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Prokopus

Prokopus

Titel: Prokopus
Autoren: Adalbert Stifter
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das Haus oder auf der Gasse an den Saum des Gebüsches gestellt worden. - Die vornehmen Leute haben doch manchmal recht bsondere Dinge«, sagte Gervas, der Aubauer.
    »Da haben sie auch einen Saal«, sagte Romanus, »in welchem alle gemalt sind, die Männer und die Frauen, bis auf den heutigen Tag. Sie stehen in einer langen Reihe mit lauter Harnischen und Schwertern. Das tun wir in der grünen Fichtau nicht, wir hätten auch gar keinen Platz für die Bilder. - - Knabe Christian; komme einmal her. - So. - Lasse jetzt das Kehren gehen, Knabe; du machst zu viel Staub, und die Gasse ist ohnehin schon schön genug. Lege den Besen an seinen Ort, gehe hinter das Haus, wo die Trinkborne stehen, und wasche sie sauber mit dem Bachwasser aus. Man kann doch nicht wissen, wem die fremden Pferde gehört und was sie könnten gehabt haben. Wasche sie gut aus. - So.« Der Mensch, welchen Vater Romanus mit den letzten Worten angeredet hatte, war zwar so klein wie ein Knabe, aber er hatte ein altes Gesicht und einen struppigen Bart. Es war eines jener unglücklichen blöden Wesen, wie man sie manchmal im Gebirge findet, und hatte in der grünen Fichtau das Gnadenbrot, wofür er selbstgefällig und oft zu vorzüglich verschiedene kleine Geschäfte im Hause verrichtete. Er hatte dem Vater Romanus lächelnd zugehört, und da dieser fertig war, nickte er mit dem Kopfe, ging wieder auf seinen Platz zurück, nahm den Besen, mit dem er gekehrt hatte, stellte ihn in einen Verschlag an dem Hause, wo man derlei Werkzeuge aufzubewahren pflegte, und humpelte dann mit seinem seltsamen Gange hinter das Haus.
    »Ja, so machen wir es nicht wie die Rothensteiner«, fuhr der Wirt fort, »wir richten nur unsere Sachen in Ordnung und schauen mit Sorgfalt in die Zukunft. Da kannst du etwas reden, Nikolaus. Habe ich es nicht recht gemacht, da ich sagte, daß mein künftiger Eidam drei Jahre wandern soll, damit er etwas lerne? Das Ledergeschäft in Perklas ist gut, die Feldwirtschaft des Hauses auch, und Lenore mag einmal recht warm darinnen sitzen - aber er mußte die Welt und andere Handelsherren sehen, daß er sein Weib gut behandle und den Perklasern ein Beispiel gebe, die nicht vom Hause weggekommen sind.«
    »Ja, der Albrecht ist ein feiner Mann geworden«, sagte der Riemmeister aus Perklas, »ich habe gerne mit ihm zu tun, und andere kommen auch von weitem herzu, um einen Handel mit ihm zu schließen.«
    »Er ist ein feiner Mann«, sagte Romanus; »aber Lenore kommt nicht leer zu ihm. Sie kann sich schon sehen lassen und bringt ihm einen Glanz in das Haus. Man muß den jungen Leuten immer einen guten Betrieb zu ihrem Anfange geben, daß sie den rechten Anstand haben und die Welt vor ihnen Achtung trägt. So bin ich schon in der Jugend gewesen. Ich habe meine Augen nur auf anständige, sittsame Jungfrauen gerichtet - und da ich mir Ludmilla zuwege gebracht hatte, hat ihr Vater, der alte Hasenmüller, schon auch das Seinige getan. Sie hat darum immer ihr Gefühl und ihren Stolz in meinem Hause gehabt, weil sie seinen Wohlstand mit aufgebaut hat. Sie ist immer ein verehrungswürdiges Weib gewesen, ich habe sie nie knechtliche Arbeit tun lassen und habe ihr nie, solange wir verheiratet sind, mit einem Finger gedroht. Solche Weiber sind jetzt gar nicht mehr auf der Welt.«
    »Ja, solche Weiber sind nicht mehr auf der Welt«, sagte Gervas, der Aubauer, »alles ändert sich jetzt.« »Schaut dorthin«, erwiderte Romanus, »da hat sie all das Gerülle, das nach dem Mahle übriggeblieben ist, wegräumen lassen, daß der Platz schimmernd und rein und blank ist, wie alle Tage - sie hat die Aufsicht gepflogen und dabei nicht ein einziges lautes Wort verloren. Jetzt steht sie in der Küche und kocht die Suppe für die armen Leute und freut sich schon, wenn sie dieselbe essen werden.«
    »Ein gutes Weib ist ein Segen in dem Hause«, sagte Gervas.
    »Ein Segen in dem Hause?« fuhr Romanus, der Wirt, heraus - »alles ist sie in dem Hause; - wenn mich Ludmilla nicht freut, so freuen mich die Kinder nicht, und so mag ich nicht erwerben und sorgen. - Und schön ist sie gewesen, Ihr seht das jetzt nicht mehr so - sehr schön - ihre Tochter Lenore kann sich mit ihr gar nicht vergleichen. Suche dir nur bald ein Weib, Nikolaus, und schau, daß ihr recht gut miteinander wirtschaftet.«
    Nikolaus, der Riemmeister, welcher noch ein junger, unvermählter Mann war, drehte bei diesen Worten sein Weinglas, führte es zum Munde, und als er getrunken hatte, sagte er lächelnd:
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