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Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt

Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt

Titel: Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
Autoren: Gunter Dueck
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Erfahrungen sind.
    Gehen Sie zu Konferenzen! Dort werden fast nur ganz schlechte, unverständliche und uninteressante Reden gehalten, die sehr oft mit durchsichtig seichten Marketingbotschaften nerven. Das fängt schon in der Schule an – die Universitätsseminare sind dann ganz öde, die Lehrkräfte und die Studenten zählen gequält die Minuten. Keiner sagt etwas, die Lehrkräfte stellen dem schlechten Studenten einen Schein aus und sehen ihn ja dann kaum wieder. Die anderen Studenten kritisieren nicht, weil sie fürchten, dann auch selbst dran zu sein. Hilfe! Warum redet denn niemand? Warum wird das gute Darstellen und Argumentieren nicht geübt? Aus den Studenten werden dann wiederum nervtötende Professoren, die den Tiefstand der Erklärungskunst neu definieren.
    Stellen Sie sich vor, die Klavierschüler, Theateranfänger oder Sänger bekämen immer nur Noten oder Sprechtexte in die Hand, damit sie danach performen. Stellen Sie sich vor, niemals würde jemand etwas dazu sagen! An den Schulen und Universitäten ist das die Regel.Oft ist das einzige Feedback eine einfache Note. Mit der steht dann jeder ratlos da.
    Unterricht für X-Menschen lässt sie etwas tun und benotet die Leistung. Aber die P-Menschen müssen einzeln durch viel, viel Feedback gecoacht und trainiert werden, am besten durch einen Menschen, der ihnen selbst Vorbild ist und der wirkliche Freude bei der Fortentwicklung seiner Schüler hat.
    Der Übergang von X-Menschen zu P-Menschen erfordert also ein Umdenken in allen Entwicklungsmethoden! Feedback statt Noten! Einzelförderung! Persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler!
    Ich weiß, was X-Denker jetzt sagen. Sie lächeln und wollen nicht. Dann sagen sie mir triumphierend: »Und woher kommt die Zeit, alle einzeln zu trainieren?« – Die kommt aus dem Internet! Das Lernen kann durch Videos und Übungen im Internet stattfinden, so wie der Musikschüler zu Hause übt. Dann geht er zum Einzelcoaching. Und dann lächeln die X-Denker immer noch und glauben es nicht. Dieselben X-Denker – gerade die – stellen daheim bei ihren Kindern schlechte Noten fest und engagieren dann einen Nachhilfelehrer, der ihnen Einzelunterricht gibt! Und ich frage immer wieder: »Sollen Ihre Kinder wie Postpferde werden?«
    Die Vorstellung, auf P-Menschen-Erziehung umzustellen, erscheint bedrückend schwierig. Ich gebe Ihnen zur Abschreckung einmal eine unendliche Leidensgeschichte. In vielen Unternehmen schaffen es berühmte Coaches ab und zu, den Vorstand davon zu überzeugen, dass junge Managementtalente Feedback brauchen und gecoacht werden sollten. Dann beschließt die X-Geschäftsführung die Einführung eines Coaching-Prozesses. Der X-Personalvorstand holt eine Liste der jungen Top-Talente und fertigt eine andere mit höheren Managern an. Die beiden gleich langen Listen werden nun nebeneinandergelegt. Jedem Jungmanager wird nun ein erfahrener Kollege zugeordnet. Die Paarbildung wird bekannt gegeben, dazu eine Mail an alle: »Nun coacht mal schön.«
    Es gibt keine Vorstellung, was geschehen soll. Niemand fragt, ob die Topmanager überhaupt Erfahrung im Coachen oder Trainieren haben, das wird vorausgesetzt – so wie man voraussetzt, dass Professoren gute Vorlesungen halten und Seminarvorträge der Studenten coachen. Der Hauptfehler in der Listenzuordnung wird fast nie bemerkt! Man darf doch nicht nach Alphabet oder in anderer Weise x-beliebig zuordnen! Man muss sich lange Gedanken machen, welches Jungtalent zu welchem Älteren passt! Sonst stimmt die Chemie nicht und das Ganze scheitert.
    Merken Sie, wie der Versuch, den P-Menschen in den Blick zu nehmen, schon gleich in einem X-Vorgehen erstickt? Wer eine wohlgewählte Zuordnung fordert, hört meist die Antwort: »Wir können doch nicht alle Leute fragen, das kostet gut zwei Tage Arbeit.« Widerrede: »Wegen der zwei fehlenden Tage stirbt das Programm.« Antwort: »Nun übertreiben Sie mal nicht.« Ein paar Wochen später stellt man fest, dass sich nichts tut. Das verärgert den Personalvorstand, worauf er Berichte über Erfolge einfordert. Er schreibt alle Mentoren an und möchte wissen, was bisher passiert ist. Dann telefonieren die zugeordneten Mentoren ganz eilig einmal schnell mit ihren Mentees, danach berichten sie gemeinsam einen »Erfolg«, damit es keinen Ärger gibt. Danach passiert nichts mehr, denn der HR-Chef hat seinen Erfolgsbericht. Er weiß, dass es nichts geworden ist, aber er bekommt wegen des Erfolgsberichts vielleicht sogar einen
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