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Prokopus

Prokopus

Titel: Prokopus
Autoren: Adalbert Stifter
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Katharina, kommt hieher. - - So. Laßt den Platz sauber abkehren. Macht alles in Ordnung. Du, Damian, stehe der Mutter bei, die aus dem Hause herausgeht und nicht, wie du, dem Fortzuge nachschaute. - Lasse zuerst, Mutter Ludmilla, die Teller und Schüsseln hineintragen, du, Lenore, hilf der Mutter; siehe zu, daß die Gläser, Flaschen, Bestecke und Linnen in die große Stube auf den Tisch kommen, wo ihr sie dann unter dem Tage ordnen könnt. Ihr stellt die Tische auseinander und tut sie wieder auf ihren Platz. Wenn ein Säumer kommt, muß alles sein wie sonst, daß er sich an den Tisch setzen und auf die abgewischte Gassenbank sein Zeug niederlegen kann.«
    Während er diese Worte sprach, kamen alle die Leute, die am Waldsaume gestanden waren und dem Mahle zugeschaut hatten, zu Vater Romanus auf den Platz hervor und bildeten eine Gruppe.
    »Ja«, sagte er, »das ist ein merkwürdiges Geschlecht. Zuweilen sind sie gut und freundlich: zuweilen seltsam und ungebärdig. Sie haben immer sonderbar auf ihrem Berge gehauset, und es sind verschiedene Taten geschehen. Sie sind sehr schnell emporgekommen; die grüne Fichtau ist schon gestanden, als auf dem Rothensteine noch nichts war als eben nur die roten Felssteine und die Bäume herum. Ihr vermöget gar nicht so weit zurückzudenken, und alle eure Vorfahren können nicht so weit zurückdenken, als die grüne Fichtau schon stand. Und immer sind wir darauf gewesen: der Vater, der Sohn und dessen Sohn und wieder so fort. Ihr könnt es euch nicht erklären, wie das ist. Seht, da macht gerade hier das Tal die Erweiterung und die schöne Ebene. Da hatten die alten Heiden, als sie die Waren durch das enge Tal von den oberen Landen zu den unteren säumten - es war nicht viel, aber doch etwas: Leder, Wolle, Waffenzeug, Eisen und dergleichen -, da hatten sie hier notwendig ihren Lagerplatz, sie kochten sich das Essen, fütterten die Tiere ab und hielten eine Weile Rast. Da hat dann einmal einer ein Haus gebaut, um vor schlechtem Wetter zu schützen: denn die Menschen sind nach und nach empfindlich geworden, wie sich die Fruchtbarkeit dieses Landes hervorgetan hat und ihnen verschiedene Bequemlichkeiten verschaffte. Das war das uralte Haus der grünen Fichtau, wo sie kommen, ihren Schutz haben und alles erlangen, was sie bedürfen. In später Zeit ist dann auf dem roten Felsen gebaut worden: zuerst ein weniges, wo man die Rotbuchen reutete, dann mehr, dann die ganze Mauer um den Berg und dann die Gebäude auf den verschiedenen Stellen der Felsen. Sie haben oben fortgewirtschaftet und wir herunten. Wir sind dazumal, ehe ihr euch eure Hütten und Dinge in den Tälern herum bautet, die einzigen zwei Häuser in der Fichtau gewesen, der Rothenstein und die grüne Fichtau. Von uns kam manchmal einer hinauf, wenn wir etwas abzuführen und zu entrichten hatten; sie kamen herab, wenn einer eine Stärkung oder sonst einen Labetrunk bedurfte. Sie haben nach und nach die Gebühren und die Untertänigkeit des umliegenden Landes erhalten; wir haben unsere Gelegenheit erweitert, haben gebaut und eingerichtet und verschiedene Ertragswerke begonnen. So ist es mit den zwei Häusern. Sie waren fortaus aufrecht und gut. Wenn das Grafenamt nicht wäre, das sie in den Zeitläufen erhalten haben, und wenn das höhere Alter unseres Hauses nicht wäre, so wären wir in den andern Dingen gleich - und es könnte, wenn sonst nichts hinderte, ohne Aufenthalt geschehen, daß einmal ein Scharnast eine Jungfrau aus der grünen Fichtau zum Weibe begehrte und, wenn er sie erhielte, sie auf seinen Berg mitnähme.«
    »Nun, der Wirt der grünen Fichtau ist stolz genug«; sagte mit Lachen eine Stimme aus den Umstehenden. »Ja, ja, Sebastian«, antwortete der Vater Romanus, »du hast recht. Wir haben immer unsern Stolz gehabt. Und haben wir denn nicht Ursache dazu? Wir sind eine ehrenhafte Familie, sitzen mitten im Walde und treiben in verschiedenen Dingen unsere vorzügliche und anständige Nahrung. Kein Haus ist dem unsern gleich als etwa die Hasenmühle, welche auch schon seit Christi Geburt bestehen soll. «
    Er hatte, während er diese und die obigen Worte sprach, sein Barett wieder aufgesetzt; denn während der ganzen Zeit des Mahles war er unbedeckt dagestanden, und die Sonne hatte auf seine weißen Haare niedergeschienen. Aber diese dichten weißen Haare mochten keinen Sonnenstrahl durchlassen und mochten so manchen Sonnenstich und Regenguß in den langen Jahren gewohnt worden sein. - Die Leute, welche er gerufen
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