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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dachte sie. Hilfloser als das Baby, das sie bekommen haben. »Zimmer hundertachtundsechzig, zweiter Stock. Sie können dort den Aufzug benutzen.«
    Kaul nickte und tappte aus der Entbindungsstation.
    Nun ist alles vorbei, dachte er glücklich. Nun sind wir wieder eine frohe, große, alltägliche Familie. Acht Stunden Arbeit, abends ein paar Überstunden, dann die Zeitung. Fernsehen, belegte Brote, eine Flasche Bier. Ja, auch das wieder. Das ist kein Rückfall. Wir werden uns einmal einen kleinen Wagen kaufen und sonntags hinaus ins Grüne fahren. Durch die Wälder, durch die Auen … Luft tanken, Fröhlichkeit, Zufriedenheit, das Bewußtsein, wie schön das Leben sein kann. Auf einer Waldwiese zum Beispiel, umgeben von Fichten und Kiefern. Decke 'raus, Petra, Heinz, anfassen … und nun kommt Mutti mit dem Kartoffelsalat und den heißen Würstchen im Thermoskesselchen. Wie die Bienen summen! Dort schwebt eine Wolke, wie ein weißes Schiff mit weit gespannten Segeln. Hörst du den Kuckuck? Man soll sich etwas wünschen, wenn er ruft. Was wünschen wir uns? Glück? Viel Geld? Gesundheit? Ein eigenes Häuschen? Ein langes Leben? Brave Kinder?
    Peter Kaul blieb stehen und sah gegen die Drahtglasscheibe der Fahrstuhltür. Ein Schatten glitt hinter ihr hinunter lautlos in die Tiefe.
    Oben bleiben, dachte Kaul. Das ist es. Das wünschen wir uns. Nie wieder hinab, nie mehr in das Dunkel. In der Sonne bleiben und spüren, wie sie wärmt.
    Eine Schwester ging an ihm vorbei, blieb stehen, sah sich um und kam zurück.
    »Wollen Sie mit dem Aufzug fahren?«
    »Ja, Schwester.«
    »Dann müssen Sie da auf den roten Knopf drücken, sonst fährt er an Ihnen vorbei.«
    »Danke, Schwester.«
    Er lächelte, hob die Hand, steckte den Zeigefinger weit vor und legte ihn auf den roten Knopf neben der Tür. Die Schwester ging eilig weiter.
    Das Leben sollte auch einen roten Knopf haben, auf den man drückt, damit es nicht an einem vorbeifährt, dachte er. Aber so etwas gibt es nicht, so einfach ist das Leben nicht eingerichtet. Es gehorcht nicht auf einen Impuls – man muß ihm nachlaufen. Immer, immerfort.
    Vor ihm hielt der zurückgekehrte Fahrstuhl. Die elektrische Tür glitt zur Seite.
    Einsteigen, Peter Kaul.
    Zweites Stockwerk.
    Zimmer einhundertachtundsechzig.
    Eine Frau und ein Kind warten. Die Liebe wartet. Der Beweis des herrlichen Lebens.
    Kaul stieg ein. Die Tür glitt zu.
    Als er emporfuhr, war es ihm, als schwebe er dem Himmel entgegen.
    So kann nur ein Mensch empfinden, der wirklich glücklich ist.
    Und er war glücklich.
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