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Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Titel: Professor Mittelzwercks Geschöpfe
Autoren: Johanna und Günter Braun
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sagte ich, fünfzig Prozent; ich hab gedacht, es wären fünfundfünfzig .
    Er fuhr zusammen. Sie wußten es?
    Ich habe es einkalkuliert, die fünfzig Prozent, die ich für hundert gelten ließ, reichten ja bisher für uns. Es hat schon seine Richtigkeit, da ist nichts Alarmierendes. Ich wollte sowieso mit Ihnen darüber sprechen.
    Wissen Sie, sagte er, es ist mir peinlich, ich möchte hier nicht auftreten als einer, der Unkorrektheiten ans Licht zerrt, das wäre mir zuwider, zumal es sich um eine integre Persönlichkeit wie Ihre handelt. Es ist erwiesen, menschliche Räuber, die sich zu kommerziellen Zwecken am Meeresgarten vergriffen haben könnten, sind es nicht gewesen, es müssen maritime Lebewesen sein. Und niemand, Herr Professor, wird Ihnen übelnehmen, bei Ihrem hohen Alter und dem, was Sie für die Gesellschaft geleistet haben, daß Ihnen dieser Raub entgangen ist. Das wäre wirklich unmenschlich und unwürdig. Immer würde ich mich dagegen wehren, das können Sie mir glauben, aber Sie müssen auch verstehen, daß ich, nachdem ich nun den Schwund entdeckt habe, verpflichtet bin, dagegen etwas zu unternehmen. Ich darf es nicht einfach hingehen lassen, daß unsere Menschheit nicht so viel Grüne Medaillons erhält, wie sie erhalten könnte, und nicht zu volk s tümlichen Preisen, die schon längst fällig wären. Ich kann verstehen, Sie haben sich in den letzten Jahren nicht auch noch mit der Dingfestmachung des Muschelräubers befassen können, wobei ich allerdings merkwürdig finde, daß, wie ich in den Akten nachgelesen habe, die Ernte seit vierzig Jahren konstant geblieben ist. Es muß also schon vorher ein Wegfraß stat t gefunden haben, wozu man allerdings entschuldigend sagen könnte, daß diese Räuber, so lange jedenfalls wie ich hier forsche, noch nicht sichtbar erschienen sind und auch von niemandem, den ich befragte, beschrieben werden konnten. Es könnten fisch- oder robbenartige Lebewesen sein, aber äußerst kleine Wesen von hoher Transparenz, die nur aus einem großen Verdauungsapparat bestehen. Dies zu erforschen, ich muß es sagen, Herr Professor, wurde bisher versäumt. Aber, er lächelte mich kindlich an, es ist nun wieder nett, Sie haben auch für uns noch etwas Arbeit hinterlassen. Vorerst muß allerdings die Räuberei aufhören. Das ist das dringlichste. Ich sehe das als meine erste Aufgabe, statt fünfzig werde ich hundert Prozent der grünen Muscheln liefern oder, nach Ihrer Rechnung, Herr Professor, statt hundert zweihundert.
    Jetzt hätte ich ihm erklären müssen, warum die sogenannte Räuberei im Meeresgarten die Vorbedingung für die Muschelernte war, warum nicht Raub, sondern Beteiligung vorlag, daß der conviva ludibundus ein Mitarbe i ter der Gesellschaft zur Verwertung und Entwicklung der Meeresfrüchte war und daß, wenn Mittelzwerck den sogenannten Raub verhinderte, es binnen kurzem keine Grünen Medaillons mehr geben würde.
    Aber schon wieder sah Professor Mittelzwerck auf seinen Zeitanzeiger. Als alter Mann ist man manchmal erstaunt, wie müde junge Leute sein können.
    Ich muß Ihnen morgen etwas sehr Interessantes, Aufschlußreiches s a gen.
    Am besten sagen Sie es gleich, sprach Mittelzwerck, indem er aufstand, wir könnten es noch kurz erledigen, soviel Zeit muß noch sein.
    Nein, sagte ich, soviel Zeit ist nicht. Ich konnte schließlich nicht conviva ludibundus im Stehen, bei bereits offener Tür, vorstellen.
    Es mißfiel mir auch, daß der junge Mittelzwerck »erledigen« sagte und »soviel Zeit muß noch sein«, als ob er frei mit meiner Zeit umspringen könnte, nachdem er mich den ganzen Nachmittag und Abend hatte warten lassen.
    Ich sagte, gute Nacht, Kollege, Sie fallen ja fast um. Er tat mir wieder leid, er hatte einen Sonnenstich. Ich wollte noch erklären: Sie werden übrigens der erste sein, der es erfährt; ich unterließ es aber.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    3
     
    Ich kann nachts ohne Licht- und Lärmschutzmaske schlafen, noch nicht mal Ohrenstöpsel oder Augenpflaster benutze ich, von Luftreinigersieben, die sich jetzt immer mehr Leute vor Mund und Nase schnallen, ganz zu schweigen. Ich hatte solche Geräte hier oben an meinem Strand bisher nicht nötig gehabt. Ich sank, wann ich es wollte, in meinen kurzen tiefen Schlaf.
    Daß ich in dieser Nacht so miserabel schlief, lag nicht daran, daß
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