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Prokopus

Prokopus

Titel: Prokopus
Autoren: Adalbert Stifter
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hinein. Überall wurden aus Körben Flaschen genommen und aus denselben Weine in die umstehenden Gläser verteilt. Auch war Backwerk, Käse, eingemachte Früchte und Fische in Behältern mitgenommen und nun unter die von Vater Romanus aufgestellten Gerichte verteilt worden. Diesen ländlichen Gerichten der grünen Fichtau sprach man nun wacker zu, und es wurden auch die Gebirgsweine eingeschenkt, die Romanus von den entfernteren unteren Ländern alljährlich aus eigenem Geschmacke selber holt und in seinem Keller einem hohen Alter entgegenreifen läßt. Sie schmeckten in der Morgenwärme wohl, namentlich wenn man das eiskalte Wasser dazugoß, das die grüne Fichtau in den Spalten des Grahns nahm, aus denen es von dem tiefinneren Vorrate des Berges floß.
    Der Morgen rückte indessen weiter, der Himmel wurde klarer und feuriger, die Sonne stieg höher, die Tannenschatten wurden kürzer, und weit drüben auf den Bergen blitzte und glänzte es und warf allerlei Funken.
    Von den Gesprächen an dem Tische konnte man wenig verstehen, weil sie zu stille gehalten wurden und von dem Hin- und Hergehen der Diener und von dem Rufen derselben unterbrochen wurden.
    Vater Romanus hatte von seinen Leuten die besten aufgestellt, daß sie dastünden, und wenn ein Löffel weggelegt würde, ihn mit einem neuen vertauschten, und wenn eine Flasche leer wäre, eine volle aus dem Eiswasser darreichten. So ging das Mahl vorwärts. Man reichte sich wechselweise Gerichte herum, die Männer legten den Frauen vor und nahmen sich selber. Nach und nach kam man zu den feinen Backwerken, Zuckersachen und Leckerbissen, mit denen gerne die Mahle beschlossen werden. Hier wurden auch wieder aus silber- oder messingbeschlagenen Reisekästchen sehr mannigfaltige Dinge genommen und vorgelegt, es wurden auch noch zierlichere und kleinere Glasbecher herumgestellt und in dieselben noch glänzendere und bessere Weine getan. Als man dieses verzehrt hatte, blieb man noch eine Weile sitzen und sprach. Endlich, da von den Tannen, die zufällig einen Spalt bildeten, ein Lichtstrahl, gleichsam wie eine Mahnung, auf den Tisch, der bisher in dem Schatten gestanden war, hereinfiel, beendete man das Mahl. Der junge Graf stand auf, neigte sich vor seiner Gattin und lüftete den Hut gegen alle Anwesenden. Diese taten das gleiche, verneigten sich gegen die Nachbarinnen und dann gegen alle; die Stühle wurden hierauf gerückt, und man trat zu einem Kreise zusammen. Indessen richteten die Knechte die Pferde und gaben die Meldung, daß alles in Bereitschaft war. Der Graf richtete zum Abschiede noch ein paar Worte an Romanus, und die junge Frau neigte sich freundlich gegen ihn. Die Männer führten nun die Frauen zu den Pferden, halfen ihnen hinauf, schwangen sich selber auf ihre Tiere und setzten sich zum Fortziehen in Bereitschaft. Einige schöne Windhunde, welche jemanden in der Gesellschaft gehören mußten, sprangen freudig voraus, der Zug setzte sich in Bewegung und ritt auf dem Pfade der grünen Fichtau gegen den Waldweg hinunter, der durch die Länge des Tales geht. Nur ein einziges kleines, graues Männlein stand noch bei Vater Romanus auf der Gasse, der Zahlmeister, und brachte die Forderung in Richtigkeit. Aber auch dieser kletterte nun auf sein Rößlein und suchte die andern zu gewinnen. Die Knechte waren indessen auch mit Einpacken und Aufladen fertig und eilten den vordern nach. Man sah an der Steinwand, von welcher die Tannen den schönen Schatten auf den Tisch geworfen hatten, die ganze Länge des Zuges, man bemerkte das Baumeln und Neigen und Wallen der Hutfedern der Fortreitenden, der Faden wurde immer kürzer, wie er sich hinter die Steinwand hineinzog - endlich waren nur mehr zwei, und auch diese wurden sogleich von den grünen Zweigen verschlungen.
    Der gestampfte Platz vor der grünen Fichtau, der vor kurzem noch so belebt gewesen war, zeigte nun nichts als seine Leere, er war von den Pferden und Dingen, die darauf gewesen waren, zertreten und durchfurcht. An dem Rande stand der verlassene lange Tisch, auf welchen nun das volle Sonnenlicht hereinfiel und der unter den Resten des Mahles, den halbgeleerten Gläsern und Flaschen, den Geschirren und Messern allerlei Schreiner und Flammen und Blendwerk erzeugte. In Unordnung standen die Stühle und Bänke, und die Schenktischlein waren verschoben.
    Vater Romanus rief gegen einen Haufen Leute, die weiter unten standen und dem Zuge nachsahen, folgende Worte hinab: »Damian, komme herauf. Franz, Joseph,
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