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Prokopus

Prokopus

Titel: Prokopus
Autoren: Adalbert Stifter
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er die Böcke und Ziegen auf den Felsen und steigt herunter, um den Brautzug zu sehen - und nun sitzt er hier mitten in den Sonnenstrahlen, die auf sein Haupt brennen, und läßt den großen, breiten Hut neben sich auf der heißen Bank liegen. - So bleibe nur da, du kannst mit meinen Leuten essen, und morgen mit dem frühesten geht der Franz ohnehin mit dir auf die Hochkogelwand. Dann schaue aber auf deine Tiere, du weißt, ich habe dreiunddreißig Ziegen darunter, und der Käse hat jetzt seinen Wert. Verstehe, Tiburius. - Auf den Durchzug der Brautgüter darfst du nicht denken; ich weiß auch nicht, was du daran sähest, da die Sachen in Ballen eingemacht sind, wie andere Waren, die man säumt.«
    »So zürnt nur nicht, ich gehe schon morgen hinauf«, antwortete Tiburius, »der Denis versteht es gut, und es geschieht ja nichts.«
    »Nun, es ist schon recht, es ist schon recht«, antwortete der Wirt.
    Die Menschen, welche früher in einer Gruppe mitten auf der Gasse gestanden waren, zogen sich zum Teile näher an das Haus und an die Gesträuche, wo die Männer saßen, um etwas von dem Gespräche zu vernehmen. Andere waren auch fortgegangen, und neue waren wieder gekommen.
    »Der Graf Prokopus soll ein sehr gelehrter Herr sein«, sagte der Wirt; »er hat einen alten Ritter bei sich, der die Dinge der Welt weiß und ihm zuweilen von ihnen erzählte. Aber es kann nicht sein, daß der junge Graf sich alles gemerkt hat; denn mit zweiundzwanzig Jahren ist der Witz noch nicht so groß und das Urteil noch nicht so stark, daß man den Nutzen der Sachen kennt. Der Syndikus von Prigliz hat mir gesagt, daß der Bernhard von Kluen schier alle Bücher der Erde gelesen hat, sie mögen von den Pflanzen auf der Welt oder von den Sternen am Himmel handeln - er hat auch die Wissenschaft und die Dinge der alten Heiden inne, die vor vielen tausend Jahren gewesen sind. Es mag da manches enthalten sein; aber wir können es nicht erfahren, weil uns die Zeit fehlt und uns der Beruf hindert. Der junge Graf hat auch im Kriege gedient, aber es mag da nicht viel gewesen sein, weil er kaum noch ein Kind war - es sind schon drei Jahre - vier sind es schon gar - - er ist damals schon immer wegen der Gertraud auf den Stauenfels hinübergeritten, die noch die Kinderschuhe anhatte. Wenn ihm Vater und Mutter nicht so bald gestorben wären - die Mutter war eine sehr schöne Frau, viel, viel schöner als die jetzige junge Braut -, wenn diese nicht gestorben wären und der alte Gerhab und Geschäftsleiter sich nicht auf der Burg aufgehalten hätte, könnte alles anders sein. - Nun, es ist vorbei, er ist jetzt zum Herrn erklärt worden, und wir werden sehen, ob er es auch versteht.«
    »Es soll ja ein großes Buch in dem Schlosse sein, wo die Grafen immer ihre Sünden aufschreiben müssen«, sagte der Aubauer.
    »Das verstehst du nicht, Gervas«, antwortete der Wirt - ihre Taten und ihr Leben müssen sie aufschreiben, weil daran die Burg hängt, sonst bekommen sie dieselbe nicht. Ein alter Vorfahr hat es einmal so gestiftet - man weiß nicht, zur Buße oder wie -, und die Pergamente, wo alles steht, müssen sie in einen großen roten Saal tun, daß sie nicht verbrennen, weil auch alle Schriften der Vergangenen von jedem Gegenwärtigen gelesen werden müssen. Von dem Lesen und Schreiben sind sie alle gelehrt, und daher kommen auch die unklugen Dinge, womit sie manchmal die Untertanen gedrückt haben, und andere Sachen. Wir wollen nicht weiter davon reden. - Lieben Leute, wenn einer etwas will, so darf er sich nur dort zu dem Schenkladen wenden, es ist schon jemand da. Und wer keinen Zehrpfennig hat oder ihn sparen muß, kann auch ohne denselben etwas bekommen, wir werden es aus der Küchenstube schon sagen lassen. Das Haus der grünen Fichtau steht nicht umsonst im Walde, es gibt schon dem ermüdeten Wanderer und dem Armen sein Teil. Heute ist sogar noch etwas Besseres zu haben als sonst.«
    Manche von den angeredeten Leuten gingen zu dem Schenkladen, der eigentlich ein Fenster mit einem Brette davor und einem großen Überdache darüber war, bestellten etwas und setzten sich an irgendeinem Platze nieder. Die anderen blieben stehen und horchten, als würde noch etwas geredet werden. Die Arbeiten, welche Vater Romanus angeordnet hatte, waren indessen vollendet worden. Von dem langen Tische war alles Geschirr, Geräte und Linnen weg, die einzelnen Tischlein, aus denen er zusammengesetzt gewesen war, und die Bänke und Stühle waren an ihren Platz entweder in
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