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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versprochen.«
    »Und?« fragte Brosius gepreßt.
    »Sie wollen zehn! Sie drohen damit, bei fünf Flaschen dem Heimann einen Hoden wegzuschneiden. Die Schweine haben ihn ausgezogen und ihm zwei Messer gezeigt. Aus Blechlöffeln haben sie die Messer selbst geschliffen! Dann haben sie ihn mit zerrissenen Handtüchern auf dem Tisch festgebunden.«
    »Gehen wir«, sagte Prof. Brosius heiser. »Wie schwer wird es uns gemacht, den Menschen noch zu lieben …«
    Als sie in der Landesheilanstalt ankamen, waren bereits zwei Bereitschaftswagen der Polizei vorgefahren. Die Polizisten saßen noch auf den Bänken und warteten. Oben, im dritten Stock des Blockes III, klebten drei verzerrte Gesichter an den vergitterten Fenstern und spuckten und keiften und brüllten auf die Polizisten herab. Hinter ihnen schien die Hölle los zu sein. Schreien und Johlen gellten weit über den Vorplatz und durch das Haus. Vier Ärzte erwarteten Prof. Brosius am Eingang. Ihre Hilflosigkeit drückte sich in der Zusammenballung aus, mit der sie gemeinsam wie vor einem Gewitter flüchtende Kühe auf Brosius zustürzten.
    »Sie haben alles zerschlagen!« sagte einer der Ärzte. »Die Waschbecken haben sie von der Wand gerissen. Nun spritzt das Wasser aus den Leitungen und kommt schon durch die Decken in die untere Etage. Ich schlage vor, die Polizei wirft Tränengasbomben.«
    »Blödsinn!« Prof. Brosius sah zum dritten Stockwerk hinauf. Einer der Trinker streckte ihm die Zunge heraus und kletterte auf die Fensterbank. »Huhu!« schrie er. Seine Stimme überschlug sich dabei. »Huhu, mein Süßer!«
    Gebrüll antwortete von innen. Hände griffen zu, zogen ihn weg, rissen ihn von der Fensterbank.
    Ein Wagen rollte vor das Haus. Ihm entstieg Dr. Linden in seinem weißen Arztkittel.
    »Was machen Sie denn hier?« fragte Brosius verwirrt.
    »Ich habe telefonisch von dem Aufstand Ihrer Saufbrüder gehört. Eine fatale Sache. Aber wenn Sie mir erlauben, mit ihnen zu sprechen, bevor Sie die Polizei einsetzen …«
    »Sprechen? Mit diesen Tieren?«
    »Ja. Von Trinker zu Trinker.« Dr. Linden lächelte etwas schmerzlich. »Ich kenne mich da aus …«
    »Bitte!« Brosius wies steif zum Eingang. »Sie werden erreichen, daß man Sie auslacht und zusammenbrüllt!«

16
    Vor der von innen verrammelten Tür des Zimmers siebzig im dritten Stockwerk saß auf einem Stuhl massig und seelenruhig Judo-Fritze und rauchte eine Zigarette. Um ihn herum lagen Betteile, Matratzen, zerrissene Kopfkissen, zerbeulte Blecheßgeschirre, die Hälfte eines der abgerissenen Waschbecken. Unter der Tür lief das Wasser in den Flur, gegenwärtig noch ein dünner Bach, aber wenn das Geheul und Gebrüll im Innern des Zimmers leiser wurde, hörte man das Rauschen des Wassers, das aus den Wasserleitungen schoß. Füße patschten durch Wasserpfützen, Johlen und Lachen, wenn einer den anderen mit Wasser bespritzte.
    Prof. Brosius und Dr. Linden hörten sich nicht an, was Judo-Fritze ihnen erklären wollte. Brosius raufte sich die Haare, während Linden an die Tür trat und mit den Fäusten gegen die Füllung hämmerte.
    »Ruhe!« schrie jemand von innen. »Wenn du die Tür einschlägst … wir rupfen dem Heimann die Dingerchen weg!«
    »Wer ist der Anführer?« fragte Dr. Linden und sah sich um. Brosius saß nun auf dem Stuhl, während Judo-Fritze bedächtig rauchte.
    »Das wissen wir nicht. Aber seit vorgestern ist ein Neuer da. Wurde aufgegriffen an der Ruhr. Lag da im Gras und sang schweinische Lieder. Total besoffen! Keinen festen Wohnsitz. Landstreicher. Der muß der Boß sein! Und dabei ist er nicht mehr der Jüngste. Hat schon weiße Haare, der Kerl!«
    Dr. Linden nickte und wandte sich wieder der Tür zu. Im Zimmer siebzig war es jetzt still, nur das Wasser rauschte und plätscherte aus der abgerissenen Leitung. Höflich, als bitte er um Einlaß, klopfte Linden an die Tür. Von innen antwortete eine dumpfe Stimme.
    »Wer sind Sie? Polente?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Die Stimme kommt mir bekannt vor.«
    »Dann machen Sie mal auf, und wir sehen uns an.«
    Hinter der Tür wurde geflüstert. Dann vernahm man einige undeutliche Kommandos. »Hören Sie mal«, sagte die Stimme wieder. »Ich mache jetzt die Tür einen Spalt auf und sehe Sie mir an. Wenn Sie versuchen, einzudringen, wird im gleichen Augenblick der Heimann entmannt. Drei Mann stehen mit dem Messer bei ihm. Überlegen Sie sich also, was Sie tun. Verstehen wir uns?«
    »Ganz deutlich.« Dr. Linden winkte Judo-Fritze, an die
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