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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche
Autoren: Nancy Livingston
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von
Wandmalereien aus dem Mittelalter die Rede, sondern aus einer sehr viel
früheren Zeit — den ersten in einer englischen Kirche überhaupt. Der Legende
nach sollten sie sogar aus der Zeit Wuffas stammen, aber das war vielleicht
etwas übertrieben. Irgend jemand hat außerdem behauptet, die Kirche selbst sei
ursprünglich eine Versammlungshalle des Wuffinga-Stammes gewesen.»
    «Ja, ja, das habe ich auch
schon mal gehört.» Der Wirt schien an solchen historischen Details nicht
sonderlich interessiert. «Aber jetzt hat sich eben herausgestellt, daß die
alten Geschichten tatsächlich stimmen. Es sollen frühe christliche Gemälde
sein. Sie werden inzwischen die ‹ersten Bilden genannt.» Mr. Pringle spürte
eine große innere Bewegung.
    «Es gibt sie also wirklich?!»
    «Ja, das ist sicher.»
    Seit über tausend Jahren hatte
man die Erinnerung an die Wandbilder weitergegeben. Von Generation zu
Generation. Das Innere der Kirche sei früher einmal ausgemalt gewesen, hatte
ihm seine Großmutter erzählt, doch dann seien die Priester zu der Auffassung
gekommen, daß die Gemeinde durch die Bilder abgelenkt würde, und so hätte man
sie im io. Jahrhundert übertüncht. Seit damals wußte man nur noch vom
Hörensagen von ihrer Existenz, man vergaß allmählich, was auf ihnen dargestellt
war. Und niemand vermochte zu sagen, ob sie unter der dicken Farbschicht noch
erhalten waren.
    «Was für eine Entdeckung!» Mr.
Pringle war begeistert. «Ich kann es gar nicht abwarten, sie zu sehen.»
    «Oh, da werden Sie sich aber
noch etwas gedulden müssen. Die Restauratoren arbeiten hinter großen
Wandschirmen, weil ihre Tätigkeit so viel Konzentration erfordert. Keiner außer
ihnen hat bisher auch nur einen einzigen Blick auf die Malereien geworfen. Und
da die beiden im Pfarrhaus untergebracht sind, haben wir ihnen nicht mal Fragen
stellen können. Keiner im Dorf weiß, was wir Freitag sehen werden, nicht mal
Mrs. Kenny, und die ist immerhin zuständig für die ganze Geldsammelaktion.»
    «Und um welche Uhrzeit werden
die Fresken am Freitag zur Besichtigung freigegeben?»
    «Um halb drei.» Der Wirt
seufzte. «Mir paßt die Zeit nicht so ganz. Ich hätte es lieber gehabt, sie
hätten bis drei gewartet, wenn ich zumache. Aber Mrs. Kenny hat in diesem Punkt
nicht mit sich reden lassen. Sie sagt, so kämen wir noch in die Fernsehnachrichten
am frühen Abend und daß dann am Samstag und Sonntag die Massen strömen würden.
Die Medien sind sehr interessiert, weil von überall her Experten anreisen, die
ihr Urteil abgeben sollen, aus welcher Zeit die Malereien stammen.»
    «Das Interesse der Medien
überrascht mich gar nicht», sagte Mr. Pringle. «So frühe Malereien sind
möglicherweise einzigartig hier in England. Und wenn ich denke, daß meine
eigene Großmutter mir immer davon erzählt hat!» Die Erinnerung daran erfüllte
ihn mit Stolz. Wer weiß, vielleicht waren seine Leute schon sehr lange hier
ansässig, und irgendein alter Pringle war auf der Kirchenwand verewigt. Der
Wirt wischte mit einer heftigen Bewegung über den spiegelblanken Tresen.
    « Alle Großmütter haben
ihren Enkeln von den Gemälden erzählt, aber gewußt hat keine, ob es sie
wirklich gab und wie sie aussahen.»
    «Wer hatte eigentlich die Idee,
die Präsentation der Fresken mit dem Blumenfest zu verbinden?»
    «Mrs. Kenny», sagte der Wirt
wie aus der Pistole geschossen. «Es hat zuerst ganz schön böses Blut gegeben.
Die Leute hier waren immer noch wütend auf sie wegen der Autobahn, aber als sie
dann davon angefangen hat, daß Wuffinge sich einen Namen machen müsse, hat sie
die Jüngeren bald auf ihrer Seite gehabt. Sie hat in alles hier Bewegung reingebracht.
Als die Schule im Dorf geschlossen werden sollte, weil die Schülerzahlen immer
mehr abnahmen, da hat sie bei den zuständigen Behörden im Namen des Dorfes
einen Antrag eingereicht, daß Reynard’s Covert gebaut werden sollte. Das hat
geklappt, und es kamen tatsächlich jede Menge junge Familien. Inzwischen gibt
es wieder genügend Schüler, und die Schule bleibt dem Dorf erhalten. Und als
der Pfarrer sagte, er kenne Leute, die die Malereien restaurieren könnten, aber
man brauche eben ziemlich viel Geld, und nicht nur für die Restaurierung,
sondern zusätzlich auch noch für das Kirchendach, da hat Mrs. Kenny sich wieder
etwas einfallen lassen. Sie meinte, wir müßten richtig klotzen mit
verschiedenen Attraktionen, und schlug dann das Blumenfest vor. Von da an lief
beinahe alles wie von
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