut der Ratlosigkeit. »Ich glaube, sie hat immer von ihm loskommen wollen, das aber nie geschafft.«
    Mannhardt schmunzelte. »Es heißt ja auch, um Ė mile Durkheim zu zitieren: ›Das Verbrechen eint die aufrechten Gemüter‹. Darum haben sie vielleicht mit ihren Erpressungen angefangen.«
    »Völlenklee ist tot, und Corinna wird für ein bis zwei Jahre im Gefängnis sitzen«, sagte Orlando.
    »Was es so für Erpressung geben wird.«
    Mannhardt erhob sich. »Dann wäre ja alles klar: Sabrina Immelborn hat den Bauwagen angezündet, nicht ahnend, dass Leon Völlenklee dort drin liegt und schläft. Corinna Natschinski kommt wegen der Erpressungen auf die Anklagebank. Lass uns zu Narsdorf fahren und ihm sagen, dass er aufatmen kann.«
    Sie verabschiedeten sich von Richard Immelborn und machten sich auf den Weg in die Schloßstraße zu Dr. Narsdorf. Bei den vielen Ampeln und kleineren Staus an jeder größeren Kreuzung hatten sie Zeit genug, alles erneut durchzugehen.
    »Bliebe nur noch einer abzuhaken«, sagte Orlando, der am Steuer saß. »Jöllenbeck.«
    Mannhardt winkte ab. »Das ist ein separaterFall.«
    Orlando lachte. »Wenn das ein Kriminalroman wäre, dann müsste er derjenige sein, der Völlenklee umgebracht hat.« Mannhardt fasste sich an die Stirn.
    »Er war doch schon längst tot, als der Bauwagen inFlammen aufgegangen ist!«
    »Eben darum wäre das doch ein Gag.« Orlando warf ihm vor, keine Kriminalromane zu lesen.
    »Das tut kaum ein echter Kriminalkommissar«, sagte Mannhardt. »Irgendwie ist das alles albern.«
    »Finde ich nicht«, hielt Orlando dagegen. »Seid den Schreibern dankbar, dass sie euren Beruf so glorifizieren.«
    »Okay.« Mannhardt schwieg und konzentrierte sich lieber darauf, den Anblick sommerlich bekleideter Schönheiten zu genießen, die es auf den Berliner Bürgersteigen reichlich gab. Jedoch arbeitete es in seinem Gehirn irgendwie automatisch weiter, ohne dass er es bemerkte, und als sie am neu eröffneten S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke vorbeikamen, schrie er plötzlich: »Du!«
    Orlando zuckte unwillkürlich zusammen. »Ja, was ist?«
    »Es könnte doch einer gewusst haben, dass Völlenklee im Bauwagen steckt.«
    »Der Verfassungsschutz?«, fragte Orlando.
    »Quatsch! Corinna Natschinski.«
    »Wieso kommst du darauf? Die war doch auf derVernissage?«
    »Ja, und Völlenklee hat sie bestimmt per Handy angerufen«, erklärte ihm Mannhardt, »um ihr zu sagen, dass das Schlüsselloch verstopft sei, er nicht in die Wohnung käme und zu Ritchie in den Bauwagen gehen würde, bis der Schlüsseldienst kommt.«
    »Deine Fantasie möchte ich haben«, sagteOrlando.
    »Ohne Fantasie hast du als Mordkommissar keineChance.«
    »Wie willst du Corinna Natschinski nachweisen, dass Völlenklee Sie angerufen hat?«, fragte Orlando.
    So viel Naivität hätte Mannhardt bei einem jungen Menschen nie vermutet, und darum verdrehte er die Augen. »Mensch, das wird doch alles aufgezeichnet, und ich brauche mich nur mit der Telefongesellschaft von Völlenklee in Verbindung zu setzen.«
    »Du bist nicht mehr im Dienst«, sagte Orlando.
    »Nein, aber ich habe noch genügend Freundinnen und Freunde, die im Dienst sind, und die werden mir den kleinen Gefallen mit Sicherheit tun. Und wenn nicht, bleibt mir immer noch Schneeganß selbst, den wir sowieso informieren müssen.«
     
    *
     
    Am nächsten Vormittag standen Mannhardt und Orlando bei Corinna Natschinski im Atelier. Sie arbeitete gerade an einem Bild, bei dem schauerliche Rottöne dominierten. Ein Mann, den sie als Zecke dargestellt hatte, war dabei, eine Frau auszusaugen. Sie bestand nur noch aus Haut und Knochen, während er so dick war, dass er jeden Augenblick zu platzen drohte. Er war schwarz gekleidet, sie ganz in Weiß.
    »Das ist aus meinem Borderline-Zyklus«, erklärte sie den beiden. »Der Titel: ›ganz und gar‹. Eine Borderline-Persönlichkeit funktioniert ja manchmal wie ein Parasit, das heißt, sie zerstört auf Dauer den Menschen, an den sie sich klammert.«
    Mannhardt nickte. »Ich verstehe: Sie hatten Angst, dass Völlenklee sie schließlich zerstören würde, so sehr, wie er sich an Sie geklammert
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